Lustspiel

Shortbus (2006)

Shortbus (2006)

In „Shortbus“ (2006) schickt Regisseur John Cameron Mitchell eine Gruppe von New Yorker:innen auf die Suche nach Sinn, Intimität und sich selbst – in einem queeren Hipster-Club in Brooklyn. Hier soll Sexualität ein Medium für Sehnsüchte, Unsicherheiten und emotionale Bedürfnisse sein. Und vor allem: authentisch. Viel wurde einst über die expliziten Sexszenen geredet. Aus heutiger Sicht ist „Shortbus“ für unseren Autoren Peter Rehberg „vielleicht der letzte queere Film, der das Thema Subkultur in einem sexuellen und politischen Sinne verhandelt.“
Pink Narcissus (1971)

Pink Narcissus (1971)

Halbzeit bei den Queer Cinema Classics! 50 Bahnbrecher:innen des nicht-heteronormativen Kinos haben wir Euch in den letzten knapp zwölf Monaten schon vorgestellt, auf 50 weitere dürft Ihr Euch noch freuen. Das Bergfest feiern wir natürlich mit ganz viel Glamour und der Erinnerung an James Bidgoods campes Meisterwerk „Pink Narcissus“ (1971). Mit glitzernden Traumwelten revolutionierte der amerikanische Künstler Bidgood in den 1960er Jahren die Fotografie. Seine schillernden Inszenierungen nackter junger Männer in überbordenden Kulissen lassen sich ganz aktuell in dem neuen Bildband „Dreamlands“ wieder- oder neuentdecken. In seinem einzigen Film „Pink Narcissus“ zelebriert Bidgood vor allem die Schönheit seiner Muse Bobby Kendall, den er im Wechsel als Torero, römischen Sklave, Stricher oder verliebten Draufgänger stilisiert – und immer als begehrenswerten Narziss. Jochen Werner über ein faszinierendes Artefakt und wie man es heute zu fassen bekommt.
Misericordia

Misericordia

Nach zehn Jahren kehrt Jérémie in seinen südfranzösischen Heimatort zurück, um an der Beerdigung des Dorfbäckers Jean-Pierre teilzunehmen. Als Teenager war Jérémie dessen Lehrling – und vielleicht noch mehr. Von Vincent, dem Sohn des Verstorbenen, wird Jérémie mit Argwohn und unterschwelligem Begehren empfangen. Die Bäckerswitwe Martine bietet ihm einen Schlafplatz an und sucht seine körperliche Nähe. Ambivalente sexuelle Spannungen erzeugt der Rückkehrer auch bei Bauer Walter und dem neugierigen Pfarrer Grisolles. Als Vincent spurlos verschwindet, fällt der Verdacht schnell auf Jérémie. Auch in seinem neuen Film „Misericordia“ spinnt Alain Guiraudie („Der Fremde am See“), der Meister der sinnlich-abgründigen Provinzerzählung, ein subtiles Netz aus gehemmter Lust und erotischen Manipulationen – und entwirrt es wieder mit skurrilen Wendungen und absurdem Humor. Fabian Schäfer über eine mythisch-spirituell aufgeladene Thriller-Komödie, die sich nicht für Genregrenzen interessiert und voll auf das Lustprinzip fokussiert.
Layla

Layla

London im Pride-Monat. Drag-Performer:in Layla tritt bei einem tristen Unternehmensevent auf, das sich Queerfreundlichkeit auf die Werbefahne geschrieben hat. Ausgerechnet hier wird Layla von dem jungen Marketing-Experten Max angeflirtet. Obwohl die beiden aus unterschiedlichen Welten kommen – Layla ist non-binär, hat palästinensische Wurzeln und lebt in einer aufregenden queeren Künstler:innen-Community; Max ist schwul, stammt aus einem konservativen britischen Elternhaus und hat vor allem Yuppie-Freunde – entwickelt sich zwischen ihnen ein regelrechter Liebesrausch. Doch als Layla versucht, sich der Lebenswelt von Max anzupassen, um für ihn „kompatibler“ zu sein, kommt es zu Konflikten. Was bedeutet es, jemanden zu lieben – und sollten wir dafür mitunter etwas von der eigenen Identität preisgeben? In „Layla“ erzählt Regisseur:in Amrou Al-Kadhi – selbst non-binär und Dragperformer:in in London mit irakischen Wurzeln – eine moderne Geschichte von zwei Menschen, die gerade wegen ihrer kulturellen, sozialen und sexuellen Differenzen zueinanderfinden und etwas Neues über sich selbst herausfinden. Anja Kümmel über ein mitreißendes Plädoyer dafür, zu sich selbst und füreinander einzustehen – allen (vermeintlichen) Erwartungen zum Trotz!
Im Schatten der Träume

