Versteckspiel

Sebastian

Sebastian

Tagsüber arbeitet Max bei einem Literaturmagazin, nachts lässt er sich unter dem Pseudonym „Sebastian“ als Escort buchen. Seine Erfahrungen als Sexworker in London fließen in seine Kurzgeschichten ein, die immer mehr Leser:innen erfreuen. Während Max versucht, sein Doppelleben geheim zu halten, muss er sich langsam eingestehen, dass sich die Rolle des Escort nicht ganz falsch anfühlt. „Sebastian“ von Mikko Mäkelä ist ein bemerkenswert sexpositiver Film, der in Transgression und Kinkyness Momente der Befreiung findet, ohne die komplexen Mechanismen und Gefahren von Sexarbeit außer Acht zu lassen. Christian Horn über ein Selbstfindungsdrama zwischen Fiktion und Wirklichkeit, das im Dezember in der Queerfilmnacht zu sehen ist.
Tandem – In welcher Sprache träumst du?

Tandem – In welcher Sprache träumst du?

Die 17–jährige Französin Fanny reist zum ersten Mal nach Deutschland. Bei ihrer Brieffreundin Lena in Leipzig will sie die Sprache der Nachbarn lernen. Fanny ist schüchtern und noch auf der Suche nach sich selbst, Lena hingegen weiß schon ziemlich genau, wo sie hin will, und engagiert sich als Ökoaktivistin. Nach einem holprigen Start werden die beiden Teenager schnell enge Freundinnen. Fanny will Lena unbedingt gefallen – und hat auch kein Problem damit, mit ihrer eigenen Biografie kreativ umzugehen. Mit einem raffinierten Drehbuch, zwei fabelhaften Newcomerinnen und magischen Kinobildern begibt sich „Tandem – In welche Sprache träumst du?“ nicht nur auf die Suche nach einer Sprache der Wahrheit, sondern auch nach einer Sprache der Liebe. Für Barbara Schweizerhof ist Claire Burgers romantischer Freundinnenfilm zugleich ein großartiges Generationenporträt.
Sister My Sister (1994)

Sister My Sister (1994)

Frankreich 1933. Christine und ihre jüngere Schwester Lea arbeiten als Dienerinnen bei der herrischen Madame Danzard und ihrer Tochter Isabelle. Die Schwestern erledigen wortlos alle Aufgaben und ertragen jede Demütigung, weil sie sich auf diese Weise nah sein können. Nachts wird ihre Beziehung in der Zurückgezogenheit ihrer Dachkammer derweil immer körperlicher, ja rauschhafter. Doch dann bemerkt Madame Danzard erste Nachlässigkeiten im Haushalt. Nancy Mecklers Film beruht auf dem berüchtigten Kriminalfall um Christine und Léa Papin, der sich 1933 in Le Mans zugetragen hat und bereits Jean Genet zu seinem Theaterstück „Die Zofen“ inspirierte. „Sister My Sister“ ist zugleich messerscharfe soziale Klassenstudie und berührende Geschichte einer verbotenen Liebe. Anja Kümmel über ein vielschichtiges und aufregendes filmisches Wagnis.
Maurice (1987)

Maurice (1987)

Großbritannien im Jahre 1909: Maurice und Clive sind Collegeboys in Cambridge und verlieben sich ineinander. Um seine Karriere als Anwalt nicht zu gefährden, beendet Clive die Verbindung und stürzt seinen Geliebten in eine tiefe  Sinn- und Lebenskrise. Die löst sich erst, als Maurice den ungestümen Jagdaufseher Scudder kennenlernt. Regisseur und Drehbuchautor Jamey Ivory und sein Partner und Produzent Ismail Merchant galten jahrzehntelang als Dreamteam und Spezialisten für elegant-subtile Literaturverfilmungen und period pieces. "Maurice", nach dem gleichnamigen Roman von E. M. Forster, ist ihr explizitester Film und machte einen gewissen Hugh Grant zum Schwarm nicht weniger schwuler Männer. Matthias Frings blickt zurück auf ein bahnbrechendes Liebes- und Entwicklungsdrama, das zusammen mit drei weiteren queeren Filmen Mitte der 1980er Jahre das Coming-out des britischen Kinos markiert.
Horseplay

Horseplay

Eine Gruppe von Kumpels trifft sich in einer Villa, um für ein paar Tage das Nichtstun zu genießen. Die jungen Männer liegen in der Sonne, kühlen sich im Pool ab, trinken Bier, albern herum. Und sie machen Videos von sich – nackt und in sexuellen Situationen. Doch die offensichtlich homoerotische Anordnung bringt nach und nach immer mehr Abwehr, Homophobie und Gewalt zum Vorschein. Berger ist Spezialist für die filmische Darstellung südamerikanischer Männlichkeit. In „Horseplay“ treibt er seine erotische Formsprache auf die Spitze: Sinnlich fängt die Kamera die Beine, Arme und Torsi der athletischen Figuren ein – bis die Stimmung gefährlich zu kippen beginnt. Christian Horn über ein abgründiges Kammerspiel mit Adonissen, das es jetzt als DVD und VoD gibt.
Nighthawks & Strip Jack Naked

