Classics

Der Zauberer von Oz (1939)

Der Zauberer von Oz (1939)

Seit Wochen begeistert das Fantasy-Musical „Wicked“ weltweit sein Publikum und macht so die Figuren und Motive von Lyman Frank Baums Kinderbuch „Der Zauberer von Oz“ (1900), auf dem der Film indirekt basiert, auch für jüngere Generationen von Kinobesucher:innen wieder populär. Als bekannteste Verfilmung des Stoffs darf nach wie vor Victor Flemings „Der Zauberer von Oz“ aus dem Jahr 1939 gelten. Die Geschichte des Mädchens Dorothy, die ein verherender Wirbelsturm von ihrer Heimat Kansas ins Wunderland Oz treibt, wo sie sich mit drei fabelhaften neuen Freunden erst auf die Suche nach dem mysteriösen Zauberer macht und dann nach einem Weg nach Hause, gilt heute als queerer filmischer Ur-Text. Beatrice Behn fragt: Warum eigentlich? Ist Oz wirklich ein unproblematischer Sehnsuchtsort? Und wie könnte eigentlich ein Oz für heute aussehen?
Boys Don’t Cry (1999)

Boys Don’t Cry (1999)

Die brutale Ermordung des jungen Transmannes Brandon Teena erschütterte 1993 Amerika. Über fünf Jahre recherchierte die junge Regisseurin Kimberly Peirce die Hintergründe und schrieb ein Drehbuch. Mit ihrem Debüt „Boys Don’t Cry“ setzte sie nicht nur Brandon Teena ein Denkmal, sondern auch allen anderen Opfern von transfeindlichen Hassverbrechen. Das Drama, das Hilary Swank zum Star machte und ihr einen Oscar bescherte, erzählt aber viel mehr als eine Tragödie. Es geht auch um die berührende Liebesgeschichte zwischen Brandon und seiner ersten Freundin Lana, empathisch dargestellt von Chloë Sevigny. Annabelle Georgen über ein Schlüsselwerk des Trans* Kinos und seine wechselvolle Rezeptionsgeschichte.
Coming Out (1989)

Coming Out (1989)

„Coming Out“ von Heiner Carow war der erste Film der DDR, der Homosexualität prominent thematisierte. Es sollte auch der letzte sein: Ihre Premiere hatte die DEFA-Produktion am 9. November 1989, dem Tag des Mauerfalls, im Berliner Kino International. Der Film erzählt die Geschichte des jungen Lehrers Matthias, der eigentlich mit seiner Kollegin Tanja zusammen ist, aber doch ein anderes Begehren spürt. Eines Abends landet er in einer Schwulenkneipe und lernt Matthias kennen, mit dem er eine zaghafte Beziehung beginnt. Allmählich versteht Matthias, wer er ist und wen er liebt. Mit zwölf Schlaglichtern auf die Entstehung und den besonderen Zauber von „Coming Out“ erinnert Carolin Weidner an einen im wahrsten Sinne bahnbrechenden Klassiker des queeren Kinos.
Desert Hearts (1985)

Desert Hearts (1985)

Reno in Nevada, 1959. Die New Yorker Literaturprofessorin Vivian kommt ins Mekka der Spieler:innen und Scheidungswilligen, um sich nach zwölf Jahren erlebnisarmer Ehe offiziell von ihrem Mann zu trennen, und checkt in der „Divorce Ranch“ ein. Dort lernt sie die sexuell umtriebige Cay kennen, die tagsüber auf der Ranch töpfert und abends im Spielcasino arbeitet. Zwischen den ungleichen Frauen entwickelt sich eine leidenschaftliche Romanze, die für beide einen Neubeginn bedeuten könnte. Donna Deitch Liebesdrama „Desert Hearts“ war 1985 für das queere Kino bahnbrechend, weil es Lesbischsein nicht als Sensation oder gar etwas Anrüchiges, sondern nahezu als Normalität darstellte. Endlich gab es da ein weibliches Liebespaar auf der Leinwand, mit dem die Zuschauer:innen richtig mitfühlen konnten! Für Arabella Wintermayr ist die Bedeutung von „Desert Hearts“ für das lesbische Kino kaum zu überschätzen.
Paris Was a Woman (1996)

Paris Was a Woman (1996)

Greta Schiller ist eine der großen Pionierinnen des queeren Dokumentarfilms. Mit „Before Stonewall“ (1984) setzte sie dem Leben lesbischer und schwuler US-Amerikaner:innen vor den bahnbrechenden Stonewall-Riots im Jahr 1969 ein filmisches Denkmal. Mit ihrer eigenen Produktionsfirma Jezebel Productions und an der Seite ihrer künstlerischen Mitstreiterin und Partnerin Andrea Weiss folgten in den nächsten 40 Jahren zahlreiche preisgekrönte Filme zu unserer Kultur und Geschichte. In wenigen Tagen wird Schiller 70, und für die sissy ist das ein perfekter Anlass, um an einen weiteren ihrer Filmklassiker zu erinnern: das vielschichtige Orts- und Gruppenporträt „Paris Was a Woman“. Der Film fängt das Lebensgefühl von feministischen Pionierinnen wie Colette, Djuna Barnes und Gertrude Stein ein, die es zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Paris zog, weil sie dort eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten fanden und künstlerisch wie persönlich neue Wege gehen konnten. Anja Kümmel über ein Zeitdokument, das von der historischen Eroberung einer Metropole als weiblichem Entfaltungsraum erzählt.
Happy Together (1997)

Happy Together (1997)

