Kritiken (Literatur)

Vojin Saša Vukadinović (Hg.): Zugzwänge

Vojin Saša Vukadinović (Hg.): Zugzwänge

Der von Vojin Saša Vukadinović herausgegebene Band „Zugzwänge: Flucht und Verlangen“, erschienen in der kontroversen Kreischreihe des Querverlags, nimmt die Situation queerer Geflüchteter in den Blick – aus theoretischen, politischen und aktivistischen Perspektiven. Für unseren Autor Peter Rehberg ist die Textsammlung vor allem zweierlei: das Projekt, durch Schilderungen der Situation vor Ort, Informationen über Organisationen und Initiativen, Lebensberichte und schließlich auch Literatur mehr über die Lebensbedingungen von Geflüchteten zu erfahren; und eine programmatische Abrechnung mit Queer Theory und postkolonialen Theorien. Letzteres weckt bei ihm reichlich ambivalente Gefühle. Eine kritische Analyse.
Johann-Günther König: Friedo Lampe. Eine Biografie

Johann-Günther König: Friedo Lampe. Eine Biografie

Mit seiner innovativen, magisch realistischen Erzählweise gehört Friedo Lampe (1899-1945) zu den bemerkenswertesten deutschen Autoren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Über sein Leben als schwuler Mann während des Kaiserreichs, der Weimarer Republik und des Dritten Reichs ist indes kaum etwas bekannt. Der Bremer Schriftsteller und Publizist Johann-Günther König, der 1985 die Friedo-Lampe-Gesellschaft mitbegründete, hat nun die erste umfassende Biografie über Lampe verfasst. Unser Autor Detlef Grumbach hat sie mit großem Interesse gelesen.
Kate Davies: Love Addict

Kate Davies: Love Addict

Die 26-jährige Londonerin Julia geht einem monotonen Bürojob nach und hat schlechten Sex mit Männern. Bis sie zum ersten Mal mit einer Frau schläft und die Künstlerin Sam kennenlernt, die sie in die Welt der Sexclubs einführt. Julia ist überwältig, doch ihrer Liebe zu Sam stehen einige Hindernisse im Weg. Stefan Hochgesand hat Kate Davies' Debütroman für uns gelesen – ein Buch mit groteskem Figurenarsenal und lebensverändernden Orgasmen.
Christine Wunnicke: Die Kunst der Bestimmung

Christine Wunnicke: Die Kunst der Bestimmung

Während Christine Wunnicke in ihrem aktuellen Buch „Die Dame mit der bemalten Hand“ von der Begegnung zweier schräger Wissenschaftler im Jahre 1764 erzählt, geht es in „Die Kunst der Bestimmung“ (2003) um das Aufeinandertreffen eines kauzigen skandinavischen Akademikers und eines unberechenbaren Adeligen. Der schwedische Professor Simon Chrysander ist berühmt für seine Fähigkeit, Dinge zu ordnen und zu bestimmen. Im Jahr 1678 bestellt ihn die englische Royal Society nach London, um ihre naturkundliche Sammlung zu sortieren. Doch je mehr Struktur er in das obskure Durcheinander aus konservierten Kuriositäten bringt, desto mehr stürzt sein eigenes Dasein ins Chaos. Verantwortlich hierfür ist der junge Lord Fearnall, der sich allen Ordnungsrastern entzieht. Ein Kräftemessen zwischen Abwehr und Zuneigung, Ratio und Ungewissheit, Leben und Tod. Matthias Frings über einen beinah makellosen Roman, der jetzt als Neuausgabe vorliegt.
Ahmad Danny Ramadan: Die Wäscheleinen-Schaukel

