Machtspiele

Der Senator

Der Senator

Der junge Renan wird von dem populären Senator Arthur Alencar ausgehalten. Dass der Politiker seinen Toyboy geheim hält und öffentlich heteronormative Familienwerte verteidigt, akzeptiert dieser schweren Herzens. Doch als Renan den attraktiven Enthüllungsjournalisten Victor kennenlernt, kommen ihm Zweifel. Kann er sich aus den Fängen des Senators befreien? Regisseur Mauro Carvalho erzählt in „Der Senator“ von einer Beziehung, in der sich eine anfängliche Leidenschaft in eine emotionale und finanzielle Abhängigkeit entwickelt hat, und hält der Bigotterie konservativer Politiker einen entlarvenden Spiegel vor. Andreas Köhnemann über einen aufreizenden Genrefilm zwischen Crime-, Romantik- und Softcore-Unterhaltung, der das Erzählmuster der nicht sonderlich queeren US-Erotikthriller der 1990er Jahre in einen schwulen südamerikanischen Kosmos überträgt.
Mädchen in Uniform (1931)

Mädchen in Uniform (1931)

„Mädchen in Uniform“ von Leontine Sagan gilt als erster Film der Filmgeschichte, der lesbische Liebe offen thematisierte. Das Drama über die Internatsschülerin Manuela, die innige Gefühle für ihre gutherzige Lehrerin Fräulein von Bernburg entwickelt, erinnert an den repressiven Wahn des preußischen Erziehungssystems und dessen zerstörerische Folgen. Beatrice Behn über einen bahnbrechenden und komplexen Film, der am Ende jedoch zwei Dinge voneinander trennt, die besser zusammengedacht werden sollten.
Bound – Gefesselt (1996)

Bound – Gefesselt (1996)

Frisch aus dem Gefängnis entlassen, begegnet die toughe Butch Corky zufällig der verführerischen Femme Violet im Aufzug. Es ist Liebe auf den ersten Blick und der Beginn einer heißen Liebesaffäre. Wie passend, dass Violet schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken spielt, sich von dem eifersüchtigen Mafioso Ceasar zu trennen. Doch für einen gemeinsamen Neuanfang fehlt den Frauen das nötige Kleingeld. Mit einem riskanten Plan wollen sie Ceasar um zwei Millionen Dollar erleichtern. „Bound – Gefesselt“, der verwegene Debütfilm von Lana und Lilly Wachowski („Matrix“, „Cloud Atlas“, „Sense8“) mit Gina Gershon und Jennifer Tilly als durchsetzungsstarkes Liebespaar, bürstete 1996 das Genre des Gangsterthrillers quer und führte eine neue lebische Selbstverständlichkeit und Souveränität ins US-Kino ein. Manuela Kay über einen bahnbrechenden Film voller subtiler Anspielungen, lesbischer Symbolik und Insider-Humor.
Sister My Sister (1994)

Sister My Sister (1994)

Frankreich 1933. Christine und ihre jüngere Schwester Lea arbeiten als Dienerinnen bei der herrischen Madame Danzard und ihrer Tochter Isabelle. Die Schwestern erledigen wortlos alle Aufgaben und ertragen jede Demütigung, weil sie sich auf diese Weise nah sein können. Nachts wird ihre Beziehung in der Zurückgezogenheit ihrer Dachkammer derweil immer körperlicher, ja rauschhafter. Doch dann bemerkt Madame Danzard erste Nachlässigkeiten im Haushalt. Nancy Mecklers Film beruht auf dem berüchtigten Kriminalfall um Christine und Léa Papin, der sich 1933 in Le Mans zugetragen hat und bereits Jean Genet zu seinem Theaterstück „Die Zofen“ inspirierte. „Sister My Sister“ ist zugleich messerscharfe soziale Klassenstudie und berührende Geschichte einer verbotenen Liebe. Anja Kümmel über ein vielschichtiges und aufregendes filmisches Wagnis.
Der Diener (1963)

Der Diener (1963)

Joseph Loseys „Der Diener“ aus dem Jahr 1963 gilt als meisterhaftes Kammerspiel der homoerotischen Subtexte und kühner Klassiker des queeren Kinos. Dirk Bogarde brilliert darin als  höchst kultivierter Diener Barrett, der den Haushalt des Playboys Tony leitet. Barretts zunächst ehrfürchtig-devotes Verhalten gerät dabei immer weiter in Schieflage, bis die Rollen von Herr und Diener gänzlich zu kippen drohen. Fritz Göttler über die vielen Ebenen der sehr britischen Studie über Macht, Männlichkeiten und Homosexualität.
Verführung: Die grausame Frau (1985)

Verführung: Die grausame Frau (1985)

