Auf DVD

Dyke Hard

Dyke Hard

Bitte Andersson, Comicautorin und Mitbegründerin eines queerfeministischen Buchladenkollektivs in Stockholm, zelebriert in ihrem mega-campen Uni-Abschlussfilm „Dyke Hard“ genussvoll die bunte MTV-Ästhetik und Mode der 80er Jahre. Ihr wilder Genremix wirft mit schrillen Filmzitaten nur so um sich, demonstriert einen ausgeprägten Sinn für inklusive und queere Repräsentation und beweist in bester B-Movie- und DIY-Tradition, dass es in einem Kollektiv auch ohne Geld möglich ist, einen unterhaltsamen Film zu drehen. Let’s glam rock 'n' dildo! Von Aileen Pinkert.
Mein Bruder, der Held

Mein Bruder, der Held

In dem thailändischen Coming-Age-Drama „Mein Bruder, der Held“ ist Schwul- oder Transsein ganz selbstverständlich – aber auch Standesdenken, Korruption und mafiöse Strukturen. Der Debütfilm des koreanisch-amerikanischen Regisseurs Josh Kim wurde 2015 im Panorama der Berlinale uraufgeführt, vielfach ausgezeichnet und von Thailand ins Oscar-Rennen geschickt. Bei uns ist der Film über zwei Waisenbrüder, deren Schicksal ein Los bestimmt, vor kurzem auf DVD erschienen. Von Micha Schulze.
A Bigger Splash

A Bigger Splash

In Jack Hazans Film „A Bigger Splash“ stellt David Hockney einen Künstler namens David Hockney dar, der versucht, ein Portrait jenes Liebhabers anzufertigen, von dem er eben verlassen worden ist. Weder schlicht Dokument noch bloß Fantasie, ist der Film eine dem Leben abgetrotzte Fiktion, deren Intimität auf den sich selbst Darstellenden Hockney eine solch schockierende Wirkung hatte, dass dieser erst von seinem Umfeld dazu bewogen werden musste, einer Veröffentlichung zuzustimmen. Was heute davon bleibt, ist das Porträt eines Künstlers, einer Zeit und einer Szene, eine melancholische Liebesgeschichte, ein Werk von wunderbarer Hybridität. Von Sebastian Markt.
Hockney

Hockney

David Hockney ist einer der erfolgreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Randall Wright hat eine Filmbiografie über ihn angefertigt, die Hockneys Leben im wahrsten Sinne des Wortes festzuhalten versucht. Für den Maler waren Hollywoodfilme in seiner Jugend Erweiterungen eines zu klein empfundenen Raums – ob er sich „Hockney“ im Kino angesehen hätte? Von Jan Künemund.
Eisenstein in Guanajuato

Eisenstein in Guanajuato

Film ist ein Medium, das viel zu reich ist, um es den Geschichtenerzählern zu überlassen, sagt Peter Greenaway. Kein Wunder, dass Sergej Eisenstein als Verbündeter in der kontrollierten Bilderrauschproduktion sein großes Vorbild ist. Greenaways Spielfilm über Eisenstein ist deshalb auch ein Versuch über visuelle Intelligenz, über das wilde Assoziieren und die Lächerlichkeit von selbstauferlegten Grenzen – an die „Eisenstein in Guanajuato“ nicht zuletzt mit dem Novum rüttelt, den Meisterregisseur als praktizierenden Homosexuellen zu zeigen, der sich beim Filmdreh in Mexiko nicht nur der kulturell codierten Sinnlichkeit, sondern auch seinem attraktiven und hilfreichen mexikanischen Führer lustvoll hingibt. Eine Ohrfeige für Putin, freute sich die westliche Filmpresse. Doch ist Greenaways Annäherung an sein Vorbild viel zu intim und viel zu komplizenhaft, um es zur bloßen Skandalnudel zu machen. Von Fritz Göttler.
Dunkler als die tiefste Nacht