Die Beziehung der zwei jungen Hongkonger Fai und Po-Wing ist zerrüttet. Eine gemeinsame Reise nach Argentinien soll ihre Beziehung retten. Doch nach einem Streit trennen sich ihre Wege und beide stranden in Buenos Aires. Fai wird Türsteher einer Tangobar, Po-Wing hält sich als Callboy über Wasser. Eines Abends erscheint Po-Wing blutend und schwer verletzt wieder bei Fai vor der Tür. Ist das die Chance auf einen Neuanfang? Ein hypnotisierender Blick in einen Wasserfall, eine unvergessliche Taxifahrt, ein letzter Tango – für sein Drama über die Höhen und Tiefen einer großen schwulen Liebe schuf Wong Kar Wai mit den betörenden Bildern seines Kameramann Christopher Doyle und seinen fabelhaften Hauptdarstellern Leslie Cheung und Tony Leung einige der magischsten Momente des queeren Kinos. Für Philipp Stadelmaier schwelgt „Happy Together“ in den träumerischen Farben der Erinnerung einer schon vergangenen Geschichte – aber nur, um dieses imaginäre Territorium zu verlassen und ihm ein neues reales abzugewinnen.
XXY (2007)

XXY (2007)

Alex ist 15 und mit den Eltern gerade von Buenos Aires in ein kleines Küstendorf nach Uruguay gezogen. Hier soll erstmal niemand erfahren, dass Alex inter* ist, finden die Eltern; Alex selbst würde hingegen am liebsten ganz offen damit umgehen. Dann lädt die Mutter einen befreundeten Chirurgen und dessen Familie für ein Wochenende ein, um über die Möglichkeiten einer geschlechtsangleichenden Operation Klarheit zu bekommen. Die Ereignisse im Haus am Meer überschlagen sich... Selbst im queeren Kino gibt es nur wenige Filme, die sich mit dem Thema Intergeschlechtlichkeit beschäftigen. Der Zugang der argentinischen Regisseurin Lucía Puenzo führt tief in die Erlebniswelt zweier Jugendlicher, die sexuelles Erwachen mit dem Neuentdecken des eigenen Körpers in Einklang zu bringen versuchen, und stellt die vielleicht gar nicht so gewagte These auf, dass sich Menschen ineinander verlieben, nicht biologische Geschlechtsträger:innen. Melanie Waelde über einen der wenigen Klassiker des inter* Kinos, der – wenngleich nicht ganz unproblematisch in Bezug auf seine Perspektive auf die Hauptfigur – seiner Zeit weit voraus war.
Another Country (1984)

Another Country (1984)

Sommer 1932. Der adelige Internatsschüler Guy Bennett hat die Chance, zu den „Lords“ aufzusteigen – eine innerschulisch herrschende Elite-Gemeinschaft, denen alle Türen für die berufliche Zukunft offen stehen. Doch Guys Affäre mit den jüngeren Mitschüler Harcourt gefährdet den Aufstieg, da die Schule Homosexualität nur bedingt duldet. Mit leuchtenden Bildern und Cambridge-Romantik ebnete Marek Kanievskas sinnliches Internatsdrama „Another Country“ die Karrieren von Rupert Everett und Colin Firth. Matthias Frings ist 40 Jahre später noch einmal in den filmischen College-Kosmos eingetaucht und fördert hinter dem Schmelz der idyllischen Genrebilder eine bis heute faszinierende Abgründigkeit und Gesellschaftskritik zutage.
Mein wunderbarer Waschsalon (1985)

Mein wunderbarer Waschsalon (1985)

London Mitte der 1980er Jahre. Der junge Britisch-Pakistaner Omar übernimmt den abgewrackten Waschsalon seines Onkels und möbelt ihn zusammen mit dem arbeitslosen Skinhead Johnny wieder auf – sehr zum Unmut von Johnnys alten rechtsextremen Kumpels. Und dann verlieben sich Omar und Johnny ineinander... Stephen Frears humorvolle Abrechnung mit Margaret Thatchers neokonservativer Wirtschafts- und Sozialpolitik war 1985 ein Überraschungshit, machte Daniel Day-Lewis zum Star und gilt heute völlig zurecht als einer der großen Klassiker des queeren Kinos aus Großbritannien. Fabian Schäfer über einen Film, der so vielschichtig und befreit queere und soziale Themen verhandelt, dass er bis heute äußerst sehenswert ist.
Water Lilies (2007)

Water Lilies (2007)

In einem Vorort von Paris begleitet die 15-Jährige Marie ihre beste Freundin Anne zum Synchronschwimmen und verliebt sich prompt in den Star der Gruppe, die betörende Floriane. Anne wiederum ist in den Wasserballer François verknallt, der seinerseits für Floriane schwärmt. Zwischen der prickelnden Kühle eines Schwimmbads und der lauen Schwüle langer Sommernächte entwirft Céline Sciamma („Porträt einer jungen Frau in Flammen“, „Petite Maman“) in ihrem Debütfilm ein dichtes Coming-of-Age-Drama um Freundschaft, erwachende Sexualität und die erste große Liebe, in dem die junge Adèle Haenel in der Hauptrolle glänzt. Für Anne Küper zeichnet „Water Lillies“ besonders aus, dass er Geschlechter- und Körperbilder auf der Augenhöhe seiner jugendlichen Heldinnen verhandelt, mit denen zusammen wir für die Dauer des Films kämpfen, scheitern, und schmachten dürfen – und dem nachspüren, was wir manchmal gerne sagen würden, aber uns aus Angst vor Zurückweisung nicht trauen.