Nelly & Nadine

Nelly & Nadine

Die belgische Opernsängerin Nelly Mousset-Vos und die belgisch-chinesische Juristin Nadine Hwang lernen sich Heiligabend 1944 im KZ Ravensbrück kennen, wo beide Gefangene sind. Ab diesem Moment verbringen sie so viel Zeit wie möglich miteinander. Kurz vor Kriegsende werden sie für einige Monate getrennt, finden sich wieder, ziehen zusammen nach Venezuela und später nach Brüssel. Anhand von Nellys Tagebüchern und Fotos, Liebesbriefen und Filmrollen erzählt der schwedische Regisseur Magnus Gertten in seinem Dokumentarfilm eine bemerkenswerte Liebesgeschichte. Angelika Nguyen hat sich von ihr berühren lassen.
Pier Paolo Pasolini: Porno–Theo–Kolossal

Pier Paolo Pasolini: Porno–Theo–Kolossal

Nur fünf Wochen vor seinem gewaltsamen Tod stellte Pier Paolo Pasolini (1922-75) die letzte Fassung des Treatments zu seinem Filmprojekt „Porno–Theo–Kolossal“ fertig. Es sollte sein letzter Film werden, nach dem er sich ganz dem Schreiben widmen wollte. Das provisorisch gebliebene Drehbuch erschien 15 Jahre nach Pasolinis Tod und wurde jetzt von der Kulturwissenschaftlerin Dagmar Reichardt und dem Theologen und Filmwissenschaftler Reinhold Zwick in deutscher Übersetzung und zusammen mit einem ausführlichen Kommentar sowie begleitenden Texten im Filmbuchverlag Schüren herausgegeben. Philipp Stadelmaier taucht ein in ein abgründiges Roadmovie, in dessen Stationen sich alle zentralen politischen, religiösen und sexuellen Themen und Motive von Pasolinis einzigartigem Œuvre spiegeln.
Sublime

Sublime

Manu und Felipe sind beste Freunde. Sie spielen zusammen in einer Band und teilen sonst auch so ziemlich alles miteinander. Als Manu das „erste Mal“ mit seiner Freundin plant, bespricht er das natürlich mit Felipe. Doch plötzlich sind da Gefühle, die Manu immer mehr durcheinander bringen: Eigentlich würde er viel lieber Felipe küssen! Mariano Biasin erzählt in „Sublime“ von einem Gefühlschaos, das wohl jede:r schon einmal erlebt hat: Was passiert mit einer Freundschaft, wenn plötzlich Liebe und Begehren ins Spiel kommen? Andreas Köhnemann über einen authentischen Coming-of-Age-Film aus Argentinien, der noch ans Träumen glaubt.
Rakel Haslund-Gjerrild: Adam im Paradies

Rakel Haslund-Gjerrild: Adam im Paradies

Der Roman „Adam im Paradies“ verschränkt eine sprachgewaltige Erzählung über das Leben des dänischen Meistermalers Kristian Zahrtmann (1843-1917) mit authentischen Schriftstücken, die die Hetze gegen Homosexuelle im Dänemark zu Beginn des 20. Jahrhunderts dokumentieren. Das Ergebnis ist einerseits ein Dialog zwischen historischer Wirklichkeit und Fiktion, anderseits eine literarische Antwort auf Zahrtmanns queere Kunst und seine nie öffentlich eingestandene Homosexualität. Dafür wurde Autorin Rakel Haslund-Gjerrild in ihrer dänischen Heimat mit Kritikerlob und Preisen bedacht. Zu Recht, findet Can Mayaoglu, die für die jüngst erschienene deutsche Übersetzung des Romans in ihrem Bücherregal schon mal einen Platz neben den nordischen Meistern freigeräumt hat.
Beautiful Beings

Beautiful Beings

Addi ist 14 und streunt mit seinen Kumpels Siggi und Konni durch die Straßen. Der schüchterne Balli ist der Neue in der Gang, in der es eine klare Rangordnung gibt. Zusammen proben sie ihren Mut, naschen Pilze, betrinken sich und gehen spätnachts im Freibad schwimmen. Doch Aggressionen und Gewalt sind stets nur einen Lidschlag entfernt. Und dann träumt Addi auch noch, dass etwas Furchtbares passieren wird. Bildgewaltig und voller Empathie erzählt der isländische Regisseur Guðmundur Arnar Guðmundsson („Herzstein“) in seinem neuen Film von vier Jungs, die ihren Weg suchen und sich dabei wie Ringkämpfer ineinander verhaken, und von einer jugendlichen Welt, in der kaputte Familien und Verwahrlosung ebenso alltäglich sind wie magische Vorahnungen und Poesie. Natália Wiedmann tritt mit seinen beautiful beings an die Schwelle zum Erwachsenwerden.
Sweetheart

