Im Kino

Djam

Djam

Der französische Regisseur Tony Gatlif, der mit seinem Migrant_innen-Drama „Exils“ 2004 den Regiepreis in Cannes gewann, schickt in seinem neuen Film „Djam“ zwei junge Frauen unterschiedlicher kultureller Prägungen auf einen romantischen Roadtrip durch Griechenland und die Türkei. Handlungsführend ist in dem skizzenhaften Film der Rembetiko – eine Blues-Art und Mischung aus griechischer Volksmusik und osmanischen Musiktraditionen, die Gatlif als „Musik der Ungeliebten“ versteht, „deren Texte Worte sind, die heilen können“. Ein Film über Liebe, Leid und Drogen – und ein Aufruf, stolz zu seinen kulturellen Wurzeln und dem eigenen sexuellen Begehren zu stehen. Von Barbara Schweizerhof.
Call Me by Your Name

Call Me by Your Name

Luca Guadagninos Verfilmung von André Acimans gleichnamigen Roman aus dem Jahr 2007 erzählt vielschichtig, handwerklich makellos und tief berührend die Geschichte einer ersten Liebe im Italien Anfang der 80er. Seit „Brokeback Mountain“ (2005) war keine schwule Romanze mehr so anschlussfähig für Heteros, wie die vielen Auszeichnungen für den Film, vier Oscar-Nominierungen und die riesige internationale PR-Kampagne von Sony Pictures belegen. „Call Me by Your Name“ ist aber auch ein explizit queeres Erweckungsdrama, das unsere ganz eigenen Erfahrungen von Begehren und Angst, Erinnerung und Verleugnung, Lust und Trauer filmisch durchdekliniert. Heute startet der Film endlich auch in den deutschen Kinos. Von Christian Weber.
Mein wunderbares West-Berlin

Mein wunderbares West-Berlin

Neu auf DVD: Mit einer Fülle von spektakulärem Archivmaterial und mitreißenden Interviews setzt Jochen Hick in seinem großartigen Dokumentarfilm "Mein wunderbares West-Berlin" der schwulen Mauerstadt ein persönlich eingefärbtes Denkmal. Wir haben gleich drei Autoren aus mehr oder weniger unterschiedlichen Generationen gebeten, sich "Mein wunderbares West-Berlin" anzusehen. Frank Brenner, geboren 1974, hätte den Film gerne schon im Geschichtsunterricht behandelt. Toby Ashraf, Jahrgang 1982, lässt sich von der Offenheit der befragten Protagonist*innen berühren. Und für Hans Hütt, der 1953 zur Welt kam und selbst in West-Berlin gelebt hat, legen sich über Hicks Filmbilder Erinnerungen an alte Gefährten und die eigene Spur.
Queercore: How to Punk a Revolution

Queercore: How to Punk a Revolution

Regisseur Yony Leyser erzählt in seinem neuen Dokumentarfilm die Geschichte jener lose verbundenen Gruppe von nordamerikanischen Punk-Künstler_innen, die in den 1980er und 90er Jahren ihre queeren Identitäten radikal ins Zentrum der eigenen Arbeiten rückten – und sich damit nicht nur gegen die damals von heterosexuellen Männern dominierte und latent homophobe Punk-Bewegung auflehnten, sondern auch gegen den allzu angepassten schwulen Mainstream. "Queercore", der ab Donnerstag im Kino läuft, gewährt spannende Einblicke in eine Szene, über die man hierzulande wenig weiß, erinnert unseren Autor Peter Rehberg aber auch etwas zu sehr an eine Geschichtsstunde. Läuft das klassische Bildungsformat des Films vielleicht sogar an zentralen Ideen der Bewegung vorbei?
Ein Date für Mad Mary

