Endstation Sehnsucht

Wir beide

Wir beide

Nach außen hin ist Nina nur die nette Nachbarin von gegenüber, aber für Madeleine ist sie die Liebe ihres Lebens. Schon seit Jahren führen die beiden eine geheime Beziehung und träumen davon, gemeinsam ein neues Leben in Rom zu beginnen. Doch Madeleine kann sich nicht überwinden, ihren erwachsenen Kindern die Wahrheit zu sagen. Als ein unerwartetes Ereignis dazu führt, dass die Wohnungstüren zwischen den Partnerinnen geschlossen bleiben, muss Nina alles riskieren, um zu Madeleine durchzudringen. Im Juli ist Filippo Meneghettis großartiges Liebesdrama "Wir beide" in der queerfilmnacht zu sehen; am 6. August startet es dann regulär in den Kinos. Unsere Autorin Alexandra Seitz hat sich von dem bewegenden Spiel Barbara Sukowas und Martine Chevalliers berühren lassen.
Schwarzer Ozean

Schwarzer Ozean

Mit tiefer Betroffenheit haben wir vom Tod Marion Hänsels erfahren. Wir erinnern an die große belgische Regisseurin mit unserem Text zu einem ihrer berührendsten Filme: In "Schwarzer Ozean" leisten drei junge Männer Militärdienst bei der französischen Marine, ihr Einsatzort ist das Mururoa-Atoll. Was man heute über die historischen Atomwaffenexperimente Frankreichs weiß, trifft die Hauptfiguren jäh und unvermittelt. Alexandra Seitz beschreibt, wie der Anblick des Unfassbaren in dem sensitivem und homoerotisch eingefärbtem Spielfilm die Grenze markiert, an der sich jugendliche Empfindsamkeit gegenüber einer kalten und gefühllosen Welt behaupten kann. Und wie Nüchternheit, Kraft und eine Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit Marion Hänsels gesamtes Schaffen auszeichnen.
Greta

Greta

Der alternde Krankenpfleger Pedro führt einen Alltag zwischen überfüllter Klinik, Sauna, Nachtclubs und tristem Wohnblock in der brasilianischen Stadt Fortaleza. Von seinem Gelegenheitslover lässt er sich  Greta Garbo nennen, um der grauen Realität zu entfliehen. Als er den jungen Kleinkriminellen Jean bei sich aufnimmt, dringt plötzlich Licht in Pedros Welt. Unsere Autorin Esther Buss hat Armando Praças feinsinniges Drama gesehen und darin auch eine subtile politische Anklage des homo- und transphoben Klimas in Brasilien unter Bolsonaro erkannt. Jetzt gibt es "Greta" auf DVD und als VoD.
Taxi zum Klo

Taxi zum Klo

Diese Woche geht der Salzgeber Club in die dritte Runde und zeigt mit Frank Ripplohs "Taxi zum Klo" einen der großen Klassiker des schwulen Kinos in digital restaurierte Fassung. Bei seiner Erstveröffentlichung vor 40 Jahren löste der Film über einen offen schwulen Lehrer aus West-Berlin und dessen sexuelle Abenteuer einen Skandal in der braven Bundesrepublik aus – und wurde kurz darauf sensationell mit dem Max Ophüls Preis ausgezeichnet. Philipp Stadelmaier über einen Film, der heute zurecht als Meilenstein des nicht-heterosexuellen Kinos aus Deutschland gilt, weil er in seiner Darstellung einer souveränen schwulen Hauptfigur der Zeit weit voraus war.
Wild Nights with Emily

Wild Nights with Emily

Jetzt als DVD und VoD: Emily Dickinson (1830-1886) gilt als eine der wichtigsten Dichterinnen der Weltliteratur – und als „Einsiedlerin“. Dass sie über Jahrzehnte eine leidenschaftliche Liebesbeziehung mit ihrer Jugendfreundin und späteren Schwägerin Susan Gilbert führte, wussten zu ihrer Lebzeit nur wenige. Auch nach Emilys Tod wurde die Beziehung streng geheim gehalten – u.a. von Emilys Verlegerin Mabel, die sogar die postum veröffentlichen Gedichte manipulierte und Emilys feurige Liebesbriefe an Susan an Männer umadressierte. Madeleine Olneks lustvolle Komödie „Wild Nights with Emily“ zeigt die leidenschaftliche lesbische Liebe einer quicklebendigen Dichterin und schildert beispielhaft, wie eine dezidiert weibliche, queere Lebensgeschichte bewusst manipuliert wurde, um in ein heteronormatives Narrativ zu passen. Unsere Autorin Anja Kümmel hat sich auf die willkommene Abzweigung von tradierten Bildern und Vorstellungen begeben.
Infam

