Noemi Yoko Molitor (Autorin)

Life Is Not a Competition, But I’m Winning

Life Is Not a Competition, But I’m Winning

Wenn die Sportgeschichte von den Siegern geschrieben wird, wo bleiben dann all jene, die nie an den großen Wettbewerben teilnehmen durften? In Julia Fuhr Manns semidokumentarischem Debütfilm entert ein Kollektiv queerer Athlet:innen das Olympiastadion von Athen und ehrt dort diejenigen, für die das Siegerpodest niemals vorgesehen war. Sie treffen Amanda Reiter, eine trans Marathonläuferin, die mit den Vorurteilen der Sportveranstalter:innen zu kämpfen hat, und Annet Negesa, eine 800m-Läuferin, die von den internationalen Sportverbänden zu einer hormonverändernden Operation gedrängt wurde. Gemeinsam erschaffen sie eine radikale Utopie. Noemi Yoko Molitor über einen Film, der den normativen Machtgefällen, die der Leistungssport bis heute erzeugt, reparative Bilder und Gesten entgegensetzt.
Young Soul Rebels

Young Soul Rebels

London im Sommer 1977. Während sich die Stadt gerade auf die Feierlichkeiten zum Silbernen Thronjubiläum der Queen vorbereitet, basteln die schwulen Soul Boys und Piraten-DJs Chris und Caz an ihrem Radioprogramm, das sie von einer Garage heraus senden. Tagsüber müssen sie sich mit Skinheads herumschlagen, abends gehen sie in den angesagten Clubs tanzen. Doch als ein Freund beim Cruisen im Park ermordet wird, drohen die sozialen Spannungen im Viertel überzukochen. Isaac Juliens Film ist ein raffinierter Mix aus Thriller und schwulem Liebesdrama – und zeichnet ein authentisches Bild der britischen Jugendkulturen der späten 1970er Jahre. „Young Soul Rebels“ war bahnbrechend für das New Queer Cinema und das British Black Cinema der 1990er Jahre und kann nun endlich in restaurierter Fassung und zu den souligen Soundtrack-Klängen wiederentdeckt werden! Noemi Yoko Molitor dreht das Radio, in dem Funk als Selbstverteidigung zelebriert wird, ganz laut auf.
Wildhood

Wildhood

Neben dem schwedischen Liebesfilm „So Damn Easy Going“ läuft diesen Monat auch das kanadische Road Movie „Wildhood“ in der Queerfilmnacht. Bretten Hannam verknüpft darin die Suche eines Jungen nach seiner Mutter mit der Geschichte eines sexuellen Erwachens. „Wildhood“ wurde in der betörenden Landschaft von Nova Scotia gedreht, dem ehemaligen Stammesgebiet der Mi’kmaq, und teilweise auch in der Sprache des indigenen Volks. Nicht nur deswegen erzählt der Film für Noemi Yoko Molitor auch eine indigene Geschichte über das Verlieren und (Wieder-)Finden von Familie und kulturellem Wissen – eine Geschichte also, die im nordamerikanischen Kino noch viel zu selten erzählt wird.
Tru Love

Tru Love

Diven sind Mutterfiguren für queere Herzen. Meistens glänzen sie unter schwuler Regie, doch auch lesbische Erzählungen beschäftigen sich vermehrt mit ihnen. Das zeigt „Tru Love“ von Kate Johnston und Shauna MacDonald, der nun als Stream zum Ausleihen und Kaufen im Salzgeber Club zur Verfügung steht. Eine flamboyante tatsächliche Mutter lässt sich darin experimentierfreudig und ziemlich weit auf die beste lesbische Freundin der Tochter ein. Unsere Autorin Noemi Yoko Molitor hat den preisgekrönten kanadischen Film gesehen – und setzt ihn in Kontext zu anderen Geschichten über ungewöhnliche Mutter-Tochter-Beziehungen.
Sieben Filme des Jahres