Im Schatten der Träume

Komponist Michael Jary und Texter Bruno Balz waren über 40 Jahre lang das erfolgreichste Duo des deutschsprachigen Schlagers und Kinos. Ihre Lieder wie „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n“ oder „Davon geht die Welt nicht unter“ machten Zarah Leander musikalisch zum Weltstar. Die 250 Kinofilme, zu denen sie die Musik beisteuerten, reichen von eleganten Komödien der Weimarer Zeit über ambivalente Melodramen im Dritten Reich bis zu Filmen in den Wirtschaftswunderjahren. „Im Schatten der Träume“ erzählt das bewegte Leben der beiden Künstlerfreunde – zwei Biographien, die selbst das Drehbuch für ein Melodram liefern könnten. Balz war als schwuler Mann ein Verfolgter des NS-Regimes und entging dem Konzentrationslager nur durch die Intervention von Jary, der angab, ohne seinen Texter die vom Propagandaministerium geforderten Lieder für den Film „Die große Liebe“ (1942) nicht liefern zu können. Regisseur Martin Witz kombiniert Szenen aus bekannten Spielfilmen mit privaten Fotografien, seltenen Interviews und Erinnerungen von Zeitzeugen. Experten wie der Musikhistoriker und Unterhaltungskünstler Götz Alsmann erklären die Entstehungsgeschichten der weltberühmten Lieder und Filme – und denken dabei auch kritisch über „Unterhaltung“ und Ideologie nach. Andreas Wilink über eine auf vielen Ebenen erhellende und klug kommentierende Zeitreise, der sich ab Donnerstag im Kino folgen lässt.
Teorema (1968)

Teorema (1968)

Am 2. November jährt sich zum 49. Mal der Tag, an dem Pier Paolo Pasolini am Strand von Ostia auf brutalste Weise ermordet wurde. Die Hintergründe konnten nie restlos aufgeklärt werden. Zuvor schuf Pasolini, einer der wichtigsten italienischen Intellektuellen und Poeten des 20. Jahrhunderts, in nur 15 Jahren ein dichtes und vielgestaliges Filmwerk, das von neorealistischen Außenseiterporträts („Accatone“, 1961; „Mamma Roma“, 1962) bis zu dem vielleicht grausamsten Film aller Zeiten („Die 120 Tage von Sodom“, 1975) reicht. sissy erinnert an einen ihrer Lieblingsregisseure mit einem Text zu dessen mysteriösestem und queerstem Film. In „Teorema“ besucht ein strahlend schöner Fremder eine Mailänder Industriellenfamilie, verführt jedes der Familienmitglieder und verschwindet danach so plötzlich wieder, wie er aufgetaucht war. Für Philipp Stadelmaier schlummert in „Teorema“ nicht weniger als die Möglichkeit einer Utopie: das Patriarchat wird abgeschafft, die Kleinfamilie ebenso, der Besitz aufgegeben, die Sexualität frei ausgelebt. Die Geschichte einer Heilsbringung. Oder doch etwas ganz anderes?
Der Sommer mit Carmen

