Das Blau des Kaftans

Das Blau des Kaftans

Halim und Mina betreiben eine traditionelle Schneiderei in der Medina von Salé, einer der usrprünglichsten in Marokko. Um den Anforderungen der anspruchsvollen Kundschaft gerecht zu werden, heuern sie einen talentierten jungen Mann namens Youssef als Lehrling an. Mit der Zeit jedoch bemerkt Mina, wie sehr die Anwesenheit Youssefs ihren Mann berührt und er sich zu ihm hingezogen fühlt. „Das Blau des Kaftans“ von Maryam Touzani gewann letztes Jahr in Cannes den FIPRESCI-Preis in der Reihe „Un Certain Regard“ und ist jetzt in den deutschen Kinos zu sehen. Matthias Frings über ein Liebesdrama voll puren Sinnlichkeit.
Raphaela Edelbauer: Die Inkommensurablen

Raphaela Edelbauer: Die Inkommensurablen

Es klingt immer ein bisschen nach Verheißung, wenn über Raphaela Edelbauers dritten Roman „Die Inkommensurablen“ berichtet wird. Die NZZ schreibt, das Buch wirke „wie ein ‚Sissy‘-Film auf Drogen“, der Deutschlandfunk verspricht einen „traumnovellenartigen Trip“ in das queere, habsburgische Wien, die Autorin selbst spricht im Bücher-Podcast der FAZ über ihre Faszination für Stricherlokale, Halbweltfiguren und Opiumhöhlen im Wien kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Sebastian Galyga hat sich hineingeworfen in die fabulier- und formulierfreudige Welt der „Inkommensurablen“ – und eine Zeitreise erlebt, die mal vergnüglich, mal monströs, vor allem aber hochaktuell daherkommt.
Tár

Tár

Cate Blanchett spielt die begnatete amerikanische Dirigentin und Komponistin Lydia Tár, die als erste Frau ein großes deutsches Orchester leitet. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere bereitet die offen lesbische Musikerin die mit Spannung erwartete Einspielung von Gustav Mahlers 5. Sinfonie vor. Doch als sie mit dem Freitod eines ehemaligen Protegés in Verbindung gebracht wird, gerät ihre streng durchgetaktete Welt ins Wanken. Für ihre formidable Darstellung einer hochkomplexen Frauenfigur wird Cate Blanchett aller Wahrscheinlichkeit nach am Montag ihren dritten Oscar entgegennehmen. Barbara Schweizerhof über die vielen Schichten eines meisterhaften Dramas zwischen feministischem Porträt und abgründigem Geisterfilm.
Simon Froehling: Dürrst

Simon Froehling: Dürrst

Zwölf Jahre hat es gedauert, bis der Schweizer Autor und Dramaturg Simon Froehling seinem Erstling „Lange Nächte Tag“ aus dem Jahr 2010 ein zweites Buch folgen ließ. Ging es im Debüt um Sex, Drugs und die Suche nach Identität, geht es nun in „Dürrst“ um Kunst, Beziehungen und die Diagnose „bipolare Störung“ – all das erzählt mittels eines schwulen Protagonisten und mit explizit queerem Blick. Tobias Schiller findet, dass sich das Warten auf den neuen Froehling gelohnt hat.
North of Vortex & Caught Looking

North of Vortex & Caught Looking

Ein schwuler Dichter reist mit seinem Cabrio von New York nach Westen. Auf dem Weg nimmt er einen muskelbepackten Matrosen mit, später steigt eine Kellnerin zu. Der Dichter ist scharf auf den Matrosen, der Matrose auf die Kellnerin, die Kellnerin auf den Dichter. Constantine Giannaris’ „North of Vortex“ (1991) besticht durch traumhafte Schwarz-Weiß-Bilder und Beatnik-Romantik. Jetzt gibt es das Road Movie in digital restaurierter Fassung zusammen mit Giannaris’ Teddy-gekröntem futuristischem Kurzfilm „Caught Looking“ (1992) auf DVD und als VoD. Michael Kienzl schreibt über zwei wiederentdeckte Klassiker des queeren Kinos der 1990er Jahre, die beide mit rauer Poesie von unerfüllter Sehnsucht erzählen.
Bulldog

