Plötzlich alles anders

Hot Milk

Hot Milk

Eine unglückliche Studentin reist mit ihrer kranken, kontrollsüchtigen Mutter nach Südspanien und findet Erleuchtung in der Affäre mit einer verührerischen Fremden: Als Drehbuchautorin von „Ida“ und „She Said“ ist Rebecca Lenkiewicz bekannt geworden. Jetzt kommt ihr mit Spannung erwartetes Regiedebüt „Hot Milk“. Ihre Adaption des gefeierten Romans von Deborah Levy ist gleichzeitig Sommerromanze, Befreiungsgeschichte und psychologisches Drama. Ein Film mit erzählerischen Höhen und Tiefen, findet sissy-Autor Christian Horn – jedoch stets mit virtuosen Bildern: „Manche Aufnahmen wirken wie Gemälde, und der flirrende Hochsommer legt sich wie eine Milchschliere am Wasserglas über alles.“
Love Club

Love Club

Dem queeren „Love Club“ in Mailand droht die Schließung. Vier Stammgäste stehen noch vor ganz anderen Herausforderungen: Wird Luz einen Weg für die Beziehung mit ihrer Freundin finden? Wird Tim seinem Traum als DJ folgen? Wird Rose sich trauen, auf der Bühne zu singen? Und wird Zhang die Dragqueen sein, die er schon immer sein wollte? Der Love Club ist die Bühne für ihr Leben: Ein Ort für Freundschaft, Liebe, Sex und viele unerwartete Wendungen. Die vierteilige Miniserie „Love Club“ ist eine Feier der queeren Partykultur, ihrer Sehnsüchte und Träume. Jetzt ist der italienische Hit als VoD in Deutschland zu sehen. Eine Serie, „die den Rausch der Nacht zelebriert und tagsüber die Scherben aufkehrt“, findet unser Autor Christian Horn.
XXY (2007)

XXY (2007)

Alex ist 15 und mit den Eltern gerade von Buenos Aires in ein kleines Küstendorf nach Uruguay gezogen. Hier soll erstmal niemand erfahren, dass Alex inter* ist, finden die Eltern; Alex selbst würde hingegen am liebsten ganz offen damit umgehen. Dann lädt die Mutter einen befreundeten Chirurgen und dessen Familie für ein Wochenende ein, um über die Möglichkeiten einer geschlechtsangleichenden Operation Klarheit zu bekommen. Die Ereignisse im Haus am Meer überschlagen sich... Selbst im queeren Kino gibt es nur wenige Filme, die sich mit dem Thema Intergeschlechtlichkeit beschäftigen. Der Zugang der argentinischen Regisseurin Lucía Puenzo führt tief in die Erlebniswelt zweier Jugendlicher, die sexuelles Erwachen mit dem Neuentdecken des eigenen Körpers in Einklang zu bringen versuchen, und stellt die vielleicht gar nicht so gewagte These auf, dass sich Menschen ineinander verlieben, nicht biologische Geschlechtsträger:innen. Melanie Waelde über einen der wenigen Klassiker des inter* Kinos, der – wenngleich nicht ganz unproblematisch in Bezug auf seine Perspektive auf die Hauptfigur – seiner Zeit weit voraus war.
Emilia Pérez

Emilia Pérez

Seit „Emilia Pérez“ im Mai Weltpremiere in Cannes feierte und gleich doppelt ausgezeichnet wurde, gehen die Meinungen über den Film weit auseinander. Für die einen ist Jacques Audiards Musical-Thriller-Melodram über die Führungsfigur eines mexikanischen Drogenkartells, die sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterzieht, um zu ihrem wahren Selbst zu finden, aber auch um den Fahndern zu entgehen, größte Filmkunst; für andere hat der Film in Bezug auf die Darstellung der Lebensrealitäten von trans Menschen und der mexikanischen Kultur- und Sozialgeschichte massive Perspektivenprobleme. Für Arabella Wintermayr ist „Emilia Pérez“ ein schrilles Wagnis, das seine eigene Künstlichkeit stetig ausstellt und nur funktioniert, wenn man es als überzeichnete Groteske versteht, die an realistischer Repräsentation überhaupt nicht interessiert ist.
Die feige Schönheit

Die feige Schönheit

Kesse (they/them) und May (she/her) sind frisch verliebt und verbringen jede freie Minute mit ihrer queeren Skatercrew auf den Boards. Doch dann passiert etwas Schreckliches, das alles verändert. Ausgeschlossen von der Gemeinschaft, sucht Kesse nach einem Umgang mit their Schuld und einen Weg zurück in den Alltag. DFFB-Absolvent Moritz Krämer drehte seinen zweiten Spielfilm an Originalschauplätzen und mit zahlreichen Laien aus der Berliner queer femme Skatercrew VUM; und er verwendete sogar einige selbstgedrehte Videos von VUM. „Die feige Schönheit“ wird so zu einem authentischen Community-Porträt, ist zugleich aber auch eine freie Reflektion von Verlust, Trauer und Vergebung. Für Melanie Waelde, selbst Regisseurin („Nackte Tiere“, 2020), ist es gerade diese Offenheit, die die Figuren bei aller Schwere aus ihren festen Hüllen befreien.
Teorema (1968)

Teorema (1968)