Sweetheart

Die introvertierte 17-Jährige AJ interessiert sich für die wirklich wichtigen Dinge. Zum Beispiel wie man Pullis für Elefanten strickt oder wie das Methan der Kühe unseren Planeten zerstört. Weniger begeistern kann sie sich für den anstehenden Familienurlaub: eine ganze Woche in einer stinklangweiligen Feieranlage an der Küste von Dorset – der blanke Horror! Doch dann begegnet sie der Rettungsschwimmerin Isla, die betörend nach Chlor riecht. Barbara Schweizerhof hat sich Marley Morrisons skurrile Coming-of-Age-Komödie angesehen und ein fein gesponnenes Drama um das schwierige Zu-sich-selbst-Finden einer lesbischen Teenagerin entdeckt.
Bros

Bros

In „Bros“ schliddert der New Yorker Dauer-Single und Queer-Podcaster Bobby fast zufällig in eine ernsthafte Beziehung – und manövriert sich mit Humor und Augenzwinkern durch die klassisch komplizierten Stationen einer Romanze bis hin zum anfangs ziemlich unwahrscheinlichen Liebesglück. Als „die erste RomCom eines großen Studios über eine schwule Beziehung“ preist der Verleih „Bros“ an, der jetzt mit großem Marketing-Getöse auch in Deutschland anläuft. Andreas Köhnemann über einen Film, der Spaß macht und die Formeln und Konventionen des Genres in entscheidenden Punkten variiert, aber vielleicht doch weniger revolutionär ist, als er verspricht.
Anima – Die Kleider meines Vaters

Anima – Die Kleider meines Vaters

Nach dem Tod ihres Vaters bekommt die Regisseurin Uli Decker von der Mutter seine „geheime Kiste“ als Erbe ausgehändigt. Der Inhalt – hochhackige Schuhe, künstliche Fingernägel, Schminke und eine Echthaarperücke – verändert ihren Blick auf den Vater, ihre Familie und die Gesellschaft, in der sie aufwuchs. In „Anima – Die Kleider meines Vaters“ erzählt sie die berührende Lebensgeschichte ihres Vaters als tragisch-komische Achterbahnfahrt durch animierte und dokumentarische Bilderwelten. Verena Schmoeller hat den Film, der dieses Jahr mit dem Max-Ophüls-Preis für den Besten Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde, für uns gesehen – und ist von der posthumen Begegnung zwischen Vater und Tochter sehr berührt.
SUPER 8: Interview mit Michael Brynntrup

SUPER 8: Interview mit Michael Brynntrup

„Sollte man gesehen haben“, schrieb Wiglaf Droste 1986 lakonisch in der taz über die „Intimität, Unmittelbarkeit und schnell entwickelte Situationskomik“ der Super-8-Filme von Michael Brynntrup. Als „ästhetisch gebrochen und pathetisch verrätselt: wunderschön ambitioniert“ charakterisierte sie Dietrich Kuhlbrodt 1990 in der Frankfurter Rundschau. Der neue Bild- und Textband von Michael Brynntrup zelebriert auf 400 Seiten die Magie des Phänomens Super 8. Als Mischung aus Werkschau und eigenständigem Opus lässt dieses, wie es der Künstler selbst nennt, „Materialbuch“ Fotos, Grafiken und Zeichnungen auf Tagebucheinträge, Rezensionen und Filmskizzen treffen. Christian Lütjens hat mit Brynntrup über das Buch, grenzenlose Kunst und die wilden 80er gesprochen.
Kim de l’Horizon: Blutbuch

Kim de l’Horizon: Blutbuch

Unter viel Jubel hat Kim de l’Horizon zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse den Deutschen Buchpreis für „Blutbuch“ entgegengenommen – und anschließend statt einer klassischen Dankesrede einen London-Grammar-Song ins Mikro gehaucht und sich aus Solidarität mit protestierenden Frauen im Iran auf der Bühne die Haare abrasiert. Der bewegende Auftritt war eine konsequente performative Weiterentwicklung seines genderqueer-poetischen Roman-Experiments; eine kämpferische Sternstunde nicht nur für Kim de l’Horizon selbst, sondern auch für die eher gesetzte, honorige Institution Buchpreis. Eine furiose Werbung für „Blutbuch“, dessen Entstehung sich für de l’Horizon laut eigener Aussage im Schweizer Podcast „Blattgold“ anfühlte, „wie meine eigene Prophezeiung zu schreiben“, war es sowieso. Sissy gratuliert von Herzen und empfiehlt Anja Kümmels Einführung in den „Blutbuch“-Kosmos.