Boys Club

Happy Together (1997)

Happy Together (1997)

Die Beziehung der zwei jungen Hongkonger Fai und Po-Wing ist zerrüttet. Eine gemeinsame Reise nach Argentinien soll ihre Beziehung retten. Doch nach einem Streit trennen sich ihre Wege und beide stranden in Buenos Aires. Fai wird Türsteher einer Tangobar, Po-Wing hält sich als Callboy über Wasser. Eines Abends erscheint Po-Wing blutend und schwer verletzt wieder bei Fai vor der Tür. Ist das die Chance auf einen Neuanfang? Ein hypnotisierender Blick in einen Wasserfall, eine unvergessliche Taxifahrt, ein letzter Tango – für sein Drama über die Höhen und Tiefen einer großen schwulen Liebe schuf Wong Kar Wai mit den betörenden Bildern seines Kameramann Christopher Doyle und seinen fabelhaften Hauptdarstellern Leslie Cheung und Tony Leung einige der magischsten Momente des queeren Kinos. Für Philipp Stadelmaier schwelgt „Happy Together“ in den träumerischen Farben der Erinnerung einer schon vergangenen Geschichte – aber nur, um dieses imaginäre Territorium zu verlassen und ihm ein neues reales abzugewinnen.
Sebastian

Sebastian

Tagsüber arbeitet Max bei einem Literaturmagazin, nachts lässt er sich unter dem Pseudonym „Sebastian“ als Escort buchen. Seine Erfahrungen als Sexworker in London fließen in seine Kurzgeschichten ein, die immer mehr Leser:innen erfreuen. Während Max versucht, sein Doppelleben geheim zu halten, muss er sich langsam eingestehen, dass sich die Rolle des Escort nicht ganz falsch anfühlt. „Sebastian“ von Mikko Mäkelä ist ein bemerkenswert sexpositiver Film, der in Transgression und Kinkyness Momente der Befreiung findet, ohne die komplexen Mechanismen und Gefahren von Sexarbeit außer Acht zu lassen. Christian Horn über ein Selbstfindungsdrama zwischen Fiktion und Wirklichkeit, das im Dezember in der Queerfilmnacht zu sehen ist.
Another Country (1984)

Another Country (1984)

Sommer 1932. Der adelige Internatsschüler Guy Bennett hat die Chance, zu den „Lords“ aufzusteigen – eine innerschulisch herrschende Elite-Gemeinschaft, denen alle Türen für die berufliche Zukunft offen stehen. Doch Guys Affäre mit den jüngeren Mitschüler Harcourt gefährdet den Aufstieg, da die Schule Homosexualität nur bedingt duldet. Mit leuchtenden Bildern und Cambridge-Romantik ebnete Marek Kanievskas sinnliches Internatsdrama „Another Country“ die Karrieren von Rupert Everett und Colin Firth. Matthias Frings ist 40 Jahre später noch einmal in den filmischen College-Kosmos eingetaucht und fördert hinter dem Schmelz der idyllischen Genrebilder eine bis heute faszinierende Abgründigkeit und Gesellschaftskritik zutage.
Baldiga – Entsichertes Herz

Baldiga – Entsichertes Herz

West-Berlin 1979. Jürgen Baldiga, Sohn eines Essener Bergmanns, ist gerade in die Stadt gezogen und beschließt, Künstler zu werden. Mit seiner HIV-Infektion entdeckt er 1984 die Fotografie. Seine Bilder zeigen seine Freunde und Lover, wilden Sex und das Leben auf der Straße und immer wieder die lustvollen Tunten des Schwulenclubs SchwuZ, die zu seiner Wahlfamilie werden. Zwischen Verzweiflung und Begehren, Auflehnung und unbändigem Überlebenswillen wird Baldiga im Angesicht des nahen eigenen Todes zum Chronisten der West-Berliner Subkultur. Als er 1993 im Alter von 34 Jahren stirbt, hinterlässt er ein einzigartiges künstlerisches Vermächtnis. Entlang von Baldigas poetischen Tagebüchern und schonungslosen Bildern sowie über die Erinnerungen von Wegbegleiter:innen zeigt „Baldiga – Entsichertes Herz“ den Künstler nicht nur als bahnbrechenden Fotografen, sondern auch als Aids-Aktivisten und engagierten Kämpfer gegen die Stigmatisierung schwuler Lebensentwürfe. Peter Rehberg, der unter anderem vier Jahre lang das Archiv des Schwulen Museums geleitet hat, wo Baldigas Nachlass lagert, schreibt über einen Film, der Baldigas radikales Leben und seine kompromisslose Kunst in prägnante Kinobilder überträgt.
Mein wunderbarer Waschsalon (1985)

Mein wunderbarer Waschsalon (1985)

London Mitte der 1980er Jahre. Der junge Britisch-Pakistaner Omar übernimmt den abgewrackten Waschsalon seines Onkels und möbelt ihn zusammen mit dem arbeitslosen Skinhead Johnny wieder auf – sehr zum Unmut von Johnnys alten rechtsextremen Kumpels. Und dann verlieben sich Omar und Johnny ineinander... Stephen Frears humorvolle Abrechnung mit Margaret Thatchers neokonservativer Wirtschafts- und Sozialpolitik war 1985 ein Überraschungshit, machte Daniel Day-Lewis zum Star und gilt heute völlig zurecht als einer der großen Klassiker des queeren Kinos aus Großbritannien. Fabian Schäfer über einen Film, der so vielschichtig und befreit queere und soziale Themen verhandelt, dass er bis heute äußerst sehenswert ist.
BOY

