Articles Written By: Johann Peter Werth

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Princess Cyd

Princess Cyd

Neu als DVD und VoD: Die 16-jährige Cyd besucht in den Sommerferien ihre Tante Miranda, eine bekannte Schriftstellerin, in Chicago. Während Cyd den ganzen Tag Fußball spielen und sich im Garten sonnen möchte, sitzt Miranda am liebsten hinterm Schreibtisch und arbeitet an ihren Texten. Auch beim Thema Liebe gehen die beiden andere Wege: Cyd erkundet gerade ihr sexuelles Begehren und verliebt sich in die smarte Kellnerin Katie; Miranda hingegen ist Langzeit-Single und hat scheinbar kein Bedürfnis, daran etwas zu ändern. Als Cyd ihre Tante aus der Liebesreserve locken will, erklärt Miranda ihr ein paar Dinge über das Glücklichsein. Mit feinem Gespür für kleine Gesten, Blicke und Zwischentöne porträtiert Regisseur Stephen Cone („Einen Freund zum Geburtstag“, 2015) zwei unterschiedliche Frauenfiguren, die nicht nur einen Schmerz, sondern auch eine Sehnsucht teilen. Nátalia Wiedmann über einen bemerkenswert schwerelosen Film über weibliche Sensibilität, Sexualität und Befreiung.
Detlef Grumbach (Hg.): Große Oper

Detlef Grumbach (Hg.): Große Oper

Andreas Meyer-Hanno alias Hannchen Mehrzweck war eine der bedeutenden Gestalten der Neuen Schwulenbewegung. 1932 geboren, erlebte er Kindheit und Jugend im Krieg und den bleiernen Jahren des Adenauer-Deutschlands. Erst Opernregisseur in verschiedenen Stadttheatern, dann Musikprofessor in Frankfurt/M, wurde er zur treibenden Kraft in vielen schwulen Projekten Frankfurts. Als Mitbegründer des Vereins "Homosexuelle Selbsthilfe e.V." und Namensgeber der "Hannchen-Mehrzweck-Stiftung" schuf er wichtige Teile der schwulen Infrastruktur Deutschlands. Detlef Grumbach würdigt die Person Meyer-Hannos nun durch eine biografische Skizze und eine Auswahl seiner künstlerischen und politischen Texte. Tilman Krause kannte Meyer-Hanno, der 2006 verstarb, seit den frühen 90ern und verknüpft seine Besprechung von Grumbachs vielstimmiger Anthologie mit seinen persönlichen Erinnerungen an eine entwaffnende Bewegungsschwester.
Vojin Saša Vukadinović (Hg.): Freiheit ist keine Metapher

Vojin Saša Vukadinović (Hg.): Freiheit ist keine Metapher

Die Literaturwissenschaftlerin Silvia Bovenschen hat einmal bemerkt, dass vermutlich jede Bewegung irgendwann ihre eigene Karikatur hervorbringt. Ein neuer Sammelband aus der berüchtigten "Kreischreihe" des Querverlags, in der bereits "Beißreflexe" (2017) der Berliner Polit-Tunte Patsy l’Amour laLove erschienen ist, ordnet diese Beobachtung dem Genderfeminismus, dem Antirassismus und dem Queerfeminismus zu – indem er sie als Karikaturen geschlechter-, migrations- und sexualpolitischer Emanzipationsregungen versteht. Ausgehend von dieser Bestandsaufnahme denken die 37 Beiträge, die der Historiker und Geschlechterforscher Vojin Saša Vukadinović in "Freiheit ist keine Metapher" versammelt hat, über queere Sprachregelungen und Umgangsformen, Kollektivdenken und Gruppenidentitäten, echte und falsche Schutzräume, vermeintliche Verbündete und verlorene Mündigkeit nach. Kevin Clarke hat den Band, der sich als Kartografie eines Ideologiekrieges mit verhärteten Fronten begreift, für uns gelesen – und freut sich über einen angriffslustigen Debattenbeitrag.
Daniel Zomparelli: Die Welt ist schlecht und du bist echt unausstehlich

Daniel Zomparelli: Die Welt ist schlecht und du bist echt unausstehlich

Der kanadische Schriftsteller Daniel Zomparelli lässt in seinen originell miteinander verwobenen Short Stories schwule Männer Büromaterial klauen, sich über Grindr verabreden, Obstkuchen backen und Dreier mit Geistern haben. Was seine neurotischen Großstädter am Rande des Nervenzusammenbruchs eint, ist die Angst vor dem Glück. Der nun in deutscher Sprache erschienene Band mit dem taktgebenden Titel "Die Welt ist schlecht und du bist echt unausstehlich" ist sarkastisch, komisch, zutiefst traurig und ein schlicht umwerfend gut komponiertes Prosadebüt über flüchtigen Sex und dysfunktionale Beziehungen im Zeitalter der Dating-Apps, findet unser Rezensent Axel Schock.
Männerfreundschaften

Männerfreundschaften

Wie schwul waren eigentlich Goethe und seine Zeitgenossen? Inspiriert von Robert D. Tobins geistesgeschichtlicher Studie „Warm Brothers – Queer Theory and the Age of Goethe“ (2000) geht Rosa von Praunheim in seinem neuen Film Homoerotik und -sexualität in der Weimarer Klassik auf den Grund. Briefwechsel, Lyrik und dramatische Texten aus der damaligen Zeit inszeniert er mit Schauspielern an den Orten ihres Entstehens; Interviews mit Literaturwissenschaftlern und Historikerinnen kommentieren die teilweise skurrilen Re-Enactments. Dennis Vetter über eine amüsante und überaus politische Geschichts-Collage, die kritisch auf die Gegenwart deutet – und morgen in den deutschen Kinos startet.
Becks

