Kritiken (Film)

When Night Is Falling

When Night Is Falling

Queerfilmnacht im April, Teil 3: Camille arbeitet als Dozentin an einer christlichen Universität und ist mit ihrem Kollegen Martin verlobt. Nach der Hochzeit steht eine gemeinsame Beförderung für die zwei „Karrierechristen“ an. Doch Camille ist auf vage Art unglücklich, und dann stirbt auch noch ihr geliebter Hund. Als sie in einem Waschsalon unverblümt von der charismatischen Zirkusartistin Petra angeflirtet wird, ist da plötzlich ein ganz anderes, neues Gefühl. Die kanadische Regisseurin Patricia Rozema erzählt in sinnlichen Bildern von einer Frau, deren bisher von Ordnung und  Glauben bestimmtes Leben gehörig durcheinander gewirbelt wird. Jessica Ellen über die Wiederbegegnung mit einem Klassiker des lesbischen Kinos, der das Grundmuster des Liebesdreiecks raffiniert variiert und jetzt digital restauriert in neuem Glanz auf die Leinwand zurückkehrt.
Mädchen in Uniform

Mädchen in Uniform

„Mädchen in Uniform“ (1931) von Leontine Sagan gilt als erster Film der Filmgeschichte, der lesbische Liebe offen thematisierte, und ist im Monat der lesbischen Sichtbarkeit als einer von vier Klassikern in der Queerfilmnacht zu sehen. Das Drama über die Internatsschülerin Manuela, die innige Gefühle für ihre gutherzige Lehrerin Fräulein von Bernburg entwickelt, erinnert an den repressiven Wahn des preußischen Erziehungssystems und dessen zerstörerische Folgen. Beatrice Behn über einen bahnbrechenden und komplexen Film, der am Ende jedoch zwei Dinge voneinander trennt, die besser zusammengedacht werden sollten.
Fucking Åmål

Fucking Åmål

Am 26. April 2023 wird weltweit der Tag der lesbischen Sichtbarkeit gefeiert. Die Queerfilmnacht feiert nicht nur einen Tag, sondern einen ganzen Monat lang und bringt im April gleich vier Klassiker des lesbischen Kinos zurück auf die große Leinwand. sissy stellt sie Euch in den nächsten Tagen vor und legt mit Lukas Moodyssons „Fucking Åmål“ los. Es geht um Schmetterlinge im Bauch, das erste Mal und Coming-out – und all das geschieht in einem schwedischen Kaff, in dem sonst eigentlich nie was passiert. Esther Buss über einen noch immer wunderbaren Jugendfilm, der viel darüber erzählt, wie es sich Ende der 1990er Jahre angefühlt hat, als nicht-heteronormativer Mensch in der Provinz erwachsen zu werden.
Der Gymnasiast

Der Gymnasiast

Jetzt im Kino: In seinem neuen und bisher wohl persönlichsten Film erzählt Christophe Honoré („Chanson der Liebe“, „Sorry Angel“), vom schmerzhaften Erwachsenwerden eines Teenagers. Lucas ist 17 und kann es kaum abwarten, endlich das Internat und die Provinz hinter sich zu lassen, um nach Paris zu ziehen, wo sein großer Bruder Quentin lebt. Auch sein erster Freund Oscar wird ihn nicht davon abhalten. Doch ein tragischer Unfall reißt Lucas‘ hoffnungsvollen Blick auf die Welt in Stücke. Weil selbst seine Mutter ihn nicht trösten kann, macht er sich auf nach Paris, wo er eine Woche bei Quentin und dessen Mitbewohner Lilio wohnen wird. Neben den Kinostars Vincent Lacoste und Juliette Binoche glänzt Newcomer Paul Kircher als Lucas, der erst nach und nach eine Sprache für seine Wut findet und die große Stadt, die Liebe und das Leben instinktiv erkundet. Philipp Stadelmaier über einen hochgradig selbstreflexiven Film und Honorés romantisches Kino des unbedingten Wollens.
Der Sommer mit Anaïs

Der Sommer mit Anaïs

Anaïs promoviert gerade in Literaturwissenschaft, ist ständig in Bewegung und nie zufrieden. Halbherzig beginnt sie eine Affäre mit dem älteren Verleger Daniel. Doch bald findet Anaïs dessen Partnerin, die erfolgreiche Schriftstellerin Émilie, viel aufregender. Eine lesbische Romanze wie aus dem Bilderbuch beginnt – mit Liebe am Strand und sehnsüchtigem Briefwechsel. Nur Daniel könnte die sommerlich-unbeschwerte Stimmung noch vermiesen. Anstatt den heteronormativen und latent frauenfeindlichen Mustern zahlloser Filme über Dreiecksbeziehungen zu folgen, erzählt Charline Bourgeois-Tacquet ihr Langfilmdebüt „Der Sommer mit Anaïs“ konsequent aus der Perspektive der weiblichen Hauptfigur, schreibt Theresa Rodewald. Jetzt gibt es das Liebesdrama als DVD und VoD.
Mascarpone

