Lebensbilder

Dreamers

Dreamers

„Dreamers“ rückt das Schicksal zweier Frauen in den Fokus, die gemeinsam den entmenschlichenden Prozessen des britischen Einwanderungssystems trotzen. Dabei konzentriert sich Regisseurin Joy Gharoro-Akpojotor „auf die individuellen Schicksale ihrer Figuren, ihre Ängste, Wünsche und Hoffnungen, und nimmt damit der kollektivierenden Sprache der Politik und Medien den Wind aus den Segeln, in der „die ,Migrant:innen‘, ,die Asylbewerber:innen‘ oftmals zu einer amorphen Masse verschwimmen.“ Anja Kümmel über einen Film, der im festen Glauben an die Freiheit und die Liebe enstand.
Lilies Not For Me

Lilies Not For Me

Was ist wichtiger: ein respektables Leben zu führen oder authentisch zu lieben? Basierend auf historischen Ereignissen zeigt „Lilies Not For Me“ das erschütternde Porträt eines schwulen Überlebens in einer der dunkelsten Perioden für queere Menschen. Doch bei aller Härte verbietet die Inszenierung es sich nicht, zugleich durch viele charmante, sinnliche, hochgradig erotische Augenblicke zu bestechen, schreibt Andreas Köhnemann, und zu entscheiden, wann es Zeit ist, lieber bunte Blumen wachsen zu lassen und beherzt in eine saftige Orange zu beißen, statt vor der von außen kommenden Gewalt zu kapitulieren.
Fucking Åmål (1998)

Fucking Åmål (1998)

Schmetterlinge im Bauch, Coming-out und das erste Mal: „Fucking Åmål“ aus dem Jahr 1998 von Lukas Moodysson zählt noch immer zu den schönsten Coming-of-Age-Filmen der 90er Jahre. Es geht um Sehnsucht, die Freude und den Schmerz des Verliebtseins, die komischen und herzzerreißenden Aspekte des Erwachsenwerdens – und um den Mut, den alle brauchen, die anders als die anderen sind. Esther Buss über einen Klassiker, der auch nach mehr als 25 Jahren noch so charmant und quirlig wirkt wie bei der Premiere.
Teen Apocalypse Trilogy (1993–1997)

Teen Apocalypse Trilogy (1993–1997)

Als die 90er Jahre nach Mixtapes und Zigaretten rochen, filmte Gregg Araki eine Generation, die sich verloren hatte, bevor sie sich überhaupt finden konnte. Mit „Totally F**ed Up*“ (1993), „The Doom Generation“ (1995) und „Nowhere“ (1997) schuf er eine wilde und zugleich zutiefst melancholische Trilogie über Jugendliche, die in einem apokalyptisch grellen Amerika nach Liebe, Identität und Bedeutung suchen. Die „Teenage Apocalypse Trilogy“ ist ein fiebriges Panorama von Queerness, Sex, Gewalt und Popkultur – mit dem sich Araki zum Anwalt der Teenager dieser Generation macht, wie Carolin Weidner schreibt.
Peter Hujar’s Day

Peter Hujar’s Day

Im Jahr 1974 traf sich der schwule Fotograf Peter Hujar in New York mit seiner Freundin Linda Rosenkrantz, um ihr für ein Kunstprojekt von seinem Tag zu erzählen. Aus dem Projekt ist nie etwas geworden, doch die Abschrift des Gesprächs hat Ira Sachs („Passages“) nun in den Film „Peter Hujar's Day“ verwandelt: ein intensives und gleichzeitig leichtfüßiges Kinoerlebnis, das nicht nur den viel zu früh verstorbenen Peter Hujar feiert – sondern auch die Freundschaft und die Kunst. Ein wunderbar intimer Film, der mit seiner unverstellten, faszinierenden Alltaäglichkeit ganz bei sich ist, findet Christian Horn.
Sauna

