Das Ende der Unschuld

Zwischen Sommer und Herbst

Zwischen Sommer und Herbst

Heute Abend läuft bei rbb QUEER eine lesbische Romanze aus Deutschland, genauer gesagt aus Ostwestfalen. Lena ist 17, gerade mit der Schule fertig und voller abenteuerlicher Zukunftspläne. Doch die geraten erst einmal gehörig durcheinander, als ihr eines Nachts am Familienkühlschrank Eva begegnet, die neue Freundin ihres Bruders Jonas. Regisseur Daniel Manns erzählt in "Zwischen Sommer und Herbst" (24h00 im rbb) eine zarte, authentische Geschichte über das Erwachsenwerden und zwei junge Frauen, die erst die eigenen Unsicherheiten überwinden müssen, um als Paar eine Chance zu bekommen. Jessica Ellen hat den Film für uns gesehen.
Der Sommer von Sangailé

Der Sommer von Sangailé

Heute Abend geht es bei rbb QUEER nach Litauen, wo nicht-heterosexuelles Kino Seltenheitswert hat. Das eigentlich Besondere an "Der Sommer von Sangailé" (23h25 im rbb) ist aber, mit welcher Leichtigkeit die Regisseurin Alanté Kavaïté von panischer Höhenangst und der ersten großen Liebe, von selbstverletzenden Handlungen und weiblichem Erwachsenwerden in der baltischen Provinz erzählt, in der der Sowjetkommunismus noch heute sichtbare Spuren hinterlassen hat. Für ihren wildromantischen Coming-of-Age-Film wurde Kavaïté 2015 in Sundance mit dem Regie-Preis ausgezeichnet. Jessica Ellen hat ihn für uns besprochen.
Jonas

Jonas

Neu als DVD und VoD: Jonas ist 33 und arbeitet dort als Krankenträger. In seiner Freizeit lässt er sich von einem Sexdate zum nächsten treiben, nachts zettelt er in Clubs regelmäßig Streit an. Er kann nicht vergessen, was vor 18 Jahren mit ihm passiert ist, kann Nathan nicht vergessen, den coolen Jungen mit der Narbe im Gesicht, der im neuen Schuljahr plötzlich neben ihm saß und ihm kurz darauf seinen ersten Kuss gab. Und den er in einer verhängnisvollen Nacht für immer verlor. Regisseur Christophe Charrier verknüpft in seinem Film virtuos zwei Zeitebenen miteinander, auf denen er vom schwulen Heranwachsen im Frankreich der 90er, der ersten großen Liebe, von Scham, Schuld und einem gewaltigen, alles verzehrendes Trauma erzählt, das nach und nach an die filmische Oberfläche kommt wie die Erinnerung an einen düsteren Traum. In der Hauptrolle brilliert mit Félix Maritaud ("120 BPM", "Sauvage", "Messer im Herz") einer der derzeit angesagtesten jungen Darsteller des europäischen Kinos. Für unseren Autor Philipp Stadelmaier erzählt "Jonas" vor allem die Geschichte einer verlorenen Unschuld.
Das Mädchen mit den roten Haaren

Das Mädchen mit den roten Haaren

Benny ist 17 und lebt mit ihrem Vater, einem strenggläubigen Religionsgelehrten, in der jüdischen Gemeinde von Silwan, einem vorwiegend von Palästinensern bewohnten Stadtteil Ost-Jerusalems. Ihr Haar ist so rot wie das Fell des gerade zur Welt gekommenen Kalbs, von dem sich ihr Vater und seine Anhänger die lang ersehnte Erlösung versprechen. Benny soll sich um das Jungtier kümmern – dabei fühlt sie sich im religiösen Dogmatismus ihres Vaters, mit dem sie groß geworden ist, schon seit langem nicht mehr zuhause. Als die gleichaltrige Yael in die Gemeinde kommt, um dort ihren Wehrersatzdienst zu leisten, gerät Bennys streng geregeltes Leben gänzlich aus den Fugen: Plötzlich ist da ein körperliches Begehren, das ihren eigenen Glauben in Frage stellt – und noch mehr den des Vaters… Tsivia Barkai Yacov erzählt in ihrem Langfilmdebüt vom sexuellen Erwachen eines Mädchens, das nicht nur einen Familien- sondern auch einen Glaubens- und Ideologiekonflikt überwinden muss, um zu sich selbst zu finden. Auf dem Jerusalem Film Festival wurde "Das Mädchen mit den roten Haaren" mit gleich drei Preisen ausgezeichnet. Tania Witte hat den Film, den es jetzt als DVD und VoD gibt, für uns gesehen.
Sauvage

Sauvage

Ab jetzt im Kino: In seinem ersten Langfilm erzählt Camille Vidal-Naquet die Geschichte des 22-jährigen Léo, der in Straßburg lebt und als Stricher arbeitet. Nachts lässt sich Léo durch die Stadt treiben, tagsüber schläft er irgendwo für ein paar Stunden. Wenn es Ärger mit Freiern gibt, hilft ihm sein bester Freund Ahd. Aber der Partner, nach dem Léo sich sehnt, kann Ahd nicht für ihn sein. Für seine kompromisslose Darstellung eines jungen Mannes zwischen körperlicher Selbstausbeutung und einer unstillbarer Sehnsucht nach menschlicher Nähe wurde Félix Maritaud in Cannes mit dem Rising Star Award ausgezeichnet und als neue Hoffnung des französischen Kinos gefeiert. Unser Autor Sascha Westphal fühlt sich bei Léos rastloser Suche an die Hauptfiguren in Patrice Chéreaus "Der verführte Mann" (1983) und André Téchinés "Ich küsse nicht" (1991) erinnert – und nähert sich der zarten Rohheit von Vidal-Naquets Porträt deswegen über einen Rekurs auf das stolze Genre des französischen Stricherfilms an.
Der verlorene Sohn