Der Sommer mit Carmen

Für die queere Community Athens ist der Limanakia Beach ein sozialer und sexueller Hotspot. Hier treffen sich die Freunde Demos und Nikitas, beide Anfang 30 und angehende Filmemacher. Schauspieler Nikitas hat es satt, immer nur für die gleichen schwulen Rollen besetzt zu werden, und will endlich seine eigenen Erfahrungen auf der Leinwand sehen. Während die Männer um sie herum schwimmen und rummachen, pitcht Nikitias seinem Freund eine Filmidee. Aus einem sommerlichen Sonnenbad vor ungezwungener Kulisse entwickelt der griechische Regisseur Zacharias Mavroeidis ein erotisches Filmvergnügen, das spielerisch zwischen Zeit- und Erzählebenen hin- und herwechselt. Christian Horn über die frivole und metareflexive Bromance-Komödie „Der Sommer mit Carmen“, die im September in der Queerfilmnacht zu sehen ist.
Sad Jokes

Sad Jokes

Auch in seinem zweiten Spielfilm vermischt Autor und Regisseur Fabian Stumm („Knochen und Namen“) unterschiedlichste Gefühlstonarten zu einer tragikomischen Reflexion der Wirklichkeit: Joseph und Sonya sind durch eine enge Freundschaft und ihren kleinen Sohn Pino verbunden, den sie gemeinsam aufziehen. Während sich Regisseur Joseph an einer neuen Filmidee und der Trennung von seinem Ex-Freund Marc abarbeitet, leidet Sonya unter einer Depression, die sie zusehends aus ihrem Leben herausreißt. „Sad Jokes“ ist absurd und banal, hoffnungsvoll und anrührend oder – wie im wirklichen Leben – alles auf einmal. Für diese Jonglage wurde Fabian Stumm auf dem Filmfest München mit gleich zwei Preisen ausgezeichnet und von der Presse bereits als queerer Nachfolger von Loriot bezeichnet. Jetzt ist „Sad Jokes“ im Kino zu sehen. Andreas Wilink über einen Film, der mit feinstem Pointilismus ein großes Bild vom Wesentlichen und Bleibenden, vom Traurigen und Beglückenden malt.
Sister My Sister (1994)

Sister My Sister (1994)

Frankreich 1933. Christine und ihre jüngere Schwester Lea arbeiten als Dienerinnen bei der herrischen Madame Danzard und ihrer Tochter Isabelle. Die Schwestern erledigen wortlos alle Aufgaben und ertragen jede Demütigung, weil sie sich auf diese Weise nah sein können. Nachts wird ihre Beziehung in der Zurückgezogenheit ihrer Dachkammer derweil immer körperlicher, ja rauschhafter. Doch dann bemerkt Madame Danzard erste Nachlässigkeiten im Haushalt. Nancy Mecklers Film beruht auf dem berüchtigten Kriminalfall um Christine und Léa Papin, der sich 1933 in Le Mans zugetragen hat und bereits Jean Genet zu seinem Theaterstück „Die Zofen“ inspirierte. „Sister My Sister“ ist zugleich messerscharfe soziale Klassenstudie und berührende Geschichte einer verbotenen Liebe. Anja Kümmel über ein vielschichtiges und aufregendes filmisches Wagnis.
Maurice (1987)

Maurice (1987)

Großbritannien im Jahre 1909: Maurice und Clive sind Collegeboys in Cambridge und verlieben sich ineinander. Um seine Karriere als Anwalt nicht zu gefährden, beendet Clive die Verbindung und stürzt seinen Geliebten in eine tiefe  Sinn- und Lebenskrise. Die löst sich erst, als Maurice den ungestümen Jagdaufseher Scudder kennenlernt. Regisseur und Drehbuchautor Jamey Ivory und sein Partner und Produzent Ismail Merchant galten jahrzehntelang als Dreamteam und Spezialisten für elegant-subtile Literaturverfilmungen und period pieces. "Maurice", nach dem gleichnamigen Roman von E. M. Forster, ist ihr explizitester Film und machte einen gewissen Hugh Grant zum Schwarm nicht weniger schwuler Männer. Matthias Frings blickt zurück auf ein bahnbrechendes Liebes- und Entwicklungsdrama, das zusammen mit drei weiteren queeren Filmen Mitte der 1980er Jahre das Coming-out des britischen Kinos markiert.