Sauna

Nicht fit, nicht weiß, nicht männlich genug für den schwulen Sex-Club? Mathias Broes Debüt „Sauna“ ist ein lustvoller Film über Männer, die Männer lieben – und rechnet gleichzeitig mit einer schwulen Dating-Kultur ab, die manche Männer ausschließt. Für Andreas Köhnemann ist „Sauna“ ein Film, der das Unbequeme nicht verschweigt, aber nie die Hoffnung aufgibt: feinfühlig, sexy und eine große Feier von intimen Verbindungen. Denn die entstehen immer dann, wenn Menschen sich frei machen vom Blick der anderen.
Flesh/Trash/Heat (1968–1972)

Flesh/Trash/Heat (1968–1972)

Mit „Flesh“ (1968), „Trash“ (1970) und „Heat“ (1972) schuf Paul Morrissey für Andy Warhol eine lose Trilogie, die das Panorama der amerikanischen Gegenkultur auf den Punkt brachte: eine rohe, entrückte Welt, bevölkert von Rastlosen und Gestrandeten, die berauscht bis verzweifelt ihren Träumen hinterhertaumeln. Underground-Ikone Joe Dallessandro leiht allen drei Filmen sein Gesicht – „als Sexarbeiter, Junkie, und ikonische Halbweltgestalt zwischen Straße und verruchtem Glamour, Absturz und Erhabenheit“, wie Janick Nolting schreibt. Eine Mischung aus Tragödie und Camp, die bis heute fasziniert, provoziert und ein Stück filmischer Freiheit feiert.
Das Gesetz der Begierde (1987)

Das Gesetz der Begierde (1987)

„Das Gesetz der Begierde“ war 1987 Pedro Almodóvars erster Film, der in Deutschland gezeigt wurde – und gewann auf der Berlinale damals den ersten Teddy-Award überhaupt. Die Vierecksgeschichte zwischen einem narzisstischen Regisseur, seiner trans Schwester, seinem viel jüngeren Liebhaber und einem besessenen Stalker steht wie kein anderer Film für die wilden Jahre des frühen Almodóvar-Kinos: provokant, queer, enthusiastisch – „und voller libidinöser Energie“, wie sissy-Autor Philipp Stadelmaier schreibt. Die wahre Schönheit des Films liege dabei in den Besonderheiten der Figuren: „in einer Form von Liebe und Sanftmut, die mitten in diesem wilden Leben gedeiht.“
Riley

Riley

Was tun, wenn die mühevoll aufgebaute Fassade vermeintlicher Normalität einfach nicht mehr halten will? Inspiriert von seinen eigenen Erfahrungen als ungeouter Football-Spieler an der High-School erzählt Benjamin Howard in seinem Debütfilm „Riley“ mit beeindruckendem Feingefühl davon, wie sich das Erwachsenwerden anfühlt, wenn der Erwartungsdruck der anderen jeden Tag ein Stück zu wachsen scheint. Ein Film, der die Klischees adoleszenter Erzählungen geschickt unterläuft – und dabei „das Durcheinander, die Verwirrung und Verzweiflung des Erwachsenwerdens berührend einfängt“, wie Andreas Köhnemann schreibt.
The Times of Harvey Milk (1984)

The Times of Harvey Milk (1984)

Harvey Milks politische Karriere als Stadtrat von San Francisco dauerte nur elf Monate, doch sein Einfluss ist kaum messbar. Der Dokumentarfilm von Robert Epstein und Richard Schmiechen zeigt, wie der konventionelle Wall-Street-Angestellte zum queeren Aktivisten und Politiker wurde – und die Ungerechtigkeit nach seinem gewaltsamen Tod weiterging. „The Times of Harvey Milk“ gewann 1985 als erster Film mit schwuler Thematik einen Oscar – und schrieb noch aus einem anderen Grund Geschichte. Jetzt ist der Film in digital restaurierter Fassung erhältlich. Fabian Schäfer über ein beeindruckendes Zeitdokument, das bis heute mitreißt.