queerfilmnacht

Baby

Baby

In der Tradition von komplexen Szenefilmen wie „My Private Idaho“ und „Sauvage“ erzählt „Baby“ die mitreißende Geschichte eines queeren Erwachsenwerdens auf den Straßen von São Paulo: Nach seiner Entlassung aus dem Jugendknast lernt der 18-jährige Wellington den 42-jährigen Sexworker Ronaldo kennen. Der erfahrene Escort nimmt den jungen Mann unter seine Fittiche und zeigt ihm das Rotlichtmilieu, in dem auch Wellington unter dem Namen „Baby“ zu arbeiten beginnt. Regisseur Marcelo Caetano („Body Electric“) nähert sich den Figuren und Schauplätzen seines Films ohne Vorurteile und mit großer Empathie an und feiert die Solidarität zwischen Außenseitern, ohne die Schattenseiten des Milieus zu kaschieren. Im Februar ist „Baby“ in der Queerfilmnacht auf der großen Leinwand zu sehen. Christian Lütjens über eine packende Coming-of-Age-Reise zwischen Glück und Abgrund, Halt-Finden und Abstürzen.
Mädchen in Uniform (1931)

Mädchen in Uniform (1931)

„Mädchen in Uniform“ von Leontine Sagan gilt als erster Film der Filmgeschichte, der lesbische Liebe offen thematisierte. Das Drama über die Internatsschülerin Manuela, die innige Gefühle für ihre gutherzige Lehrerin Fräulein von Bernburg entwickelt, erinnert an den repressiven Wahn des preußischen Erziehungssystems und dessen zerstörerische Folgen. Beatrice Behn über einen bahnbrechenden und komplexen Film, der am Ende jedoch zwei Dinge voneinander trennt, die besser zusammengedacht werden sollten.
What a Feeling

What a Feeling

An ihrem Hochzeitstag bekommt die Wiener Ärztin Marie Theres ein besonderes Geschenk von ihrem Mann präsentiert: Er will sich von ihr trennen! Zur Nervenberuhigung greift Marie Theres erstmal zum Glas. Ziemlich betrunken stolpert sie in Bigis Lesbenbar und trinkt dort mit der bindungsscheuen Stammkundin Fa einfach weiter. Am nächsten Morgen kann sie sich nur noch daran erinnern, dass Fa sie nach Hause gebracht hat. Aber haben sie danach auch…? In der warmherzigen lesbischen Rom-Com „What a Feeling“ von Kat Rohrer glänzen Caroline Peters und Proschat Madani als zwei Frauen, die erst in der Mitte des Lebens zueinander finden – aber dann so richtig. Es geht um Selbsterkenntnis, den Mut zum Neuanfang und um Entscheidungen, die sich richtig anfühlen, ganz egal, was die anderen denken oder sagen. Arabella Wintermayr über einen lesbischen Abenteuerfilm aus Österreich, der im Oktober in der Queerfilmnacht zu sehen ist.
Sister My Sister (1994)

Sister My Sister (1994)

Frankreich 1933. Christine und ihre jüngere Schwester Lea arbeiten als Dienerinnen bei der herrischen Madame Danzard und ihrer Tochter Isabelle. Die Schwestern erledigen wortlos alle Aufgaben und ertragen jede Demütigung, weil sie sich auf diese Weise nah sein können. Nachts wird ihre Beziehung in der Zurückgezogenheit ihrer Dachkammer derweil immer körperlicher, ja rauschhafter. Doch dann bemerkt Madame Danzard erste Nachlässigkeiten im Haushalt. Nancy Mecklers Film beruht auf dem berüchtigten Kriminalfall um Christine und Léa Papin, der sich 1933 in Le Mans zugetragen hat und bereits Jean Genet zu seinem Theaterstück „Die Zofen“ inspirierte. „Sister My Sister“ ist zugleich messerscharfe soziale Klassenstudie und berührende Geschichte einer verbotenen Liebe. Anja Kümmel über ein vielschichtiges und aufregendes filmisches Wagnis.
Patagonia

Patagonia

Yuri ist 20 und lebt bei seiner Tante in einem kleinen Dorf in den Abruzzen. Als er bei einem Kindergeburtstag dem Animateur Agostino begegnet, ist er sofort elektrisiert. Agostino ist älter, selbstbewusst und auf wilde Weise unabhängig. Yuri heuert als Agostinos Assistent an und fährt im Wohnmobil mit ihm fort. Ihr großes Ziel ist Patagonien, das Land des Feuers. Mit brennenden Bildern erzählt der italienische Regisseur Simone Bozzelli in seinem Debütfilm von einer vergessenen Jugend, für die nur ein Leben am Rand der Gesellschaft und in ständiger Bewegung in Frage kommt, um den unbändigen Hunger nach Aufrichtigkeit und Freiheit zu stillen. Getragen von einer kompromisslosen filmischen Vision, von Respekt gegenüber den Figuren und zwei überwältigenden Hauptdarstellern zeigt „Patagonia“ eine ambivalente Liebe als verzehrendes Machtspiel zwischen Zärtlichkeit und Destruktion. Philipp Stadelmaier über ein raues Roadmovie, das im August ist „Patagonia“ in der Queerfilmnacht zu sehen ist und am 22. August auch regulär im Kino startet.
Before Stonewall (1984)