BOY

Tobias ist 16 und muss die Ferien bei seinen Großeltern verbringen. Auf seinen Streifzügen durch das Dorf begegnet der junge Skater dem Sexworker Jonas und lernt den Maler Aron kennen. Zwischen Tobias und Aron entwickelt sich eine vorsichtige Beziehung. Doch dann verfällt der Teenager wieder in alte Gewohnheiten: Er gibt sich die Schuld an Dingen, die vermeintlich falsch laufen. Mitreißend porträtiert der dänische Regisseur Søren Green in seinem ersten Langfilm einen Jugendlichen, der sich selbst verletzt, um seine Gefühle der Verlassenheit und Einsamkeit zu kontrollieren. Andreas Köhnemann über einen Coming-of-Age-Film, der seine abgründige Geschichte in einer sommerlich-hellen Kulisse erzählt und mit großer Empathie auf seine Figuren blickt.
Der Senator

Der Senator

Der junge Renan wird von dem populären Senator Arthur Alencar ausgehalten. Dass der Politiker seinen Toyboy geheim hält und öffentlich heteronormative Familienwerte verteidigt, akzeptiert dieser schweren Herzens. Doch als Renan den attraktiven Enthüllungsjournalisten Victor kennenlernt, kommen ihm Zweifel. Kann er sich aus den Fängen des Senators befreien? Regisseur Mauro Carvalho erzählt in „Der Senator“ von einer Beziehung, in der sich eine anfängliche Leidenschaft in eine emotionale und finanzielle Abhängigkeit entwickelt hat, und hält der Bigotterie konservativer Politiker einen entlarvenden Spiegel vor. Andreas Köhnemann über einen aufreizenden Genrefilm zwischen Crime-, Romantik- und Softcore-Unterhaltung, der das Erzählmuster der nicht sonderlich queeren US-Erotikthriller der 1990er Jahre in einen schwulen südamerikanischen Kosmos überträgt.
Young Soul Rebels (1991)

Young Soul Rebels (1991)

London im Sommer 1977. Während sich die Stadt gerade auf die Feierlichkeiten zum Silbernen Thronjubiläum der Queen vorbereitet, basteln die schwulen Soul Boys und Piraten-DJs Chris und Caz an ihrem Radioprogramm, das sie von einer Garage heraus senden. Tagsüber müssen sie sich mit Skinheads herumschlagen, abends gehen sie in den angesagten Clubs tanzen. Doch als ein Freund beim Cruisen im Park ermordet wird, drohen die sozialen Spannungen im Viertel überzukochen. Isaac Juliens Film ist ein raffinierter Mix aus Thriller und schwulem Liebesdrama – und zeichnet ein authentisches Bild der britischen Jugendkulturen der späten 1970er Jahre. „Young Soul Rebels“ war bahnbrechend für das New Queer Cinema und das British Black Cinema der 1990er Jahre. Noemi Yoko Molitor dreht das Radio, in dem Funk als Selbstverteidigung zelebriert wird, ganz laut auf.
Sunflower

Sunflower

In einem Vorort von Melbourne führt der 17-jährige Italo-Australier Leo ein typisches Teenager-Leben: Er quält sich durch die Schultage, treibt Sport, chillt mit seinen Freunden und knutscht mit seiner Freundin. Dass er eigentlich auf Typen steht, will er sich selbst noch nicht richtig eingestehen. Doch er fühlt sich immer mehr zu seinem besten Freund Boof hingezogen. Als Gerüchte über seine Sexualität in der Schule die Runde machen und der heteronormative Druck immer größer wird, muss Leo Position beziehen. In seinem Debütfilm „Sunflower“ erzählt Gabriel Carrubba voller Empathie von der bewegenden Zeit in unseren Leben, in der sich alles – Scham und Wut, Liebe und Hoffnung – einfach überwältigend anfühlt. Christian Horn über eine optimistische und einfühlsame Ode für jugendliche Selbstakzeptanz.
Jungs vom Lande

Jungs vom Lande

Leere Dörfer, vertrödelte Nachmittage und die Fantasie, ganz woanders zu sein. Mit präzisem Blick und tief atmosphärischen Bildern zeigt Gaël Lépingle in „Jungs vom Lande“ queeres Leben abseits der großen Metropolen als eine sommerschwüle Mischung aus wilden Wünschen und romantischen Abenteuern: Youcef arbeitet in einem Nachtclub, in dem eigentlich nie etwas passiert. Als eines Abends eine queere Performancetruppe in der Kleinstadt Halt macht, ist er schockverliebt. Ein junger Mann läuft mit hohen Absätzen durch das Dorf, das er eigentlich für immer verlassen will. Und auf einem abgelegenen Hof hat sich Jonas mit einem Unbekannten verabredet, um mit ihm erotische Fotos in historischer Maskerade zu machen. Andreas Wilink über einen fein beobachtenden Film der peripheren Begegnungen und großen Sehnüchte, den es jetzt als DVD und VoD geht.