In den nächsten zwei Jahren setzt die sissy einen besonderen Schwerpunkt auf die Klassiker des queeren Kinos – also auf nicht-heteronormative Filme, die auf die eine oder andere Weise bahnbrechend waren. Den Auftakt macht der Debütfilm von Monika Treut, das sadomasochistische Liebesdrama „Verführung: Die grausame Frau“, das Monika zusammen mit ihrer Freundin Elfi Mikesch sowie mit Mechthild Grossmann und Udo Kier in den Hauptrollen drehte. „Verführung“ erzählt von der geheimnisvollen Domina und cleveren Geschäftsfrau Wanda, deren Beruf es ist, grausam zu sein. In ihrer Galerie im Hamburger Hafen inszeniert sie gewinnbringend SM-Rituale, und auch in ihrem Privatleben bestimmt sie die Spielregeln der Lust. Ihr sklavischer Bühnenpartner Gregor verliebt sich hoffnungslos in sie, während ihre Schülerin Justine irgendwann begreift, dass Wandas Verführung ein teuflisch raffiniertes Spiel ist. Anja Kümmel feiert „Verführung“ als avantgardistische Perle des queeren Indie-Kinos, deren düster-unterkühlten Camp-Ästhetik eine ganz eigene Sinnlichkeit und Sogwirkung entfaltet und en passant die Warenförmigkeit von romantischer Liebe in Verbindung mit neoliberalen Freiheitsversprechen dekonstruiert.
Monika Treut: Female Misbehavior!

Monika Treut: Female Misbehavior!

Seit 40 Jahren prägt Monika Treut mir ihren lustvoll-subversiven Spiel- und Dokumentarfilmen das queere Kino in Deutschland und der ganzen Welt. Aus diesem Anlass veröffentlichen wir noch einmal das umfangreiche Gespräch, das Jan Künemund mit der unerschrockenen Avantgardistin des nicht-heteronormativen Films im Jahr 2017 anlässlich der Veröffentlichung der DVD-Box „Monika Treut: Female Misbehavior!“ führte. Darin geht es unter anderem um weibliche Kino-Lust, Gender-Science-Fiction und queere Pionierinnenarbeit. Und natürlich auch um den bahnbrechenden Film, mit dem alles begann: das sadomasochistische Liebesdrama „Verführung: Die grausame Frau“, das Treut mit ihrer Freundin Elfi Mikesch 1985 drehte, und das jetzt noch einmal in der Queerfilmnacht zu sehen ist.
Horseplay

Horseplay

Eine Gruppe von Kumpels trifft sich in einer Villa, um für ein paar Tage das Nichtstun zu genießen. Die jungen Männer liegen in der Sonne, kühlen sich im Pool ab, trinken Bier, albern herum. Und sie machen Videos von sich – nackt und in sexuellen Situationen. Doch die offensichtlich homoerotische Anordnung bringt nach und nach immer mehr Abwehr, Homophobie und Gewalt zum Vorschein. Berger ist Spezialist für die filmische Darstellung südamerikanischer Männlichkeit. In „Horseplay“ treibt er seine erotische Formsprache auf die Spitze: Sinnlich fängt die Kamera die Beine, Arme und Torsi der athletischen Figuren ein – bis die Stimmung gefährlich zu kippen beginnt. Christian Horn über ein abgründiges Kammerspiel mit Adonissen, das es jetzt als DVD und VoD gibt.
Burning Days

Burning Days

Der junge Staatsangwalt Emre wird in eine Kleinstadt entsendet, um politische Verstrickungen rund um eine Wasserkrise aufzuklären. Die Bewohner:innen empfangen ihn zunächst herzlich, doch schon bald muss Emre dagegen ankämpfen, nicht zur Marionette im Intrigen-Spiel der politischen Machthaber der Stadt zu werden. Als er während der Ermittlungen in seinem ersten Kriminalfall plötzlich selbst zum Hauptverdächtigen wird, überschlagen sich die Ereignisse. Emin Alper abgründige Parabel „Burning Days“ feierte Premiere in Cannes und ist jetzt im Kino zu sehen. Esther Buss über ein spannungsgeladenes wie bildgewaltiges Drama um Korruption, Populismus und Homophobie.
Passages

Passages

Filmemacher Tomas (Franz Rogowski) und Grafikdesigner Martin (Ben Whishaw) leben in Paris und sind seit Jahren glücklich verheiratet. Bei der Abschlussparty zu den Dreharbeiten seines neuen Films lernt Tomas die junge Grundschullehrerin Agathe (Adèle Exarchopoulos) kennen, mit der er sich ohne Rücksicht auf seinen Mann in eine wilde Affäre stürzt. Ira Sachs („The Delta“, „Keep the Lights On“, „Little Men“) entwirft in seinem neuen Film mit der Schauspielkunst gleich dreier Stars des europäischen Arthouse-Kinos ein scharfkantiges Liebesdreieck, an dessen Spitze ein narzisstischer Regisseur steht, der nicht nur von weitem an Rainer Werner Fassbinder erinnert. Andreas Köhnemann über ein Drama, dessen ungemeine Intimität sich ganz unmittelbar über die Körperlichkeit seiner Figuren, ihrer Bewegungen und Gesten vermittelt.