Am 2. November jährt sich zum 49. Mal der Tag, an dem Pier Paolo Pasolini am Strand von Ostia auf brutalste Weise ermordet wurde. Die Hintergründe konnten nie restlos aufgeklärt werden. Zuvor schuf Pasolini, einer der wichtigsten italienischen Intellektuellen und Poeten des 20. Jahrhunderts, in nur 15 Jahren ein dichtes und vielgestaliges Filmwerk, das von neorealistischen Außenseiterporträts („Accatone“, 1961; „Mamma Roma“, 1962) bis zu dem vielleicht grausamsten Film aller Zeiten („Die 120 Tage von Sodom“, 1975) reicht. sissy erinnert an einen ihrer Lieblingsregisseure mit einem Text zu dessen mysteriösestem und queerstem Film. In „Teorema“ besucht ein strahlend schöner Fremder eine Mailänder Industriellenfamilie, verführt jedes der Familienmitglieder und verschwindet danach so plötzlich wieder, wie er aufgetaucht war. Für Philipp Stadelmaier schlummert in „Teorema“ nicht weniger als die Möglichkeit einer Utopie: das Patriarchat wird abgeschafft, die Kleinfamilie ebenso, der Besitz aufgegeben, die Sexualität frei ausgelebt. Die Geschichte einer Heilsbringung. Oder doch etwas ganz anderes?
Before Stonewall (1984)

Before Stonewall (1984)

Die Pride Season ist aktuell im vollen Gange, in Berlin wird am Samstag CSD gefeiert. Wie es zu dem jährlich begangenen Fest- und Demonstrationstag kam, darum geht es in unserem queeren Filmklassiker der Woche. Greta Schiller und Robert Rosenberg erzählen in „Before Stonewall“ vom Leben und Alltag queerer US-Amerikaner:innen vor jener berühmten Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969, als sich in der New Yorker Christopher Street eine Gruppe Homosexueller und trans Personen entschlossen der Polizei widersetzte, die eigentlich die Szenebar Stonewall-Inn räumen wollte. Der Aufstand und die sich anschließenden Unruhen und Demonstrationen in den folgenden Tagen gelten als Urknall besonders eines lesbisch-schwulen Selbstbewusstseins – und als Wendepunkt im Kampf um Anerkennung und Gleichstellung. Schillers und Rosenbergs Films ist reich an seltenem Archivmaterial und enthält neben Interviews mit Allen Ginsberg und Audre Lorde vor allem Berichte und Anekdoten von Schwulen und Lesben aus der breiten Bevölkerung. Matthias Frings über die historische Bedeutung von „Before Stonewall“, den Manfred Salzgeber den „Kochbuchfilm zu unserer Geschichte“ nannte.
Unterwegs (2004)

Unterwegs (2004)

Sandra verbringt mit ihrer kleinen Tochter Jule und Freund Benni den Sommerurlaub auf einem abgelegenen Campingplatz in Brandenburg. Dort begegnen sie dem 19-jährigen Marco. Der charismatische Herumtreiber fordert die Spontaneität des Paars heraus und überredet Sandra und Benni spontan zu einer gemeinsamen Fahrt an die polnische Ostsee. In seinem Debütfilm „Unterwegs“ erzählt Jan Krüger („Rückenwind“, „Auf der Suche“, „Die Geschwister“) eine zerbrechliche Dreiecksgeschichte, die sich ganz aus den Geheimnissen ihrer Figuren entwickelt. Für sein Road Movie voller ungeahnter Sehnsüchte und Möglichkeiten wurde der Regisseur im Jahr 2004 mit dem Tiger Award des Filmfestivals Rotterdam ausgezeichnet. Andreas Wilink über einen Klassiker des jungen queeren Kinos aus Deutschland, der verführerisch vom Ausscheren aus dem Geplanten und Geregelten erzählt.
Maurice (1987)

Maurice (1987)

Großbritannien im Jahre 1909: Maurice und Clive sind Collegeboys in Cambridge und verlieben sich ineinander. Um seine Karriere als Anwalt nicht zu gefährden, beendet Clive die Verbindung und stürzt seinen Geliebten in eine tiefe  Sinn- und Lebenskrise. Die löst sich erst, als Maurice den ungestümen Jagdaufseher Scudder kennenlernt. Regisseur und Drehbuchautor Jamey Ivory und sein Partner und Produzent Ismail Merchant galten jahrzehntelang als Dreamteam und Spezialisten für elegant-subtile Literaturverfilmungen und period pieces. "Maurice", nach dem gleichnamigen Roman von E. M. Forster, ist ihr explizitester Film und machte einen gewissen Hugh Grant zum Schwarm nicht weniger schwuler Männer. Matthias Frings blickt zurück auf ein bahnbrechendes Liebes- und Entwicklungsdrama, das zusammen mit drei weiteren queeren Filmen Mitte der 1980er Jahre das Coming-out des britischen Kinos markiert.
Mutt

Mutt

An einem Sommertag in New York scheint für den jungen trans Latino Feña alles auf einmal zu passieren: Papa Pablo kommt aus Chile zu Besuch und sucht plötzlich Kontakt, er begegnet nach monatelanger Funkstille seinem Exfreund John wieder und dann steht auch noch seine 13-jährige Halbschwester Zoe vor der Tür. Doch seit Feñas Transition haben sich die Dynamiken verändert. Wie viel Nähe zu den Menschen des alten Lebens fühlt sich noch richtig an? Authentisch und mitreißend schildert Vuk Lungulov-Klotz in seinem Debütfilm „Mutt“, der im Juni der Queerfilmnacht zu sehen ist, 24 Stunden im Leben eines jungen trans Mannes. Lío Mehiel verkörpert Feñas vielschichtiges Dazwischensein facettenreich und ausdrucksstark – und wurde dafür in Sundance mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet. Barbara Schweizerhof über einen Film, der vor allem durch seine feine Darstellung zwischenmenschlicher Dynamiken beeindruckt.