Der verlorene Sohn

Der 19-jährige Jared (Lucas Hedges) wächst in einem Baptistenprediger-Haushalt in den amerikanischen Südstaaten auf – und ist schwul. Weil das aus der Sicht seiner strenggläubigen Eltern (Nicole Kidman, Russell Crowe) nicht zusammengeht, schicken sie den Sohn zu einer Konversionstherapie. Doch die "Behandlung" im Kreise der übrigen "Patienten" trägt andere Früchte, als sich die Eltern erhofft haben. Basierend auf dem gefeierten autobiografischen Roman "Boy Erased" von Garrard Conley erzählt das fein besetzte Drama (in Nebenrollen sind Xavier Dolan und Troye Sivan zu sehen) von den repressiven Lebensumständen von queeren Menschen im Bible Belt der USA – und der mutigen Selbstermächtigung eines jungen Mannes. Patrick Heidmann über einen Film, der in Trump-Amerika von bestürzender Aktualität ist.
Mein bester Freund

Mein bester Freund

Filmische Darstellungen der sexuellen Selbstfindung und des Coming-outs gibt es in zahlreichen Facetten. „Mein bester Freund“ von Martín Deus handelt von einer eher selten erzählten, aber vielen vertrauten Variante: Statt das erste romantische Verknalltsein stellt er eine liebevolle und intensive Jungsfreundschaft ins Zentrum seines Langfilmdebüts. Lorenzo und Caíto sind zwei Jugendliche, die beide mit ihren Gefühlen hadern und den jeweils anderen für einen kurzen gemeinsamen Abschnitt zum wichtigsten Menschen im Leben machen. Axel Schock über einen sensiblen Coming-of-Age-Film aus Argentinien, den es jetzt als DVD und VoD gibt.
Saturday Church

Saturday Church

Neu als DVD und VoD: Der 14-jährige Ulysses, ein Halbwaise aus der Bronx, wird in der Schule gnadenlos gemobbt, weil er anders ist als seine Mitschüler. Als ihm seine streng katholische Tante nach einem Streit aus dem Haus wirft, findet er Zuflucht in der Saturday Church, einer Gemeinschaft von queeren Jugendlichen und Transgender-Sexworker*innen, die sich einmal pro Woche in einer nahegelegenen Kirche trifft. Hier lernt Ulysses auch die New Yorker Voguing- und Ball-Room-Szene kennen, deren früher Ausprägung Jennie Livingston mit "Paris Is Burning" (1990) ein unvergessenes Denkmal gesetzt hat. Rajko Burchardt über einen Coming-of-Age-Film, der die wunderbaren eskapistischen Formen des Musicals nutzt, um eine berührende Geschichte vom Überwinden der Ausgrenzung, von nicht-heterosexuellen Wahlverwandschaften und queerer Selbstermächtigung zu erzählen.
Lesbisch schwule Filmtage Hamburg 2018

Lesbisch schwule Filmtage Hamburg 2018

Nach fünf prall gefüllten Festivaltagen mit 65 Filmvorstellungen und insgesamt 123 Lang- und Kurzfilmen sind am Wochenende die 29. Lesbisch schwulen Filmtage Hamburg zu Ende gegangen. Den Jurypreis des größten und ältesten queeren Filmfestivals Deutschlands hat in diesem Jahr der libanesische Essayfilm „Room for a Man“ von Anthony Chidiac gewonnen. Eine lobende Erwähnung ging an den Dokumentarfilm „Silvana“ des schwedischen Regiekollektivs von Olivia Kastebring, Mika Gustafson und Christina Tsiobanelis. Den Publikumspreis erhielt das lesbische Liebesdrama „My Days of Mercy“ von Tali Shalom-Ezer mit Ellen Page und Kate Mara in den Hauptrollen. Für sissy waren Britta Voß, Nilufar Karkhiran-Khozani, Doreen Kropp und Klaus Braeuer auf dem Festival unterwegs und präsentieren uns hier ihre Entdeckungen.
Marvin

Marvin

Martin Clement, geboren als Marvin Bijou, ist entkommen: dem Dorf seiner Kindheit, der Tyrannei seiner Eltern, den Schikanen seiner Mitschüler. In Paris, dem Ort seiner Zuflucht, bereitet er mit der Schauspielerin Isabelle Huppert die Uraufführung seines autobiographischen Debütdramas vor. Die Geschichte von Marvins schwuler und intellektueller Befreiung aus den Untiefen der französischen Provinz erinnert nicht zufällig an Édouard Louis' bahnbrechenden queeren Bildungsroman "Das Ende von Eddy" (2014). Inspiriert von der Biografie des Autors entwickelt Regisseurin Anne Fontaine in "Marvin" eine eigene, künstlerisch-humanistische Perspektive auf das Thema. Den berührenden Coming-of-Age-Film, der im vergangenen Jahr in Venedig mit dem Queer Lion ausgezeichnet wurde, gibt es jetzt auf DVD und VoD. Von Matthias Frings.