Douglas Stuart: Young Mungo

Douglas Stuart: Young Mungo

Es gibt ein Leben nach dem Booker Prize – und auf den ersten Blick ist das nicht mal großartig anders. Nach dem Weltbestseller „Shuggie Bain“ thematisiert auch Douglas Stuarts zweiter Roman „Young Mungo“ in schonungsloser Akribie den Alkoholismus, die Gewalt und die toxische Männlichkeit in den Armutsvierteln von Glasgow. Im Mittelpunkt steht auch diesmal ein autobiografisch grundierter Titelheld, der mit seiner Homosexualität erst mal klarkommen muss. Der Roman sei kein Sequel, betonte Stuart in einem Interview, bilde aber mit „Shuggie Bain“ ein Diptychon. In seine raue Welt einzutauchen ist nicht immer bequem, aber nötig, findet Marko Martin – der „Young Mungo“ nicht nur als perfektes Gegenmittel zu ideologischer Huschigkeit empfindet, sondern auch als starken Beitrag zur unterrepräsentierten Literatursparte der queeren Working-Class-Fiction.
Die Jungfrauenmaschine

Die Jungfrauenmaschine

„Filme wie der von Monika Treut vernichten das Kino“, schrieb 1988 die ZEIT. Gemeint war „Die Jungfrauenmaschine“, der heute natürlich völlig zu Recht als Klassiker des lesbischen Kinos aus Deutschland gilt – und im April in der Queerfilmnacht auf die große Leinwand zurückkehrt. Der Film erzählt von Dorothee Müller, einer jungen, naiven Hamburger Journalistin, die sich an eine Untersuchung über romantische Liebe macht und für belastbare Antworten bis ins abenteuerliche San Francisco reisen muss. Anne Küper folgt dem Film und seiner Regisseurin auf ihrer lustvollen Entdeckungstour, deren Ursprung auch viel über die engen sexuellen Grenzen im Deutschland der 1980er erzählt, und erkundet Treuts bahnbrechendes queeres Bastel-Prinzip.
The Five Devils

The Five Devils

Die achtjährige Vicky hat eine geheimnisvolle Gabe: Sie kann mit allerlei Zutaten jeden beliebigen Duft reproduzieren. Als eines Tages ihre lange verschwundene Tante auftaucht, will das Mädchen auch ihren Duft nachbauen – und stürzt dabei in eine Zeitreise, in der sie einem düsteren Geheimnis auf die Spur kommt. Der zweite Film der französischen Regisseurin Léa Mysius ist eine wunderbare wilde und stilsichere Mischung aus Mystery-Thriller, Familiendrama und queerer Liebesgeschichte. Cosima Lutz über einen Film, der vom Verstehenwollen, vom Begehren und einem großem Feuer erzählt, das alles verändert.
When Night Is Falling

When Night Is Falling

Queerfilmnacht im April, Teil 3: Camille arbeitet als Dozentin an einer christlichen Universität und ist mit ihrem Kollegen Martin verlobt. Nach der Hochzeit steht eine gemeinsame Beförderung für die zwei „Karrierechristen“ an. Doch Camille ist auf vage Art unglücklich, und dann stirbt auch noch ihr geliebter Hund. Als sie in einem Waschsalon unverblümt von der charismatischen Zirkusartistin Petra angeflirtet wird, ist da plötzlich ein ganz anderes, neues Gefühl. Die kanadische Regisseurin Patricia Rozema erzählt in sinnlichen Bildern von einer Frau, deren bisher von Ordnung und  Glauben bestimmtes Leben gehörig durcheinander gewirbelt wird. Jessica Ellen über die Wiederbegegnung mit einem Klassiker des lesbischen Kinos, der das Grundmuster des Liebesdreiecks raffiniert variiert und jetzt digital restauriert in neuem Glanz auf die Leinwand zurückkehrt.
Fucking Åmål

Fucking Åmål

Am 26. April 2023 wird weltweit der Tag der lesbischen Sichtbarkeit gefeiert. Die Queerfilmnacht feiert nicht nur einen Tag, sondern einen ganzen Monat lang und bringt im April gleich vier Klassiker des lesbischen Kinos zurück auf die große Leinwand. sissy stellt sie Euch in den nächsten Tagen vor und legt mit Lukas Moodyssons „Fucking Åmål“ los. Es geht um Schmetterlinge im Bauch, das erste Mal und Coming-out – und all das geschieht in einem schwedischen Kaff, in dem sonst eigentlich nie was passiert. Esther Buss über einen noch immer wunderbaren Jugendfilm, der viel darüber erzählt, wie es sich Ende der 1990er Jahre angefühlt hat, als nicht-heteronormativer Mensch in der Provinz erwachsen zu werden.
Der Sommer mit Anaïs

