Westler (1985)

Westler (1985)

Berlin, Mitte der 1980er Jahre. Felix aus dem Westen und Thomas aus Ostberlin leben nur wenige Kilometer voneinander entfernt – und doch in unterschiedlichen Welten. Zwischen ihnen liegt die Berliner Mauer, pro Woche können sie sich nur einen Tag für wenige Stunden sehen. Irgendwann weiß Thomas nur einen Ausweg: die Flucht aus der DDR, zu Felix. Regisseur Wieland Speck und sein Team mussten 1985 im Ostteil Berlins zum Teil mit versteckter Kamera drehen. 40 Jahre später zählt sein Debütfilm „Westler“ zu den unbestreitbaren Klassikern des queeren Kinos. Andreas Wilink über einen grenzenüberschreitenden Liebesfilm der „wie aus dem Underground aufs Leben schaut“.
Born in Flames (1983)

Born in Flames (1983)

„Born in Flames“ spielt in der Zukunft, zehn Jahre nach einer sozialistischen Revolution in den USA. Doch für Frauen hat sich nichts geändert: Diskriminierung, Übergriffe, Doppelbelastung – es reicht. Sie verbünden sich quer zu sozialen, ethnischen, kulturellen oder sexuellen Identitäten und nehmen den Kampf auf. Lizzie Bordens Film von 1983 stellt die Frage, ob die Unterdrückung von Frauen jemals, in einem irgendwie gearteten System, ein Ende finden kann. Mit eindeutiger Antwort: Die Betroffenen greifen zu den Waffen. Für Anne Küper „eine Utopie, die mehr als 40 Jahre nach der Veröffentlichung immer noch kraftvoll daherkommt.“ Und in der sich queeres Leben als widerständig und lustvoll manifestiert.
Anders als die Andern (1919)

Anders als die Andern (1919)

Im Jahr 2019 tat sich der Sexualforscher Magnus Hirschfeld mit dem Regisseur und Produzenten Richard Oswald zusammen, um einen Stummfilm zu konzipieren, der sich mit dem Homosexuellenparagrafen §175 beschäftigen sollte. Heraus kam mit „Anders als die Andern“ der erste schwule Kinofilm überhaupt, er wurde zu einem riesigen Erfolg. Doch schon bald fiel die tragische Liebes- und Erpressungsgeschichte um zwei Geigenspieler der Zensur zum Opfer, die meisten Filmkopien wurden vernichtet. Mittlerweile existiert wieder eine mühsam rekonstruierte Fassung. Matthias Frings über die „Mutter aller schwulen Filme“.
Blindgänger

Blindgänger

In Hamburg führt der Fund eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg auch zum zwischenmenschlichen Ausnahmezustand. Während Anwohner:innen und das Team des Räumkommandos mit Ängsten und Traumata hadern, entwickeln sich im Chaos zarte Momente der Nähe. „Blindgänger“ von Kerstin Polte ist eine gesellschaftliche Momentaufnahme, die sanft von der Sehnsucht nach Zugehörigkeit erzählt. Ein Film über Menschen, die straucheln und stürzen; die sich verletzen und sich dennoch gegenseitig helfen. Unsere Autorin Barbara Schweizerhof ist beeindruckt: Polte gelinge es, „ihren Plot wunderbar organisch erscheinen zu lassen.“ Im Mai ist der Film in der Queerfilmnacht zu sehen.
Shortbus (2006)

Shortbus (2006)

In „Shortbus“ (2006) schickt Regisseur John Cameron Mitchell eine Gruppe von New Yorker:innen auf die Suche nach Sinn, Intimität und sich selbst – in einem queeren Hipster-Club in Brooklyn. Hier soll Sexualität ein Medium für Sehnsüchte, Unsicherheiten und emotionale Bedürfnisse sein. Und vor allem: authentisch. Viel wurde einst über die expliziten Sexszenen geredet. Aus heutiger Sicht ist „Shortbus“ für unseren Autoren Peter Rehberg „vielleicht der letzte queere Film, der das Thema Subkultur in einem sexuellen und politischen Sinne verhandelt.“
Klandestin

Klandestin

Für ihren schwulen britischen Künstlerfreund versteckt eine rechtskonservative Politikerin in Frankfurt einen Geflüchteten aus Marokko in ihrer Wohnung, ihre Assistentin soll kulturell vermitteln. Angelina Maccarone nähert sich dem großen Thema Migration in ihrem neuen Thriller „Klandestin“ aus vier Perspektiven und lässt die Sehnsucht nach persönlichem Glück kühl mit politischen Realitäten kollidieren. Christian Horn über ein filmisches Gedankenkonstrukt, das vor allem im Finale große Kraft findet.
The Celluloid Closet (1996)