Sieben Filme des Jahres

2017 war ein großartiges Jahr für das nicht-heterosexuelle Kino! Nachdem im Februar mit Barry Jenkins' Meisterwerk "Moonlight" erstmals – und trotz einiger Bühnenunruhen – ein offen schwuler Film mit dem Oscar für den besten Film ausgezeichnet worden war, liefen fast im Monatsrhythmus mitreißende queere Filme in den deutschen Kinos an: von Sebastián Lelios mit dem Teddy ausgezeichnetem Porträtfilm "Eine fantastische Frau" über die transsexuelle Marina und Francis Lees rauhem Liebesfilm "God's Own Country" bis zu Robin Campillos in Cannes gefeiertem Aids-Aktivismus-Drama "120 BPM". Wir haben für Euch unsere sieben Lieblingsfilme zusammengetragen und stellen Sie in Schlüsselmomenten und den Worten unserer Autor_innen noch einmal vor. Die Reise durch das queere Filmjahr führt uns in ein Dinner in Miami und in die Hochmoore Schottlands, auf eine Polizeistation in Santiago de Chile und die Untiefen der Wälder Nordportugals, in die Wildnis Montanas, ins gentrifizierte Brooklyn und in ein Schlafzimmer in Paris.
Ein Chanson für Dich

Ein Chanson für Dich

Isabelle Huppert singt wieder ­– in Rot! In „Ein Chanson für Dich“ (Originaltitel: „Souvenir“), dem neuem Film des „Noordzee, Texas“-Regisseurs Bavo Defurne, spielt sie eine ehemals gefeierte Sängerin, die sich schon lange aus dem Showbusiness zurückgezogen hat, als sie plötzlich mit der Möglichkeit eines Comebacks konfrontiert wird. Unsere Autorin Noemi Yoko Molitor findet, dass Dafurne damit eine der glaubwürdigsten Frauenfiguren jenseits der 50 entworfen hat, die es in den letzten Jahren im Kino zu sehen gab – auch weil Huppert diese Figur mit einer wundervollen Mischung aus abwartender Distanziertheit und verschrobener Würde belebt.
Moonlight

Moonlight

Nun startet er endlich in den deutschen Kinos, der erste mit dem Oscar für den Besten Film des Jahres ausgezeichnete Spielfilm mit nicht-heterosexueller Geschichte. Es gibt so viel Buzz und Gerede über „Moonlight“, über Oscars jetzt nicht mehr „so white“, schwule vs. queere Hauptfigur, den vermeintlichen Gegenentwurf zum „La La Land“, den Siegeszug eines Films aus mehrfacher Minderheitenposition heraus, dass unserer Text lieber wieder auf den Film selbst schauen möchte – auf sein Material, seinen Fluss, seine konstanten Transformationen. Es werden hoffentlich sowieso alle ins Kino gehen und sich selbst ein Bild machen. Von Noemi Yoko Molitor.
Alle Farben des Lebens

Alle Farben des Lebens

„Alle Farben des Lebens“ von Gaby Dellal ist Drama und Komödie. Er verspricht, ein Coming-Of-Age-Film über den Transjungen Ray zu sein (der englische Originaltitel lautet „About Ray“), will aber gleichzeitig – so verrät es wiederum der Arbeitstitel „Three Generations“ – eine Familienchronik über drei Generationen erzählen. Am Ende geht es immer weniger um Ray und immer mehr um eine erzählerisch nicht aufgelöste Idee von Zweigeschlechtlichkeit. Von Noemi Yoko Molitor.
Carol

Carol

Endlich: das große lesbische Melodram! Keine Infragestellung des Begehrens selbst, kein tragischer Ausgang, große Gefühle, A-Cast, Hollywood. Aber es brauchte fast 20 Jahre, um Patricia Highsmiths Kultroman „The Price of Salt“ angemessen auf die Leinwand zu bringen. Und die problematische Produktionsgeschichte ist, genauso wie die anschließende Ignoranz der amerikanischen Filmakademie gegenüber "Carol", vor allem ein Ausweis der Schwierigkeit, einen Film ohne männliche Hauptrollen in den Mainstream einzuspeisen. Auch dem weiblichen Begehren bleibt im Film nichts anderes übrig, als sich in den Spiegelungen der Oberflächen der heteronormativen Welt hinweg zu treffen. Von Noemi Yoko Molitor.
BFF – Beste Freundinnen für immer

BFF – Beste Freundinnen für immer

Das Beste aus einer geschenkten Paartherapie zu machen, ist nicht so einfach – vor allem, wenn man keinen Partner hat. Also nimmt Kat ihre beste Freundin mit zum idyllischen Therapie-Resort, und sie tun so als ob. Bis sie nicht mehr so tun können als ob. „BFF“ vermeidet jeden Sitcom-Klamauk, nimmt seine Heldinnen ernst und ist deshalb wirklich witzig. Von Noemi Yoko Molitor.