Ein Date für Mad Mary

Irland sei vor allem eins, sagt das Klischee: rau und unverblümt. Da wird nicht verschönt und verbrämt, da gibt’s Pubs und Prügeleien und harte Schalen mit weichen Herzen. Könnte stimmen, wenn man dem irischen Coming-of-Age-Film "Ein Date für Mad Mary" glaubt, der diesen Monat in der queerfilmnacht läuft und ab 14. Dezember auch regulär im Kino zu sehen sein wird. Verkratzte Charaktere, superbe Schauspielerinnen, ein guter Soundtrack und – ganz nebenbei – eine lesbische Liebe machen das Spielfilmdebüt des Regisseurs Darren Thornton zu einer großen Entdeckung. Von Tania Witte.
Überleben in Neukölln

Überleben in Neukölln

Rosa von Praunheim hat halbrunden Geburtstag und uns zur Feier einen neuen Film aus Neukölln mitgebracht. Das queere Panorama aus Porträts von kreativen, verrückten und – im Praunheimschen Sinne – herrlich perversen Bewohner_innen des berüchtigten Szenebezirks setzt das Prinzip der unangepassten Lebenstraumerzählungen fort, mit dem der Regisseur seit nunmehr 50 Jahren die heterornormativen Strukturen der deutschen Kino- und Fernsehlandschaft unterwandert. Eine Hommage von Jan Künemund.
Professor Marston and the Wonder Women

Professor Marston and the Wonder Women

Patty Jenkins' "Wonder Woman" war einer der großen Überraschungserfolge des Kinojahres. Ihr Film über die weltweit wohl bekannteste Superheldin stach beinah jede andere Comic-Adaption mit männlichem Personal aus und machte die israelische Hauptdarstellerin Gal Gadot zu Hollywoods neuem Shooting Star. Regisseurin Angela Robinson ("Spy Girls – D.E.B.S.", "The L-Word") erzählt in dem Biopic "Professor Marston and the Wonder Women" nun die hochspannende Lebensgeschichte des Psychologie-Professors und Wonder-Woman-Erfinders William Marston a.k.a. Charles Moulton, der mit seiner Frau und einer gemeinsamen Geliebten in einer Dreierbeziehung lebte – was in den USA der 40er Jahre als reichlich unerhört galt. Unser Autor Patrick Heidmann ist vor allem von Robinsons unvoreingenommem Blick auf Polyamorie begeistert.
God’s Own Country: Interview mit Francis Lee

God’s Own Country: Interview mit Francis Lee

Morgen startet "God's Own Country", das vielgelobte und -prämierte schwule Liebesdrama des Engländers Francis Lee, in den deutschen Kinos. Patrick Heidmann hat sich für sissy vorab mit Lee über dessen eigene Jugend in den rauen Berglandschaften von Yorkshire unterhalten, über die Arbeit mit seinen ungemein wandlungsfähigen Hauptdarstellern und warum der oft bemühte Vergleich mit "Brokeback Mountain" auf seinen Film nur bedingt zutrifft.
Tom of Finland: Interview mit Dome Karukoski

Tom of Finland: Interview mit Dome Karukoski

Dem Regisseur Dome Karukoski ist das zweifelhafte Kunststück geglückt, die obszöne Schwulenikone Tom of Finland zur Hauptfigur eines großformatigen und – zumindest in Finnland – massenkompatiblen Biopics zu machen. Im Interview mit sissy erzählt er, warum Tom of Finland für ihn eine Art schwuler James Bond ist, was Toms Kunst besonders explosiv macht und was die Finnen heute über einen ihrer bekannten Künstler denken.
Tom of Finland

Tom of Finland

Das heiß ersehnte Biopic über den finnischen Künstler Touko Laaksonen (1920-1991), besser bekannt als Tom of Finland, Meister des hypermaskulinen Comics und Ikone der Schwulenkultur, spaltet seine Zuschauer_innen. Während er in Finnland einen riesigen Hype ausgelöst hat, als Film des Jahres gefeiert und offiziell ins Oscar-Rennen geschickt wird, gibt es in Deutschland, wo der Film seit Donnerstag im Kino zu sehen ist, einiges Unbehagen von Seiten der Filmkritik, insbesondere bei queeren Autor_innen. Für sissy hat sich Peter Rehberg den Film angesehen – ein ausgewiesener Kenner von Tom of Finlands Werk und Autor des preisgekrönten Essays „Happy Homos. Über Tom of Finlands schwule Superhelden“ (2011).