Dunkler als die tiefste Nacht

Die italienische Drag Queen Fuxia hat die Geschichte ihrer sizilianischen Kindheit und Jugend erzählt, der Regisseur Sebastiano Risio daraus einen Film gemacht. Er handelt von den entscheidenden Jugend- und Wanderjahren des 14-jährigen Davide, der vor seinem prügelnden Vater in den Rotlichtbezirk Catanias flieht, wo ihn eine wilde Strichertruppe bei sich aufnimmt und ihm Raum zum Durchatmen und zur Selbstfindung gibt. Mit ihrer Wärme, die ganz ohne pittoreske Verschönerungen funktioniert, hat es diese Geschichte bis nach Cannes geschafft, wo "Dunkler als die tiefste Nacht" 2014 in der Semaine de la Critique gefeiert wurde. Von Matthias Frings.
Sand Dollars

Sand Dollars

Geraldine Chaplin, Autorenfilmikone mit strahlendem Lächeln und tieftraurigen Augen, bekommt nur noch selten Gelegenheit, ihre große Kunst zu zeigen. In Spanien, wo die Schauspielerin seit ihrer Zusammenarbeit mit Carlos Saura in 1970ern ein Star ist, sei sie mittlerweile auf die Rolle der gruseligen Alten festgesetzt, erzählte sie kürzlich in einem Interview. In dem karibischen Liebesdrama „Sand Dollars“, ihrer ersten Hauptrolle seit einer gefühlten Ewigkeit, darf sie endlich wieder ganz andere Sachen machen als unheimlich gucken. Von Maike Schultz.
45 Years

45 Years

In „45 Years“, dem neuen Film von Andrew Haigh („Weekend“, „Looking“), gerät der gemeinsame Lebensabend eines Paars in eine unvermutete Krise, die so grundsätzliche Formen annimmt, das sich 45 Jahre Ehe plötzlich wie eine Lüge anfühlen. Der überaus präzise gearbeitete Film mag seine Figuren viel zu sehr, um eine Kritik an der Institution selbst anzubringen, aber die schleichend fortschreitende existentielle Verunsicherung ist großartig inszeniert. Charlotte Rampling und Tom Courtenay erhielten auf der Berlinale die beiden Darstellerpreise. Von Jan Künemund.
Sleepless Knights

Sleepless Knights

In der surrealen Landschaft der spanischen Extremadura erzählen Cristina Diz und Stefan Butzmühlen in ihrem Debütfilm „Sleepless Knights“ vom Aufeinandertreffen und Aneinander-Vorbeileben einer alten, starren, verpanzerten Dorfbevölkerung und eines jungen schwulen Paares, das die Jugendarbeitslosigkeit aus den Metropolen aufs Land getrieben hat. Nikolaus Pernetzky hat unterhalb der großen Scheinwerfer der Massenkultur in diesem Film die Beständigkeit kleiner Lichtquellen entdeckt. Und die Filmemacherin Angela Schanelec schwärmt über einen Film, in dem vom ersten Bild an alles möglich ist.
Saint Laurent

Saint Laurent

„Ich hasse Biopics“, ließ sich Regisseur Bertrand Bonello zitieren, als die Pläne eines weiteren, nämlich seines, Films über Yves Saint Laurent bekannt wurden, nachdem die vom Saint-Laurent-Nachlassverwalter und -Lebensgefährten abgesegnete (und rechtschaffend öde) Version „Yves Saint Laurent“ bereits in den letzten Produktionszügen war. Seine Annäherung an die somit schon heiliggesprochene queere Figur der internationalen Modegeschichte versucht dann auch etwas ganz anderes, etwas Unmögliches vielleicht: ein queeres Pic über das Monster, das aus einer Biografie erwachsen kann, ohne diese Biografie zu schließen und die überlieferten Fakten kausal anzuordnen. In Deutschland lief „Yves Saint Laurent“ erfolgreich in den Kinos. „Saint Laurent“, immerhin im Wettbewerb von Cannes uraufgeführt, erschien lediglich auf DVD. Von Sebastian Markt.