Articles Written By: Christian Weber

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The Celluloid Closet (1996)

The Celluloid Closet (1996)

Hollywood war immer queer! Doch bis 1968 war die Darstellung von Homosexualität im Kino verboten. Filmemacher:innen schafften es trotzdem immer wieder, queeres Begehren auf die Leinwand zu bringen. In „The Celluloid Closet“ (1996) blicken Rob Epstein und Jeffrey Friedman zurück auf 100 Jahre Filmgeschichte und rekonstruieren die Zeichen, Subtexte und Stereotypen des queeren Hollywoodkinos – mit Material aus 120 Filmklassikern sowie den Stimmen von Zeitzeug:innen wie Gore Vidal, Richard Dyer und Whoopi Goldberg. Jetzt ist der Film in digital restaurierter Fassung erhältlich. Beatrice Behn über ein hochgradig aktuelles Manifest, das offenlegt, wie weit sich das queere Mainstream-Kino entwickelt hat - und was dabei an Subversivität und Radikalität verloren gegangen sein könnte.
Mysterious Skin (2004)

Mysterious Skin (2004)

Zwei Jungen, zwei Wege: Der eine wird zum zurückgezogenen Verschwörungstheoretiker, der andere fängt irgendwann an, sich älteren Männern gegen Geld zum Sex anzubieten. „Mysterious Skin“ von Gregg Araki erzählt die Geschichte von Brian und Neil, deren gemeinsame Kindheit ein dunkles Geheimnis birgt. Während Brian versucht, seine verdrängte Vergangenheit durch Ufo-Fantasien zu verarbeiten, begegnet Neil ihr mit verklärter Direktheit. Ein schmerzhafter, verstörender Film über junge Menschen, die den Grausamkeiten, der Ignoranz und der Schwäche der Erwachsenen mit gegenseitiger Fürsorge begegnen. Die Geschichte eines Missbrauchs wird hier ganz aus der Perspektive der Opfer erzählt „Mysterious Skin“ sei hart und erschütternd, schreibt Andreas Köhnemann. „Aber nicht ohne Hoffnung.“
Love Club

Love Club

Dem queeren „Love Club“ in Mailand droht die Schließung. Vier Stammgäste stehen noch vor ganz anderen Herausforderungen: Wird Luz einen Weg für die Beziehung mit ihrer Freundin finden? Wird Tim seinem Traum als DJ folgen? Wird Rose sich trauen, auf der Bühne zu singen? Und wird Zhang die Dragqueen sein, die er schon immer sein wollte? Der Love Club ist die Bühne für ihr Leben: Ein Ort für Freundschaft, Liebe, Sex und viele unerwartete Wendungen. Die vierteilige Miniserie „Love Club“ ist eine Feier der queeren Partykultur, ihrer Sehnsüchte und Träume. Jetzt ist der italienische Hit als VoD in Deutschland zu sehen. Eine Serie, „die den Rausch der Nacht zelebriert und tagsüber die Scherben aufkehrt“, findet unser Autor Christian Horn.
Lesvia

Lesvia

Seit den 1970er Jahren zieht es Lesben aus aller Welt auf die Insel Lesbos, zum Geburtsort der antiken griechischen Dichterin Sappho. In dem Küstendorf Eressos entstand in den folgenden Jahrzehnten eine aktive lesbische Gemeinschaft, in der Frauen endlich offen und frei leben und lieben konnten. Die Künstlerin und Regisseurin Tzeli Hadjidimitriou wurde auf Lesbos geboren und sammelte für ihren Film „Lesvia“ jahrzehntelang Material, O-Töne, Anekdoten, Reisegeschichten, Fotos, Interviews und andere Belege von Lesbos und deren Besucherinnen aus aller Welt. Unsere Autorin Manuela Kay war selbst schon auf der Insel. Für sie ist „Lesvia“ nicht nur die faszinierende Erkundung eines lesbischen Sehnsuchtsorts und seiner Gemeinschaft, sondern auch ein Geschichtsfilm über 40 Jahre lesbischer Entwicklung in Europa, der zu unserer Grundausbildung gehören sollte. Im April ist er in der Queerfilmnacht zu sehen!
Escape to Life (2000)