Nighthawks & Strip Jack Naked

Mit „Nighthawks“ haben Ron Peck und Paul Hallam 1978 schwule Filmgeschichte geschrieben: Das Porträt eines ungeouteten Lehrers, der nach Einbruch der Dunkelheit durch die Londoner Gay Clubs cruist, gilt als erster offen schwuler britischer Film überhaupt. In der dokumentarischen Fortsetzung „Strip Jack Naked“ aus dem Jahr 1991 setzte Peck seinem Klassiker in einen persönlichen Kontext: Als junger Mann musste er sich aus einem repressiven familiären Umfeld befreien und von einem tristen Vorort in die aufregende Großstadt London ziehen, um sein Schwulsein leben zu können und als Filmemacher seine politische Stimme zu finden. Beide in Deutschland bisher weitgehend unbekannte Filme gibt es jetzt auf DVD und als VoD. Andreas Wilink über ein faszinierendes Doppel, das nicht nur ein Schlaglicht auf die homophobe britische Gesellschaft der vergangenen Jahrzehnte wirft, sondern auch eine beeindruckende Emanzipationsgeschichte erzählt.
Luise

Luise

Oktober 1918 im Elsass. Luise lebt alleine auf einem kleinen Bauernhof nahe der französischen Grenze. Eines Morgens steht Hélène in ihrer Küche, eine junge Französin auf der Flucht vor einem deutschen Soldaten. Kurz darauf erscheint auch Hélènes verletzter Verfolger Hermann. Luise gewährt beiden Unterschlupf, doch während sich die Frauen bald immer näher kommen, wird der Soldat zunehmend gereizter. Inspiriert von D.H. Lawrences Novelle „Der Fuchs“ bringt Regisseur Matthias Luthardt in „Luise“ drei Menschen in einer moralischen Grenzsituation zusammen. Cosima Lutz über ein präzise inszeniertes und nuanciert gespieltes Kammerspiel über zwei Eindringlinge und eine junge Frau, die sexuell und emotional erwacht.
Freier Fall

Freier Fall

Genau zehn Jahre ist es her, dass „Freier Fall“ in die deutschen Kinos kam. Zum runden Geburtstag kehrt der schwule Kultfilm und Publikumshit über die Liebe zweier junger Polizisten mit Hanno Koffler und Max Riemelt in den Hauptrollen für einen Monat auf die große Leinwand zurück und ist – im Juli in der Queerfilmnacht. Unser Autor Paul Schulz feierte „Freier Fall“ 2013 als den wichtigsten schwulen deutschen Film seit „Sommersturm“, weil ihm etwas gelingt, an dem die meisten anderen Filme scheitern: Er zeigt keine Klischees, sondern echte Figuren, die so sind wie wir.
Eismayer

Eismayer

Jetzt im Kino: Hart, härter, Eismayer! Der herrische Vizeleutnant Charles Eismayer gilt als gefürchtetster Ausbilder beim Österreichischen Bundesheer. Und er ist schwul – nur das darf keiner wissen. Doch als der hübsche und offen schwule Rekrut Mario in seiner Truppe landet, gerät Eismayers strenge Gedankenwelt ins Wanken. David Wagners Liebesdrama beruht auf einer wahren Geschichte, die unter Österreichs Soldaten legendär ist: Charles Eismayer, der berüchtigtste Schleifer des Bundesheeres, verliebte sich in einen Rekruten und gab ihm 2014 in Galauniform auf dem Kasernenhof das Ja-Wort. „Eismayer“ wurde nach seiner Weltpremiere in Venedig auf Festivals weltweit gefeiert, vielfach ausgezeichnet und erhielt sieben Nominierungen für den Österreichischen Filmpreis. Andreas Wilink liest den Film mit Tarkowskij, Canetti und Theweleit – und erkennt in der Liebesgeschichte eine bemerkenswerte Geburtserzählung.
Brotherhood

Brotherhood

Soldat Lars quittiert den Dienst in der Dänischen Armee, nachdem Gerüchte über den Flirt mit einem Kameraden seine Beförderung verhindert haben. Zurück in der Heimatstadt, schließt er sich trotz ideologischer Bedenken einer Gruppe Neonazis an. Dabei treibt ihn vor allem eine vage Wut auf das System und seine Eltern an, aber auch die Anziehung zu Bandenmitglied Jimmy. Doch eine Liebe zwischen Männern ist in der Bruderschaft nicht vorgesehen. Regisseur Nicolo Donato erzählt in „Brotherhood“ von einer aufkeimenden schwulen Beziehung im rechtsradikalen Milieu, ohne die Neonazi-Szene zu verharmlosen oder in Klischees zu verfallen. Christian Lütjens über ein packendes, ambivalentes Liebesdrama, das es jetzt, knapp 15 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung, wieder auf DVD und VoD gibt.