Stephen Spender: Der Tempel
Vermächtnis, Zeitdokument, großartiges Spätwerk – schon bei der Erstausgabe im Jahr 1988 haftete dem Roman „Der Tempel“ etwas Epochales an. Stephen Spender (1909-95) lässt in dem Buch seine Künstlerfreunde Christopher Isherwood, W. H. Auden und Herbert List (wenn auch unter Pseudonymen) auftreten und erinnert sich an einen Sommer im Hamburg des Jahres 1929, in dem er mit den Genannten das grenzenlose, wenn auch trügerische Freiheitsgefühl der Weimarer Republik ausgekostet hatte. Spender erzählt von einer Welt großer Freizügigkeit, aber auch von ihrem Niedergang im Zuge der erstarkenden Bewegung der Nationalsozialisten. Anlässlich der Neuauflage des Romans im Albino Verlag hat Tilman Krause ihn wieder gelesen – und darin den späten Triumph eines Schriftstellers entdeckt, der das öffentliche Schwulsein lange seinen Kollegen überließ.