Bulldog

Jetzt im Kino: Der 21-jährige Bruno und seine nur 15 Jahre ältere Mutter Toni haben eine starke symbiotische Beziehung. Nichts und niemand hat Platz im chaotischen Leben der beiden – sie arbeiten sogar zusammen in einer Ferienanlage in Spanien. Doch als Tonis neue Partnerin Hannah in den gemeinsamen Bungalow zieht, steht das Verhältnis vor einer Zerreißprobe: Zum ersten Mal muss Bruno die Aufmerksamkeit seiner Mutter mit einer anderen Person teilen. Barbara Schweizerhof über einen Film, der tiefenpsychologisch fundiert von Liebe und Ablösung erzählt.
Girls Girls Girls

Girls Girls Girls

Rönkkö will endlich richtigen Sex haben. Mimmi ist da prinzipiell schon einen Schritt weiter, aber ansonsten ziemlich wütend. Zusammen arbeiten die Freundinnen in einem Smoothie-Laden. Als eines Tages die ehrgeizige Eiskunstläuferin Emma einen Drink bestellt, bröckelt Mimmis Toughness, und eine Party später lässt sie sich von Emma schon den dreifachen Lutz zeigen. Die finnische Regisseurin Alli Haapasalo erzählt in „Girls Girls Girls“ authentisch und mitreißend vom Jungsein und dem Gefühl, dass man einem anderen Menschen so nah sein will, dass es nicht reicht, nur seine Haut zu berühren. Anne Küper über einen Film, der weiß, wie Flirten und gute Smoothies gehen.
Close

Close

Léo und Rémi, beide 13 Jahre alt, sind beste Freunde und stehen sich nah wie Brüder. Sie sind unzertrennlich, vertrauen sich und teilen alles miteinander. Doch mit dem Ende des Sommers und dem Wechsel auf eine neue Schule gerät ihre innige Verbundenheit plötzlich ins Wanken – mit tragischen Folgen. „Close“ ist der zweite Film von „Girl“-Regisseur Lukas Dhont und wurde vergangenes Jahr in Cannes mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet. Andreas Wilink über ein Drama, das von einer besonderen Nähe erzählt und zu Tränen rührt.
Verzaubert

Verzaubert

Wie erlebten und überlebten Schwule und Lesben in den 1940er und 50er Jahren Verfolgung und Repressionen? Wie haben sie angesichts der gesellschaftlichen Ächtung und einer oftmals existentiellen Bedrohung geliebt, gefeiert und Beziehungen geführt? In „Verzaubert“ erzählen 13 Hamburger Lesben und Schwule von ihren Überlebensstrategien, heimlichen Rendezvous und großen Lieben, von Tarn-Ehen und mutigen Coming-outs. 30 Jahre nach der Uraufführung erscheint dieses bewegende Zeitdokument nun digital restauriert als DVD und VoD. Axel Schock hat den „Verzauberten“ ganz genau zugehört.
Christopher Isherwood: Begegnung am Fluss

Christopher Isherwood: Begegnung am Fluss

55 Jahre nach Erscheinen der englischen Originalausgabe von „A Meeting by the Lake“ und 42 nach der deutschen Erstübersetzung ist Christopher Isherwoods letzter Roman in einer Neuausgabe erschienen. Die Übersetzung stammt von Hans-Christian Oeser, wie schon jene für Isherwoods autobiografisch grundierte Erzählung „Die Welt am Abend“ vor drei Jahren. So ist aus dem einstigen „Treffen am Fluss“ eine „Begegnung am Fluss“ geworden und die Sprache wurde von ein paar altertümlichen Schlacken befreit. Übrig bleibt die Geschichte einer ambivalenten Hassliebe zweier ungleicher Männer vor indischer Kulisse. Marko Martin hat sich von der erstaunlich heutigen Geschichte des schwulen Kultautors irritieren, provozieren und anfrösteln lassen.