The Celluloid Closet (1996)

Hollywood war immer queer! Doch bis 1968 war die Darstellung von Homosexualität im Kino verboten. Filmemacher:innen schafften es trotzdem immer wieder, queeres Begehren auf die Leinwand zu bringen. In „The Celluloid Closet“ (1996) blicken Rob Epstein und Jeffrey Friedman zurück auf 100 Jahre Filmgeschichte und rekonstruieren die Zeichen, Subtexte und Stereotypen des queeren Hollywoodkinos – mit Material aus 120 Filmklassikern sowie den Stimmen von Zeitzeug:innen wie Gore Vidal, Richard Dyer und Whoopi Goldberg. Jetzt ist der Film in digital restaurierter Fassung erhältlich. Beatrice Behn über ein hochgradig aktuelles Manifest, das offenlegt, wie weit sich das queere Mainstream-Kino entwickelt hat - und was dabei an Subversivität und Radikalität verloren gegangen sein könnte.
Mysterious Skin (2004)

Mysterious Skin (2004)

Zwei Jungen, zwei Wege: Der eine wird zum zurückgezogenen Verschwörungstheoretiker, der andere fängt irgendwann an, sich älteren Männern gegen Geld zum Sex anzubieten. „Mysterious Skin“ von Gregg Araki erzählt die Geschichte von Brian und Neil, deren gemeinsame Kindheit ein dunkles Geheimnis birgt. Während Brian versucht, seine verdrängte Vergangenheit durch Ufo-Fantasien zu verarbeiten, begegnet Neil ihr mit verklärter Direktheit. Ein schmerzhafter, verstörender Film über junge Menschen, die den Grausamkeiten, der Ignoranz und der Schwäche der Erwachsenen mit gegenseitiger Fürsorge begegnen. Die Geschichte eines Missbrauchs wird hier ganz aus der Perspektive der Opfer erzählt „Mysterious Skin“ sei hart und erschütternd, schreibt Andreas Köhnemann. „Aber nicht ohne Hoffnung.“
Love Club

Love Club

Dem queeren „Love Club“ in Mailand droht die Schließung. Vier Stammgäste stehen noch vor ganz anderen Herausforderungen: Wird Luz einen Weg für die Beziehung mit ihrer Freundin finden? Wird Tim seinem Traum als DJ folgen? Wird Rose sich trauen, auf der Bühne zu singen? Und wird Zhang die Dragqueen sein, die er schon immer sein wollte? Der Love Club ist die Bühne für ihr Leben: Ein Ort für Freundschaft, Liebe, Sex und viele unerwartete Wendungen. Die vierteilige Miniserie „Love Club“ ist eine Feier der queeren Partykultur, ihrer Sehnsüchte und Träume. Jetzt ist der italienische Hit als VoD in Deutschland zu sehen. Eine Serie, „die den Rausch der Nacht zelebriert und tagsüber die Scherben aufkehrt“, findet unser Autor Christian Horn.
Pink Narcissus (1971)

Pink Narcissus (1971)

Halbzeit bei den Queer Cinema Classics! 50 Bahnbrecher:innen des nicht-heteronormativen Kinos haben wir Euch in den letzten knapp zwölf Monaten schon vorgestellt, auf 50 weitere dürft Ihr Euch noch freuen. Das Bergfest feiern wir natürlich mit ganz viel Glamour und der Erinnerung an James Bidgoods campes Meisterwerk „Pink Narcissus“ (1971). Mit glitzernden Traumwelten revolutionierte der amerikanische Künstler Bidgood in den 1960er Jahren die Fotografie. Seine schillernden Inszenierungen nackter junger Männer in überbordenden Kulissen lassen sich ganz aktuell in dem neuen Bildband „Dreamlands“ wieder- oder neuentdecken. In seinem einzigen Film „Pink Narcissus“ zelebriert Bidgood vor allem die Schönheit seiner Muse Bobby Kendall, den er im Wechsel als Torero, römischen Sklave, Stricher oder verliebten Draufgänger stilisiert – und immer als begehrenswerten Narziss. Jochen Werner über ein faszinierendes Artefakt und wie man es heute zu fassen bekommt.