Auf DVD

Beau Travail (1998)

Beau Travail (1998)

Es sollte nur ein Auftragswerk für Fernsehsender sein, heute gilt „Beau Travail“ von Claire Denis vielen als einer der besten Filme aller Zeiten. In ihrer Adaption von Hermann Melvilles „Billy Budd“ beobachtet Denis eine Gruppe von Fremdenlegionären am Horn von Afrika bei ihren Truppenübungen: beim Aufhängen der Wäsche, beim Bügeln der Uniformen, bei ihrer Inszenierung militaristischer Männlichkeit. Es sei die „Erotisierung der Armeekörper und ihrer Beziehungen“, die den Film zum queeren Klassiker machen, schreibt sissy-Autor Till Kadritzke. Doch „fetischisiert werden die Körper nicht als Kampfmaschinen, sondern als Formen, die sich einfügen in all die anderen Formen des Films: das Wasser, die Sonne, die Wüste.“
Der bewegte Mann (1994)

Der bewegte Mann (1994)

Das Elend der Heterosexualität und die deutsche Beziehungskomödie: „Der bewegte Mann“ hat 1994 eine schwule Lebenswelt sichtbar gemacht, wie man sie im Mainstream des Kinos in Deutschland nicht kannte. Und wurde mit 6,5 Millionen Zuschauer:innen zum Monstererfolg. Aber haben die mit alle mit uns oder nur über uns gelacht? Drei Jahrzehnte später hat sich Jochen Werner die Verfilmung des gleichnamigen Comics von Ralf König noch einmal angesehen – und sich über ein hochkomisches Wiedersehen gefreut. Denn auch wenn die legendäre Vorlage fürs Massenpublikum ein Stück weit entschärft wurde: „so lebendig und liebevoll wurde die schwule Szene jedenfalls im deutschen Mainstream-Kino auch danach kaum je wieder porträtiert.“
Dem Himmel so fern (2002)

Dem Himmel so fern (2002)

Die Lügen und Geheimnisse hinter der perfekten Fassade einer Vorstadt-Ehe in den USA der Fünfziger Jahre: In „Dem Himmel so fern“ aus dem Jahr 2002 lässt Todd Haynes sein Schauspieler:innen-Paar aus Julianne Moore und Dennis Quaid an ihren Sehnsüchten fast zerbrechen – und beschwört den Geist des großen Melodramatikers Douglas Sirk herauf. Sissy-Autor Philipp Stadelmeier hat sich in dieser „Bilderbuchwelt aus Rot-, Gelb- und Kastanientönen“ noch einmal für uns umgesehen.
Anders als die Andern (1919)

Anders als die Andern (1919)

Im Jahr 2019 tat sich der Sexualforscher Magnus Hirschfeld mit dem Regisseur und Produzenten Richard Oswald zusammen, um einen Stummfilm zu konzipieren, der sich mit dem Homosexuellenparagrafen §175 beschäftigen sollte. Heraus kam mit „Anders als die Andern“ der erste schwule Kinofilm überhaupt, er wurde zu einem riesigen Erfolg. Doch schon bald fiel die tragische Liebes- und Erpressungsgeschichte um zwei Geigenspieler der Zensur zum Opfer, die meisten Filmkopien wurden vernichtet. Mittlerweile existiert wieder eine mühsam rekonstruierte Fassung. Matthias Frings über die „Mutter aller schwulen Filme“.
Mysterious Skin (2004)

Mysterious Skin (2004)

Zwei Jungen, zwei Wege: Der eine wird zum zurückgezogenen Verschwörungstheoretiker, der andere fängt irgendwann an, sich älteren Männern gegen Geld zum Sex anzubieten. „Mysterious Skin“ von Gregg Araki erzählt die Geschichte von Brian und Neil, deren gemeinsame Kindheit ein dunkles Geheimnis birgt. Während Brian versucht, seine verdrängte Vergangenheit durch Ufo-Fantasien zu verarbeiten, begegnet Neil ihr mit verklärter Direktheit. Ein schmerzhafter, verstörender Film über junge Menschen, die den Grausamkeiten, der Ignoranz und der Schwäche der Erwachsenen mit gegenseitiger Fürsorge begegnen. Die Geschichte eines Missbrauchs wird hier ganz aus der Perspektive der Opfer erzählt „Mysterious Skin“ sei hart und erschütternd, schreibt Andreas Köhnemann. „Aber nicht ohne Hoffnung.“
Young Soul Rebels (1991)