Infam

Die Freundinnen Karen und Martha leiten gemeinsam ein Mädcheninternat. Als sie eine aufsässige Schülerin zurechtweisen, nutzt das Mädchen einen heimlich beobachteten Moment, um seine Lehrerinnen zu verleumden. Bald kreisen Gerüchte um die Schule, die weitreichende, tragische Konsequenzen für die beiden Frauen haben. Der dreifache Oscar-Preisträger William Wyler setzt in seiner Theaterstück-Verfilmung "Infam" die Hollywood-Superstars Audrey Hepburn und Shirley MacLaine in Szene – und erzählt auf sensible Weise von unterdrückter Liebe. Unsere Autorin Anja Kümmel hat sich den Filmklassiker des lesbischen Kinos, der erstmals auf Blu-ray erscheint, angesehen – und eine erstaunliche Öffnung des Raums für die Möglichkeiten queeren Begehrens entdeckt.
Judy

Judy

Die vielfach preisgekrönte, privat vom Unglück verfolgte Schauspielerin und Sängerin Judy Garland (1922-1969), durch den "Zauberer von Oz" und den Song "Over the Rainbow" zur Legende geworden, avancierte schon zu Lebzeiten zu einer Schwulenikone. Rupert Goold widmet sich in seinem Biopic "Judy" der letzten Karriere- und Lebensstation des früh verstorbenen Hollywood-Stars. Unser Autor Andreas Wilink findet vor allem Bewunderung für das dramatische Spiel von Hauptdarstellerin Renée Zellweger, die sich mit großer Geste um ihren zweiten Oscar bewirbt.
Zehn Filme des Jahres

Zehn Filme des Jahres

Eine verbotene Liebe in Kenia. Fünf wilde Jungs auf einer verwunschenen Insel. Zwei fremde Schwestern, die sich gleichen. Französisches Wortgewichse in neuer Haut. Emily Dickinsons Ehrenrettung. Erinnerungen an das Begehren früherer Tage. Phantome aus Blut und Sperma. Die Befreiung des weiblichen Blicks. Genderrevolten in Genf. Und eine sagenhafte Grenzüberschreitung. Zu Silvester wagt sissy wieder einen Blick zurück – und freut sich über ein großartiges, vielgestaltiges queeres Kino-Jahr, das uns vor allem mit vielen starken weiblichen Perspektiven begeistert hat. Eine kleine Passage entlang zehn nicht-heterosexueller Filmhighlights der letzten zwölf Monate – wie gewohnt in Form kurzer Auszügen aus den Originalrezensionen unserer Autor*innen.
1985

1985

Drei Jahre hat Adrian seine Familie nicht mehr gesehen, nun kehrt er zum Weihnachtsfest zurück in seine Heimatstadt in Texas ­– wissend, dass dies höchstwahrscheinlich sein letzter Besuch sein wird und die vielleicht letzte Gelegenheit, das Schweigen zu brechen: über sein Schwulsein und seine Aids-Erkrankung. In seinem Familiendrama "1985" erkundet Yen Tan exemplarisch und feinfühlig die Ängste, die Sprachlosigkeit und die Ausnahmesituation zu Beginn der Aids-Krise. Ein historischer Film, wenn man so möchte, der im gleichen Jahr spielt, in dem "Buddies" gedreht wurde, der erste Spielfilm über die Aids-Epidemie. Doch was "1985" darüber hinaus über die Einsamkeit schwuler Männer in Kleinstädten, die Schwierigkeiten des Coming-outs oder den sozialen Druck in konservativ-religiösen Familien erzählt, ist leider zeitlos, wie unser Autor Axel Schock feststellt.
Schönheit und Vergänglichkeit

Schönheit und Vergänglichkeit

In ihrem neuen Film „Schönheit und Vergänglichkeit“ porträtiert Annekatrin Hendel den Fotokünstler Sven Marquardt sowie dessen Modelle Dominique Hollenstein und Robert Paris. Alle drei waren im Ost-Berlin der 1980er Jahre ein zentraler Teil der Subkultur und „ineinander verschossen.“ Hendel beobachtet und begleitet das Trio und lässt es über das Gestern und Heute reflektieren. Unsere Autorin Cosima Lutz hat den Dokumentarfilm als barockes Vanitas-Gemälde erlebt, in dem unterschiedliche Welten hart aneinandergrenzen.