Film

Light Light Light

Light Light Light

Inari Niemi erzählt in „Light Light Light“ von zwei Mädchen, die sich in der finnischen Provinz des Jahres 1986 und im Schatten der Atomkatastrophe von Tschernobyl ineinander verlieben. Voller bittersüßer Melancholie und mit lichtdurchfluteten Bildern zeigt der berührende Coming-of-Age-Film das Heranwachsen in einer Zeit der abstrakten Bedrohung und sozialen Kluften. Theresa Rodewald ist vor allem von der erfrischenden Selbstverständlichkeit begeistert, mit der sich die beiden Hauptfiguren finden und füreinander da sind.
The Room Next Door

The Room Next Door

In dem ersten Langfilm, den Pedro Almodóvar nicht in seiner Heimat und nicht auf Spanisch gedreht hat, spielen Tilda Swinton und Julianne Moore zwei Jugendfreundinnen, die sich nach vielen Jahren ohne Kontakt kurz vor dem Tod der einen wiederbegegnen und zu engsten Begleiterinnen voneinander werden. Jetzt ist „The Room Next Door“, für den der Altmeister mit dem Goldenen Löwen von Venedig ausgezeichnet wurde und bereits für die Oscars gehandelt wird, im Kino zu sehen. Für Andreas Wilink ist das Melodram Almodóvars bisher leisester und innigster Film – und das virtuose Spiel der beiden Hauptdarstellerinnen ein Geschenk an die Zuschauer:innen.
Tandem – In welcher Sprache träumst du?

Tandem – In welcher Sprache träumst du?

Die 17–jährige Französin Fanny reist zum ersten Mal nach Deutschland. Bei ihrer Brieffreundin Lena in Leipzig will sie die Sprache der Nachbarn lernen. Fanny ist schüchtern und noch auf der Suche nach sich selbst, Lena hingegen weiß schon ziemlich genau, wo sie hin will, und engagiert sich als Ökoaktivistin. Nach einem holprigen Start werden die beiden Teenager schnell enge Freundinnen. Fanny will Lena unbedingt gefallen – und hat auch kein Problem damit, mit ihrer eigenen Biografie kreativ umzugehen. Mit einem raffinierten Drehbuch, zwei fabelhaften Newcomerinnen und magischen Kinobildern begibt sich „Tandem – In welche Sprache träumst du?“ nicht nur auf die Suche nach einer Sprache der Wahrheit, sondern auch nach einer Sprache der Liebe. Für Barbara Schweizerhof ist Claire Burgers romantischer Freundinnenfilm zugleich ein großartiges Generationenporträt.
Young Soul Rebels (1991)

Young Soul Rebels (1991)

London im Sommer 1977. Während sich die Stadt gerade auf die Feierlichkeiten zum Silbernen Thronjubiläum der Queen vorbereitet, basteln die schwulen Soul Boys und Piraten-DJs Chris und Caz an ihrem Radioprogramm, das sie von einer Garage heraus senden. Tagsüber müssen sie sich mit Skinheads herumschlagen, abends gehen sie in den angesagten Clubs tanzen. Doch als ein Freund beim Cruisen im Park ermordet wird, drohen die sozialen Spannungen im Viertel überzukochen. Isaac Juliens Film ist ein raffinierter Mix aus Thriller und schwulem Liebesdrama – und zeichnet ein authentisches Bild der britischen Jugendkulturen der späten 1970er Jahre. „Young Soul Rebels“ war bahnbrechend für das New Queer Cinema und das British Black Cinema der 1990er Jahre. Noemi Yoko Molitor dreht das Radio, in dem Funk als Selbstverteidigung zelebriert wird, ganz laut auf.
Sunflower

Sunflower

In einem Vorort von Melbourne führt der 17-jährige Italo-Australier Leo ein typisches Teenager-Leben: Er quält sich durch die Schultage, treibt Sport, chillt mit seinen Freunden und knutscht mit seiner Freundin. Dass er eigentlich auf Typen steht, will er sich selbst noch nicht richtig eingestehen. Doch er fühlt sich immer mehr zu seinem besten Freund Boof hingezogen. Als Gerüchte über seine Sexualität in der Schule die Runde machen und der heteronormative Druck immer größer wird, muss Leo Position beziehen. In seinem Debütfilm „Sunflower“ erzählt Gabriel Carrubba voller Empathie von der bewegenden Zeit in unseren Leben, in der sich alles – Scham und Wut, Liebe und Hoffnung – einfach überwältigend anfühlt. Christian Horn über eine optimistische und einfühlsame Ode für jugendliche Selbstakzeptanz.
Mädchen in Uniform (1931)

Mädchen in Uniform (1931)