Young Soul Rebels (1991)

London im Sommer 1977. Während sich die Stadt gerade auf die Feierlichkeiten zum Silbernen Thronjubiläum der Queen vorbereitet, basteln die schwulen Soul Boys und Piraten-DJs Chris und Caz an ihrem Radioprogramm, das sie von einer Garage heraus senden. Tagsüber müssen sie sich mit Skinheads herumschlagen, abends gehen sie in den angesagten Clubs tanzen. Doch als ein Freund beim Cruisen im Park ermordet wird, drohen die sozialen Spannungen im Viertel überzukochen. Isaac Juliens Film ist ein raffinierter Mix aus Thriller und schwulem Liebesdrama – und zeichnet ein authentisches Bild der britischen Jugendkulturen der späten 1970er Jahre. „Young Soul Rebels“ war bahnbrechend für das New Queer Cinema und das British Black Cinema der 1990er Jahre. Noemi Yoko Molitor dreht das Radio, in dem Funk als Selbstverteidigung zelebriert wird, ganz laut auf.
Hustler White (1996)

Hustler White (1996)

Inspiriert von „Sunset Boulevard“, „Tod in Venedig“ und den Sexfilmen Andy Warhols erzählt „Hustler White“ selbstreflexiv und verspielt von einem blasierten Schriftsteller, der sich auf „Recherchereise“ in die Stricherszene von Los Angeles begibt und sich on location prompt verliebt. Mit festem Blick auf Authentizität haben Bruce LaBruce und Rick Castro ihre romantisch Sex-Komödie an Originalschauplätzen auf dem Santa Monica Boulevard gedreht. Philipp Stadelmaier über einen Klassiker des schwulen Stricherkinos, dessen queerer Referenzenreigen auch knapp 30 Jahren nach seiner Uraufführung noch herrlich explizit funkelt.
Die Zeugen (2007)

Die Zeugen (2007)

2007 lief „Die Zeugen“ von André Téchiné im Wettbewerb der Berlinale. Aids ist ein Thema, 1984 in Frankreich, aber vor allem geht es um das Glück einer Gemeinschaft, prekär und bedroht, von Téchiné tänzerisch leicht in Bewegung versetzt. Michel Blanc, Sami Bouajila, Julie Depardieu und Emmanuelle Béart spielen die verzauberten Zeugen der Geschichte von Manu, dem Johan Libérau eine spektakuläre körperliche Präsenz und eine eigene Geschwindigkeit gibt. Zum Welt-Aidstag im Dezember in der Gay-Filmnacht, kurz danach endlich auf DVD.
Der Diener (1963)

Der Diener (1963)

Joseph Loseys „Der Diener“ aus dem Jahr 1963 gilt als meisterhaftes Kammerspiel der homoerotischen Subtexte und kühner Klassiker des queeren Kinos. Dirk Bogarde brilliert darin als  höchst kultivierter Diener Barrett, der den Haushalt des Playboys Tony leitet. Barretts zunächst ehrfürchtig-devotes Verhalten gerät dabei immer weiter in Schieflage, bis die Rollen von Herr und Diener gänzlich zu kippen drohen. Fritz Göttler über die vielen Ebenen der sehr britischen Studie über Macht, Männlichkeiten und Homosexualität.
Maurice (1987)

Maurice (1987)

Großbritannien im Jahre 1909: Maurice und Clive sind Collegeboys in Cambridge und verlieben sich ineinander. Um seine Karriere als Anwalt nicht zu gefährden, beendet Clive die Verbindung und stürzt seinen Geliebten in eine tiefe  Sinn- und Lebenskrise. Die löst sich erst, als Maurice den ungestümen Jagdaufseher Scudder kennenlernt. Regisseur und Drehbuchautor Jamey Ivory und sein Partner und Produzent Ismail Merchant galten jahrzehntelang als Dreamteam und Spezialisten für elegant-subtile Literaturverfilmungen und period pieces. "Maurice", nach dem gleichnamigen Roman von E. M. Forster, ist ihr explizitester Film und machte einen gewissen Hugh Grant zum Schwarm nicht weniger schwuler Männer. Matthias Frings blickt zurück auf ein bahnbrechendes Liebes- und Entwicklungsdrama, das zusammen mit drei weiteren queeren Filmen Mitte der 1980er Jahre das Coming-out des britischen Kinos markiert.