Escape to Life (2000)

Erika Mann und ihr Bruder Klaus – die begabten Kinder des übermächtigen „Zauberers“ Thomas Mann – waren unzertrennlich. Ihre schillernden Biografien sind Ausdruck ihrer Zeit: Sie waren Schriftsteller:innen, homosexuelle Bohemiens, Schauspieler:innen, Reisende und überzeugte Antifaschist:innen. „Escape to Life“ erzählt die dramatische Lebensgeschichte des Geschwisterpaares und versammelt dabei die ganze Spannung, Hoffnung und Tragödie der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in sich: die liberalen 1920er Jahre, der Kampf gegen das Hitler-Regime und die Heimatlosigkeit. Andrea Weiss („Paris Was a Woman“) und Wieland Speck („Westler“) erzählen die eng verflochtenen Biografien von Klaus und Erika in gekonntem Wechsel von seltenen Archivaufnahmen, Interviews mit Zeitgenossen und Spielszenen nach Motiven von Klaus Mann. Andreas Wilink über eine faszinierende, vielschichtige Hommage an ein ungewöhnliches Geschwisterpaar, die sich jetzt in digital restaurierter Fassung neu entdecken lässt.
Ich kann nicht schlafen (1993)

Ich kann nicht schlafen (1993)

Hochsommer in Paris. Im 18. Arrondissement, zwischen Montmartre und Pigalle, kreuzen sich in den Tagen und Nächten die Wege dreier Menschen: Théo, dessen Familie aus Martinique kommt, schlägt sich als Handwerker durch. Sein jüngerer Bruder Camille ist der Star der Nacht in einer schwulen Bar. Und die junge Litauerin Daiga hat die ganze Strecke aus Vilnius mit dem Auto zurückgelegt, weil ein Theaterregisseur ihr falsche Hoffnungen gemacht hat. Im Netz der Stadt verfangen sich die Sehnsüchte der drei Außenseiter. Doch unter ihnen ist ein Mörder. „Ich kann nicht schlafen“, der dritte Spielfilm von Claire Denis („Beau Travail“, „Trouble Every Day“) aus dem Jahr 1993, ist ein Klassiker des queeren Kinos aus Frankreich: ein sinnliches Meisterwerk, in dem die einzelnen Geschichten die Erotik flüchtiger Fremdheit und die Sehnsucht nach einem anderen Leben umkreisen, ohne jemals die erzählerische Leichtigkeit zu verlieren. Eine Liebeserklärung von Jan Künemund.
Misericordia

Misericordia

Nach zehn Jahren kehrt Jérémie in seinen südfranzösischen Heimatort zurück, um an der Beerdigung des Dorfbäckers Jean-Pierre teilzunehmen. Als Teenager war Jérémie dessen Lehrling – und vielleicht noch mehr. Von Vincent, dem Sohn des Verstorbenen, wird Jérémie mit Argwohn und unterschwelligem Begehren empfangen. Die Bäckerswitwe Martine bietet ihm einen Schlafplatz an und sucht seine körperliche Nähe. Ambivalente sexuelle Spannungen erzeugt der Rückkehrer auch bei Bauer Walter und dem neugierigen Pfarrer Grisolles. Als Vincent spurlos verschwindet, fällt der Verdacht schnell auf Jérémie. Auch in seinem neuen Film „Misericordia“ spinnt Alain Guiraudie („Der Fremde am See“), der Meister der sinnlich-abgründigen Provinzerzählung, ein subtiles Netz aus gehemmter Lust und erotischen Manipulationen – und entwirrt es wieder mit skurrilen Wendungen und absurdem Humor. Fabian Schäfer über eine mythisch-spirituell aufgeladene Thriller-Komödie, die sich nicht für Genregrenzen interessiert und voll auf das Lustprinzip fokussiert.
Ludwig II. (1973)

Ludwig II. (1973)