„Mädchen in Uniform“ von Leontine Sagan gilt als erster Film der Filmgeschichte, der lesbische Liebe offen thematisierte. Das Drama über die Internatsschülerin Manuela, die innige Gefühle für ihre gutherzige Lehrerin Fräulein von Bernburg entwickelt, erinnert an den repressiven Wahn des preußischen Erziehungssystems und dessen zerstörerische Folgen. Beatrice Behn über einen bahnbrechenden und komplexen Film, der am Ende jedoch zwei Dinge voneinander trennt, die besser zusammengedacht werden sollten.
Jungs vom Lande

Jungs vom Lande

Leere Dörfer, vertrödelte Nachmittage und die Fantasie, ganz woanders zu sein. Mit präzisem Blick und tief atmosphärischen Bildern zeigt Gaël Lépingle in „Jungs vom Lande“ queeres Leben abseits der großen Metropolen als eine sommerschwüle Mischung aus wilden Wünschen und romantischen Abenteuern: Youcef arbeitet in einem Nachtclub, in dem eigentlich nie etwas passiert. Als eines Abends eine queere Performancetruppe in der Kleinstadt Halt macht, ist er schockverliebt. Ein junger Mann läuft mit hohen Absätzen durch das Dorf, das er eigentlich für immer verlassen will. Und auf einem abgelegenen Hof hat sich Jonas mit einem Unbekannten verabredet, um mit ihm erotische Fotos in historischer Maskerade zu machen. Andreas Wilink über einen fein beobachtenden Film der peripheren Begegnungen und großen Sehnüchte, den es jetzt als DVD und VoD geht.
Bound – Gefesselt (1996)

Bound – Gefesselt (1996)

Frisch aus dem Gefängnis entlassen, begegnet die toughe Butch Corky zufällig der verführerischen Femme Violet im Aufzug. Es ist Liebe auf den ersten Blick und der Beginn einer heißen Liebesaffäre. Wie passend, dass Violet schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken spielt, sich von dem eifersüchtigen Mafioso Ceasar zu trennen. Doch für einen gemeinsamen Neuanfang fehlt den Frauen das nötige Kleingeld. Mit einem riskanten Plan wollen sie Ceasar um zwei Millionen Dollar erleichtern. „Bound – Gefesselt“, der verwegene Debütfilm von Lana und Lilly Wachowski („Matrix“, „Cloud Atlas“, „Sense8“) mit Gina Gershon und Jennifer Tilly als durchsetzungsstarkes Liebespaar, bürstete 1996 das Genre des Gangsterthrillers quer und führte eine neue lebische Selbstverständlichkeit und Souveränität ins US-Kino ein. Manuela Kay über einen bahnbrechenden Film voller subtiler Anspielungen, lesbischer Symbolik und Insider-Humor.
What a Feeling

What a Feeling

An ihrem Hochzeitstag bekommt die Wiener Ärztin Marie Theres ein besonderes Geschenk von ihrem Mann präsentiert: Er will sich von ihr trennen! Zur Nervenberuhigung greift Marie Theres erstmal zum Glas. Ziemlich betrunken stolpert sie in Bigis Lesbenbar und trinkt dort mit der bindungsscheuen Stammkundin Fa einfach weiter. Am nächsten Morgen kann sie sich nur noch daran erinnern, dass Fa sie nach Hause gebracht hat. Aber haben sie danach auch…? In der warmherzigen lesbischen Rom-Com „What a Feeling“ von Kat Rohrer glänzen Caroline Peters und Proschat Madani als zwei Frauen, die erst in der Mitte des Lebens zueinander finden – aber dann so richtig. Es geht um Selbsterkenntnis, den Mut zum Neuanfang und um Entscheidungen, die sich richtig anfühlen, ganz egal, was die anderen denken oder sagen. Arabella Wintermayr über einen lesbischen Abenteuerfilm aus Österreich, der im Oktober in der Queerfilmnacht zu sehen ist.
The Delta (1996)

The Delta (1996)

Tagsüber spielt Lincoln in seiner Familie den braven Sohn, abends sucht er Sex mit Männern auf Parkplätzen und in Peep-Show-Kabinen. Als er eines Nachts dort seinen Flirt Minh wiedertrifft, den Sohn einer vietnamesischen Mutter und eines afroamerikanischen GIs, beginnt für ihn, ein schüchternes Bündel aufgestauter Sehnsüchte, ein ungeahntes Abenteuer. Die beiden unterschiedlichen Jungs kapern das Boot von Lincolns Vater und fahren den Mississippi hinab. Doch im rassistisch geprägten amerikanischen Süden hat ihre melancholische Affäre wenig Chancen … Der Debütspielfilm von Ira Sachs („Keep the Lights On“), der laut B. Ruby Rich auf jede Bestenliste der queeren Filme gehört, wurde 1997 zu unrecht übersehen. Daniel Sander über ein fiebrige Meisterwerk.