Sascha Westphal (Autor)

Der Ornithologe

Der Ornithologe

Der neue, großartige Film von João Pedro Rodrigues („O Fantasma, 2000; „To Die Like a Man“, 2009) handelt von einem Ornithologen, der sich nach einem Bootsunglück alleine durch die Wälder Nordportugals kämpfen muss, vorbei an mysteriösen Hindernissen und erotischen Begegnungen. Rodrigues' sehr persönliche, höchst queere Interpretation der Legende des Heiligen Antonius ist wie ein Traum von Tod, Auferstehung und Märtyrertum: ein Delirium, in dem sich alle spirituellen und körperlichen Grenzen lustvoll auflösen. Bei den Filmfestspielen in Locarno wurde „Der Ornithologe“ zu Recht als Meisterwerk gefeiert und mit dem Silbernen Leoparden für die Beste Regie ausgezeichnet. Für uns wagt sich Sascha Westphal in Rodrigues' schwirrende Dschungelwelt der Rätsel und Verwandlungen, in der man erst alles verlieren muss, um sich selbst zu finden.
Nocturnal Animals

Nocturnal Animals

Tom Ford, der vor acht Jahren mit der bestechend schönen, schonungslos klaren Christopher-Isherwood-Verfilmung "A Single Man" als Regisseur debütierte und angeblich zudem als Modedesigner bekannt ist, hat endlich seinen zweiten Spielfilm gedreht. Auch "Nocturnal Animals", der auf einem Roman von Austin Wright basiert, ist eine raffiniert verspiegelte Studie über Einsamkeit, doch führt diese weit tiefer ins Verborgene als ihre Vorgängerin, ist erzählerisch zersplittert und voll von latenter und manifester Gewalt. Ein monströser Film über die Frage nach dem richtigen Leben, über Schuld, Rache und Verzweiflung – und über das Amerika der Gegenwart. Anlässlich des DVD/Blu-ray-Starts von "Nocturnal Animals" wagt sich Sascha Westphal auf Fords dunkles Terrain.
Einfach das Ende der Welt

Einfach das Ende der Welt

Xavier Dolan, das viel gepriesene queere Kino-Wunderkind, hat einen neuen Film gemacht – und dafür dieses Jahr in Cannes zwar erneut den Großen Preis der Jury bekommen, aber auch so viel ungewohnten Gegenwind von der Festivalpresse, dass er nun gar in Erwägung zieht, seinen nächsten Film nicht mehr an die Croisette zu bringen. Götterdämmerung im Auteur-Olymp? Keineswegs! „Einfach das Ende der Welt“, die Verfilmung des gleichnamigen, semio-autobiografischen Theaterstücks des 1995 im Alter von 38 Jahren an AIDS verstorbenen französischen Autors Jean-Luc Lagarce, ist abermals brillant: ein zugleich überaus aggressives und ungemein zärtliches Kammerspiel in der biologischen Kernfamilie, das sich zur schmerzvollen Reflektion über queere Heimatlosigkeit verdichtet und mit dem Dolan einige Erwartungen an sein höchst selbstreferentielles Werk nur unterwandert um noch furiosere zu befeuern. Von Sascha Westphal.
Der Staat gegen Fritz Bauer

Der Staat gegen Fritz Bauer

Nicht versöhnt: Lars Kraumes Politthriller „Der Staat gegen Fritz Bauer“ bedient sich Elementen des Melodrams, um das Bild eines deutschen Helden der Nachkriegsgeschichte, der u.a. den Ausschwitz-Prozess ermöglichte, um das eines Opfers zu erweitern, das durch den in der BRD beibehaltenen Paragraphen 175 erpressbar wird. Von Sascha Westphal. „Monströse Verbrechen haben die Eigenschaft, sagte Fritz Bauer, daß sie, sobald sie in die Welt treten, für ihre Wiederholung sorgen.“