Der Sommer mit Anaïs

Anaïs promoviert gerade in Literaturwissenschaft, ist ständig in Bewegung und nie zufrieden. Halbherzig beginnt sie eine Affäre mit dem älteren Verleger Daniel. Doch bald findet Anaïs dessen Partnerin, die erfolgreiche Schriftstellerin Émilie, viel aufregender. Eine lesbische Romanze wie aus dem Bilderbuch beginnt – mit Liebe am Strand und sehnsüchtigem Briefwechsel. Nur Daniel könnte die sommerlich-unbeschwerte Stimmung noch vermiesen. Anstatt den heteronormativen und latent frauenfeindlichen Mustern zahlloser Filme über Dreiecksbeziehungen zu folgen, erzählt Charline Bourgeois-Tacquet ihr Langfilmdebüt „Der Sommer mit Anaïs“ konsequent aus der Perspektive der weiblichen Hauptfigur, schreibt Theresa Rodewald. Jetzt gibt es das Liebesdrama als DVD und VoD.
Mascarpone

Mascarpone

Nach über zehn Jahren Partnerschaft wird Antonio von seinem Ehemann verlassen. Er muss sich eine neue Bleibe und einen Job suchen – und fängt an, sich mit Online-Dates sexuell auszutoben. Doch es dauert nicht lang, bis sich der eine oder andere auch mehr mit Antonio vorstellen könnte... Die italienischen Regisseure Alessandro Guida und Matteo Pilati stellen in „Mascarpone“ dem Ideal der monogamen Zweierbeziehung die Vorzüge der sexuellen Unabhängigkeit gegenüber. Axel Schock über eine streckenweise unterhaltsame, insgesamt jedoch etwas üppig geratene schwule Beziehungskomödie, die es jetzt als DVD und VoD gibt.
So Damn Easy Going

So Damn Easy Going

Jetzt als DVD und VoD: In Joannas Kopf dreht eine Achtbahnfahrt wilde Loopings, alles ist ständig in Bewegung. Medizinisch gesagt: Sie hat ADHS. Mitten im Chaos steht plötzlich eine neue Klassenkameradin vor ihr, die coole und selbstbewusste Audrey. Und Joanna hat nicht mehr nur blitzende Gedanken, sondern auch ein wild pochendes Herz. In „So Damn Easy Going“ lässt uns der schwedische Regisseur Christoffer Sandler mit viel Humor und leuchtenden Bildern in die Erfahrungswelt seiner Hauptfigur eintauchen. Anne Küper hat sich von dem wunderbaren Zuviel des Films mitreißen lassen, weil genau das so gut passt zu dieser besonderen Liebesgeschichte.
Das Blau des Kaftans

Das Blau des Kaftans

Halim und Mina betreiben eine traditionelle Schneiderei in der Medina von Salé, einer der usrprünglichsten in Marokko. Um den Anforderungen der anspruchsvollen Kundschaft gerecht zu werden, heuern sie einen talentierten jungen Mann namens Youssef als Lehrling an. Mit der Zeit jedoch bemerkt Mina, wie sehr die Anwesenheit Youssefs ihren Mann berührt und er sich zu ihm hingezogen fühlt. „Das Blau des Kaftans“ von Maryam Touzani gewann letztes Jahr in Cannes den FIPRESCI-Preis in der Reihe „Un Certain Regard“ und ist jetzt in den deutschen Kinos zu sehen. Matthias Frings über ein Liebesdrama voll puren Sinnlichkeit.
Raphaela Edelbauer: Die Inkommensurablen

Raphaela Edelbauer: Die Inkommensurablen

Es klingt immer ein bisschen nach Verheißung, wenn über Raphaela Edelbauers dritten Roman „Die Inkommensurablen“ berichtet wird. Die NZZ schreibt, das Buch wirke „wie ein ‚Sissy‘-Film auf Drogen“, der Deutschlandfunk verspricht einen „traumnovellenartigen Trip“ in das queere, habsburgische Wien, die Autorin selbst spricht im Bücher-Podcast der FAZ über ihre Faszination für Stricherlokale, Halbweltfiguren und Opiumhöhlen im Wien kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Sebastian Galyga hat sich hineingeworfen in die fabulier- und formulierfreudige Welt der „Inkommensurablen“ – und eine Zeitreise erlebt, die mal vergnüglich, mal monströs, vor allem aber hochaktuell daherkommt.