Mit nur 18 Jahren besteigt Ludwig II. im Jahr 1864 den bayrischen Thron. Sein Interesse gilt weniger der Diplomatie als den schönen Künsten. Er wird zum großzügigen Förderer von Künstlern und Musikern, allen voran Richard Wagners. Ludwig wird von weiten Teilen seines Volks innig geliebt, ist aber vielen Politikern ein Dorn im Auge, weil er sich kaum um Regierungsgeschäfte kümmert und stattdessen riesige Prachtbauten beauftragt, die Unsummen verschlingen. Bei seiner Cousine Elisabeth „Sissi“ von Österreich findet er eine Seelenverwandte, die seine Liebe jedoch zurückweist. Sissi erkennt das Unheil, auf das ihr Cousin zusteuert, und drängt auf eine Verlobung mit ihrer Schwester Sophie. Aufgrund seiner „Verschwendungssucht“ wird Ludwig schließlich für geisteskrank erklärt und entmachtet. Er stirbt 1886 vereinsamt und unter mysteriösen Umständen am Starnberger See. Mit „Ludwig II.“ hat Luchino Visconti 1973 seine Deutschland-Trilogie abgeschlossen – und dem bayrischen Märchenkönig ein abgründiges filmisches Denkmal gesetzt. Viscontis Partner Helmut Berger glänzt als Regent, der sich zunehmend seinem homosexuellen Begehren hingibt und allmählich verfällt. Bergers Ludwig geht an einen Ort, an den ihn keiner mehr versteht, und der doch zugänglich erscheint, weil Visconti ihm nicht nur bereitwillig, sondern leidenschaftlich folgt. Carolin Weidner über ein filmisches Meisterwerk des Aufbegehren in der durchlebten Agonie.
Layla

Layla

London im Pride-Monat. Drag-Performer:in Layla tritt bei einem tristen Unternehmensevent auf, das sich Queerfreundlichkeit auf die Werbefahne geschrieben hat. Ausgerechnet hier wird Layla von dem jungen Marketing-Experten Max angeflirtet. Obwohl die beiden aus unterschiedlichen Welten kommen – Layla ist non-binär, hat palästinensische Wurzeln und lebt in einer aufregenden queeren Künstler:innen-Community; Max ist schwul, stammt aus einem konservativen britischen Elternhaus und hat vor allem Yuppie-Freunde – entwickelt sich zwischen ihnen ein regelrechter Liebesrausch. Doch als Layla versucht, sich der Lebenswelt von Max anzupassen, um für ihn „kompatibler“ zu sein, kommt es zu Konflikten. Was bedeutet es, jemanden zu lieben – und sollten wir dafür mitunter etwas von der eigenen Identität preisgeben? In „Layla“ erzählt Regisseur:in Amrou Al-Kadhi – selbst non-binär und Dragperformer:in in London mit irakischen Wurzeln – eine moderne Geschichte von zwei Menschen, die gerade wegen ihrer kulturellen, sozialen und sexuellen Differenzen zueinanderfinden und etwas Neues über sich selbst herausfinden. Anja Kümmel über ein mitreißendes Plädoyer dafür, zu sich selbst und füreinander einzustehen – allen (vermeintlichen) Erwartungen zum Trotz!
Cruising (1980)

Cruising (1980)

New York Ende der 70er Jahre: Eine brutale Mordserie erschüttert die schwule Leder- und SM-Szene, und der Täter kommt scheinbar aus den eigenen Reihen. Um die Verbrechen aufzuklären, wird der heterosexuelle Polizist Steve Burns als Lockvogel eingeschleust, da er optisch dem Typus der bisherigen Mordopfer entspricht. Ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel beginnt. Zurecht wurde William Friedkins berüchtigtem Crimethriller „Cruising“ Homophobie vorgeworfen – hassen sich darin die Schwulen doch so sehr, dass sie sich auf sadistische Weise gleich selbst umbringen. Doch für Peter Rehberg ist diese homofeindliche Botschaft so offensichtlich und lächerlich, dass eine Distanzierung nicht schwerfällt. Absolut sehenswert ist „Cruising“ noch heute, weil er ein faszinierendes Porträt der schwulen New Yorker Subkultur um 1980 zeichnet und mit einer Story voller Uneindeutigkeiten verwirrt. Über einen ambivalenten Klassiker des queeren Kinos.