Becks

Neu als DVD und VoD: Nach der schmerzhaften Trennung von ihrer Freundin zieht die Folk-Musikerin Becks von Brooklyn zurück in ihre Heimatstadt St. Louis, um sich fernab vom New Yorker Künstler_innen-Trubel neu zu finden. Doch erstmal ist sie damit beschäftigt, mit ihrer streng katholischen Mutter die Fronten der sexuellen Freiheiten zu klären und mit Gitarrenunterricht etwas Geld zu verdienen. Ihre erste Schülerin ist ausgerechnet die schüchterne Elyse, die mit Becks altem High-School-Erzfeind Mitch verheiratet ist. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Freundschaft, die Elyses bisherigen Lebensentwurf gehörig ins Wanken bringt. Elizabeth Rohrbaugh und Daniel Powell haben sich für ihren Film "Becks" vom Leben der US-amerikanischen Singer/Songwriterin Alyssa Robbins inspirieren, von der auch die meisten der bittersüßen Liebeslieder im Film stammen. Neben dem berührenden Soundtrack wird "Becks" vor allem von seinem starken Darstellerinnen-Ensemble getragen. Unsere Autorin Natália Wiedmann hat sich vor allem von Hauptdarstellerin Lena Hall verzaubern lassen.
Suspiria

Suspiria

Nach seinem heiß geliebten schwulen Erweckungsfilm "Call Me by Your Name" hat sich Regisseur Luca Guadagnino das Remake eines italienischen Horror-Klassikers vorgenommen, Dario Argentos "Suspiria". Wie der berüchtigter Schlitzer-Film aus dem Jahr 1977 erzählt die Wiederverfilmung von einer jungen Amerikanerin, die als neue Schülerin an eine Ballettschule kommt und dort ins Zentrum einer mysteriösen Mordserie und die Fänge von satanischen Kräften gerät. Guadagnino verlegt die Handlung von Freiburg nach West-Berlin, verortet den Film dezidiert im Deutschen Herbst 1977 und macht aus der Balletschule einen lesbischen Hort und eine Welt quasi ohne Männer. Unser Autor und Horrorfilmexperte Jörg Buttgereit freut sich zwar über körperliche Exzesse und Tilda Swinton in einer unheimlichen Doppelrolle, ist von Guadagninos queerem Gegenentwurf aber nicht vollends überzeugt, vor allem weil er einen zwiespältigen Reiz des Originals vermisst.
Hard Paint

Hard Paint

Schon in ihrem Coming-of-Age-Film "Seashore" (2015) und der vierteiligen Mini-Serie "Das Nest" (2016) haben die beiden jungen Regisseure Filipe Matzembacher und Marcio Reolon in aufregenden und realistischen Bildern vom queeren Leben in Brasilien, genauer gesagt ihrer Heimatstadt Porto Alegre, erzählt. In der Metropole im Süden des weiten Landes spielt auch ihr zweiter Langfilm "Hard Paint", der von einem introvertierten jungen Mann handelt, der sein Geld in Sex-Cam-Chats verdient und doch nach etwas ganz anderem sucht. Im Februar wurde "Hard Paint" auf der Berlinale mit dem Teddy ausgezeichnet, am Donnerstag startet der Film bei uns im Kino. Unser Autor Sebastian Markt findet sich wieder in einem Rausch neonfarbener Bilder und sich bewegender, begehrender Körper.
Latin Boys Go to Hell

Latin Boys Go to Hell

Rund 20 Jahre nach seiner Uraufführung erscheint der queere Klassiker „Latin Boys Go to Hell“ (1997) von Ela Troyano in einer restaurierten Fassung auf DVD. Das stilistisch wilde Melodram über die Leiden junger Latinos im tiefsten Brooklyn heute zu sehen, funktioniert einwandfrei und macht sogar Sinn, findet unser Autor Dennis Vetter. Denn die Regisseurin glaubt nicht an die Abgeschlossenheit von Geschichte und Identität, sondern an kulturelle Bewegungen. Eine Wiederbegegnung.
Lesbisch schwule Filmtage Hamburg 2018

Lesbisch schwule Filmtage Hamburg 2018

Nach fünf prall gefüllten Festivaltagen mit 65 Filmvorstellungen und insgesamt 123 Lang- und Kurzfilmen sind am Wochenende die 29. Lesbisch schwulen Filmtage Hamburg zu Ende gegangen. Den Jurypreis des größten und ältesten queeren Filmfestivals Deutschlands hat in diesem Jahr der libanesische Essayfilm „Room for a Man“ von Anthony Chidiac gewonnen. Eine lobende Erwähnung ging an den Dokumentarfilm „Silvana“ des schwedischen Regiekollektivs von Olivia Kastebring, Mika Gustafson und Christina Tsiobanelis. Den Publikumspreis erhielt das lesbische Liebesdrama „My Days of Mercy“ von Tali Shalom-Ezer mit Ellen Page und Kate Mara in den Hauptrollen. Für sissy waren Britta Voß, Nilufar Karkhiran-Khozani, Doreen Kropp und Klaus Braeuer auf dem Festival unterwegs und präsentieren uns hier ihre Entdeckungen.