Mascarpone

Nach über zehn Jahren Partnerschaft wird Antonio von seinem Ehemann verlassen. Er muss sich eine neue Bleibe und einen Job suchen – und fängt an, sich mit Online-Dates sexuell auszutoben. Doch es dauert nicht lang, bis sich der eine oder andere auch mehr mit Antonio vorstellen könnte... Die italienischen Regisseure Alessandro Guida und Matteo Pilati stellen in „Mascarpone“ dem Ideal der monogamen Zweierbeziehung die Vorzüge der sexuellen Unabhängigkeit gegenüber. Axel Schock über eine streckenweise unterhaltsame, insgesamt jedoch etwas üppig geratene schwule Beziehungskomödie, die es jetzt als DVD und VoD gibt.
So Damn Easy Going

So Damn Easy Going

Jetzt als DVD und VoD: In Joannas Kopf dreht eine Achtbahnfahrt wilde Loopings, alles ist ständig in Bewegung. Medizinisch gesagt: Sie hat ADHS. Mitten im Chaos steht plötzlich eine neue Klassenkameradin vor ihr, die coole und selbstbewusste Audrey. Und Joanna hat nicht mehr nur blitzende Gedanken, sondern auch ein wild pochendes Herz. In „So Damn Easy Going“ lässt uns der schwedische Regisseur Christoffer Sandler mit viel Humor und leuchtenden Bildern in die Erfahrungswelt seiner Hauptfigur eintauchen. Anne Küper hat sich von dem wunderbaren Zuviel des Films mitreißen lassen, weil genau das so gut passt zu dieser besonderen Liebesgeschichte.
Das Blau des Kaftans

Das Blau des Kaftans

Halim und Mina betreiben eine traditionelle Schneiderei in der Medina von Salé, einer der usrprünglichsten in Marokko. Um den Anforderungen der anspruchsvollen Kundschaft gerecht zu werden, heuern sie einen talentierten jungen Mann namens Youssef als Lehrling an. Mit der Zeit jedoch bemerkt Mina, wie sehr die Anwesenheit Youssefs ihren Mann berührt und er sich zu ihm hingezogen fühlt. „Das Blau des Kaftans“ von Maryam Touzani gewann letztes Jahr in Cannes den FIPRESCI-Preis in der Reihe „Un Certain Regard“ und ist jetzt in den deutschen Kinos zu sehen. Matthias Frings über ein Liebesdrama voll puren Sinnlichkeit.
Tár

Tár

Cate Blanchett spielt die begnatete amerikanische Dirigentin und Komponistin Lydia Tár, die als erste Frau ein großes deutsches Orchester leitet. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere bereitet die offen lesbische Musikerin die mit Spannung erwartete Einspielung von Gustav Mahlers 5. Sinfonie vor. Doch als sie mit dem Freitod eines ehemaligen Protegés in Verbindung gebracht wird, gerät ihre streng durchgetaktete Welt ins Wanken. Für ihre formidable Darstellung einer hochkomplexen Frauenfigur wird Cate Blanchett aller Wahrscheinlichkeit nach am Montag ihren dritten Oscar entgegennehmen. Barbara Schweizerhof über die vielen Schichten eines meisterhaften Dramas zwischen feministischem Porträt und abgründigem Geisterfilm.
North of Vortex & Caught Looking

North of Vortex & Caught Looking

Ein schwuler Dichter reist mit seinem Cabrio von New York nach Westen. Auf dem Weg nimmt er einen muskelbepackten Matrosen mit, später steigt eine Kellnerin zu. Der Dichter ist scharf auf den Matrosen, der Matrose auf die Kellnerin, die Kellnerin auf den Dichter. Constantine Giannaris’ „North of Vortex“ (1991) besticht durch traumhafte Schwarz-Weiß-Bilder und Beatnik-Romantik. Jetzt gibt es das Road Movie in digital restaurierter Fassung zusammen mit Giannaris’ Teddy-gekröntem futuristischem Kurzfilm „Caught Looking“ (1992) auf DVD und als VoD. Michael Kienzl schreibt über zwei wiederentdeckte Klassiker des queeren Kinos der 1990er Jahre, die beide mit rauer Poesie von unerfüllter Sehnsucht erzählen.