Ahmad Danny Ramadan: Die Wäscheleinen-Schaukel

Zwei Männer lernen sich im kriegszerrütteten Syrien kennen und verlieben sich einander. Über Beirut und Kairo können sie zusammen nach Vancouver fliehen. Ihre zurückgelassene Heimat bleibt in fantasievollen Geschichten erhalten, als einer der beiden vier Jahrzehnte später versucht, den anderen am Sterbebett am Leben zu halten. Ein Mosaik aus Eindrücken einer Kindheit in Damaskus, von heimlicher Liebe, Homophobie und Gewalterfahrungen des Krieges, aber auch von Hoffnung und gewonnener Freiheit. „Die Wäscheleinen-Schaukel“ von Ahmad Danny Ramadan, der selbst 2012 von Syrien nach Kanada geflohen ist, wurde 2019 von The Independent unter die 30 besten Debütromane gewählt. Unser Autor Michael Sollorz über eine kühne Erzählung, die die Dringlichkeit des Erinnerns demonstriert.
Sigrid Nunez: Sempre Susan

Sigrid Nunez: Sempre Susan

In den 1970er Jahren teilten sich die US-amerikanische Autorin Sigrid Nunez und Susan Sontag in New York eine heruntergekommene Wohnung voller Bücher. Jetzt setzt Nunez ihrer einstigen Mentorin Sontag ein literarisches Denkmal. In „Sempre Susan“ erinnert sie sich an die Schatten- und Sonnenseiten der gemeinsamen Zeit. Axel Schock über eine knappe, aber komplexe Charakterstudie.
Hugh Nini & Neal Treadwell: Loving

Hugh Nini & Neal Treadwell: Loving

Der Bildband „Loving“ gibt Einblick in die umfangreiche Sammlung des New Yorker Ehepaars Hugh Nini und Neal Treadwell. 350 bisher unveröffentlichte Fotografien zeigen Männer, die sich lieben – über ein Jahrhundert hinweg, von 1850 bis 1950, von den USA und Kanada bis hin zu den europäischen, südamerikanischen, asiatischen und australischen Kontinenten, oft vor ländlichem Hintergrund oder in proletarischem Ambiente. Unser Autor Marko Martin über selbstbewusste, vielsagende Blicke voller Zuneigung in einer Zeit nahezu weltumspannender Homophobie.
Zaia Alexander: Erdbebenwetter

Zaia Alexander: Erdbebenwetter

Zaia Alexanders literarisches Debüt „Erdbebenwetter“ ist ein moderner Hexenroman: Die orientierungslose Lou wird in Los Angeles in einen magischen Zirkel eingeführt. Ihr Alltag gewinnt schlagartig elektrisierende Intensität. „Erdbebenwetter“ bringt Hierarchien zwischen Tier und Mensch ebenso ins Wanken wie zwischen Kindern und Eltern. Unsere Autorin Anja Kümmel über eine ungewöhnliche Geschichte der Selbstbestimmung an einem flirrenden Ort zwischen Apokalypse und Utopie.
Glitter

Glitter

„Glitter“ versteht sich als „Die Gala der Literaturzeitschriften“. Sie erscheint jährlich im Dezember; nun bereits zum vierten Mal. Zu lesen gibt es darin queere Kurzgeschichten, Lyrik und Essays, queer illustriert und queer verteilt. Unser Autor Stefan Hochgesand hat sich in die glitzernden Wunderkammern aus Texten begeben und dabei große Freude empfunden.
Jonas Eika: Nach der Sonne

Jonas Eika: Nach der Sonne

Über Dänemarks queeres Literaturwunderkind Jonas Eika wurde in den letzten Monaten so viel geschrieben, dass man mit den Rezensionsversuchen, die surreale Gesellschaftskritik in der Story-Sammlung „Nach der Sonne“ einzuordnen, locker einen eigenen Band füllen könnte, der dreimal so dick wäre wie die 160 Seiten starke Story-Sammlung selbst. Warum eigentlich dieser Hype? Unser Autor Christian Lütjens mit dem Versuch einer sachlichen Betrachtung des Autors und dessen Buches.