Before Stonewall (1984)

Die Pride Season ist aktuell im vollen Gange, in Berlin wird am Samstag CSD gefeiert. Wie es zu dem jährlich begangenen Fest- und Demonstrationstag kam, darum geht es in unserem queeren Filmklassiker der Woche. Greta Schiller und Robert Rosenberg erzählen in „Before Stonewall“ vom Leben und Alltag queerer US-Amerikaner:innen vor jener berühmten Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969, als sich in der New Yorker Christopher Street eine Gruppe Homosexueller und trans Personen entschlossen der Polizei widersetzte, die eigentlich die Szenebar Stonewall-Inn räumen wollte. Der Aufstand und die sich anschließenden Unruhen und Demonstrationen in den folgenden Tagen gelten als Urknall besonders eines lesbisch-schwulen Selbstbewusstseins – und als Wendepunkt im Kampf um Anerkennung und Gleichstellung. Schillers und Rosenbergs Films ist reich an seltenem Archivmaterial und enthält neben Interviews mit Allen Ginsberg und Audre Lorde vor allem Berichte und Anekdoten von Schwulen und Lesben aus der breiten Bevölkerung. Matthias Frings über die historische Bedeutung von „Before Stonewall“, den Manfred Salzgeber den „Kochbuchfilm zu unserer Geschichte“ nannte.
Die Freundin meiner Freundin

Die Freundin meiner Freundin

Zaida ist Mitte 30, lebt aber so, als wäre sie noch Anfang 20. Die Nachwuchsregisseurin und Content Creatorin träumt sich durch den Tag, ist verliebt in die Liebe und ständig auf der Suche, ohne genau zu wissen wonach. Als sie frisch getrennt zurück nach Barcelona kommt, steigt sie etwas ratlos, aber voller Leidenschaft in das Liebeskarussell ihrer Freundinnen-Clique ein. Für ihren eloquenten Debütfilm „Die Freundin meiner Freundin“, der im Mai in der Queerfilmnacht zu sehen ist, schöpft Regisseurin und Hauptdarstellerin Zaida Carmona aus ihrem eigenen Bohemien-Leben. Ihr lesbisches Figurenensemble setzt sie in knallbunten Interieurs, mit verspielten Dialogen und französischen Chansons zu einer smarten Rom-Com zusammen, die unmissverständlich vom Beziehungskino Éric Rohmers inspiriert ist. Anne Küper über eine hinreißende lesbische Überschreibung der Filmgeschichte.
Norwegian Dream

Norwegian Dream

Der 19-Jährige Pole Robert ist gerade an die norwegische Küste gezogen. In einer Fischfabrik nahe Trondheim will er genug Geld verdienen, um die Schulden seiner Mutter begleichen zu können. Er findet schnell Anschluss bei den anderen Polen im Team und verliebt sich in Ivar, den Adoptivsohn des Fabrikeigentümers. Doch während Ivar offen schwul ist, will Robert seine Gefühle lieber geheim halten. Leiv Igor Devolds Spielfilmdebüt ist im Januar in der Queerfilmnacht zu sehen und startet am 1. Februar im Kino. Stefan Hochgesand über eine mitreißende schwule Liebesgeschichte mit großem sozialem Bewusstsein.
Punch

Punch

Ein Küstenstädtchen in Neuseeland. Der 17-jährige Jim ist ein großes Boxtalent. Sein Vater trainiert ihn streng, hat selbst aber ein Alkoholproblem. Jim ist sich nicht sicher, wo er eigentlich hin will. Nach der Begegnung mit dem jungen schwulen Māori Whetu lichtet sich der Horizont: Zusammen mit ihm gibt es auf einmal Dinge, für die es sich wirklich zu kämpfen lohnt. Neben Hollywood-Star Tim Roth glänzen die Nachwuchstalente Jordan Oosterhof und Conan Hayes, der selbst Māori-Wurzeln hat, als zwei junge Männer, die sich gegen die auch in Neuseeland noch durchaus gegenwärtige Homophobie behaupten müssen. Christian Horn über einen rauen Film mit gefühlsbetontem Fundament, der aktuell in der Queerfilmnacht zu sehen ist.
Drifter

Drifter

Jetzt im Kino: Moritz ist 22 und gerade von seinem Freund verlassen worden, für den er eigentlich nach Berlin gezogen war. Jetzt probiert er verschiedene Lebensmodelle aus. Er verändert sein Aussehen, taucht ein in die Berliner Partyszene, lebt seine Sehnsüchte und sexuellen Fetische aus, verliert sich aber auch zunehmend in Drogenkonsum und emotionaler Entfremdung. Erst mit Hilfe seiner queeren Freunde findet Moritz heraus, wer er wirklich sein möchte. „Drifter“ ist eine Reise entlang von Einsamkeit, Exzessen und Kinks, stellt Fragen nach schwulen Körperbildern und nicht-heteronormativen (Wahl-)Verwandtschaften. Für sein vielschichtiges Figuren- und Szeneporträt wurde Hannes Hirsch gerade mit dem Nachwuchspreis First Steps ausgezeichnet. Sebastian Markt über einen kühnen Verwandlungsfilm, der sich in leuchtenden Bildern der etablierten Wesensformel der Selbstwerdung verweigert und damit eine dezidiert queere Coming-of-Age-Geschichte erzählt.