Im Kino

Certain Women

Certain Women

Kelly Reichardts neuer Film erzählt drei Geschichten über Frauen in Montana. Langsam und konzentriert arbeitet sie die Vielschichtigkeit in den scheinbar unspektakulären Episoden aus dem Leben der Heldinnen heraus. Am schönsten vielleicht im dritten Teil, in dem eine Pferdepflegerin sich allmählich in die unerfahrene Anwältin aus der Großstadt verliebt, die von Kristen Stewart gespielt wird – wer mag es ihr verdenken. Es entwickelt sich eine der schönsten lesbischen Beinahe-Romanzen, die in letzter Zeit im Kino zu sehen waren. Von Barbara Schweizerhof.
Die Taschendiebin

Die Taschendiebin

Die Bereitschaft zu schockieren hat den koreanischen Regisseur Park Chan-wook („Sympathy for Mr. Vengeance“, 2002; „Oldboy“, 2003; „Lady Vengeance“, 2005) zur Kultfigur unter den Fans blutiger Spektakel aufsteigen lassen, seinen Filmen aber auch den Ruf eingebracht, nur etwas für den „eingeübten Geschmack“ zu sein, mithin für die, die ein gewisses Maß an Blut und Gewalt mit blasierter Macho-Geste wegstecken. Wer in dieser Hinsicht schon von „Stoker“ (2013), Parks „gezähmtem“ Ausflug ins amerikanische Kino, enttäuscht war, wird sich über „Die Taschendiebin“ erneut wundern. Hier zeigt sich Park nämlich von einer bislang eher unbekannten Seite: als Meister in der Kunst der Zurückhaltung. Und als Meister darin, zu zeigen, was unter der Oberfläche von Zurückhaltung alles schwelen kann. Von Barbara Schweizerhof.
Einfach das Ende der Welt

Einfach das Ende der Welt

Xavier Dolan, das viel gepriesene queere Kino-Wunderkind, hat einen neuen Film gemacht – und dafür dieses Jahr in Cannes zwar erneut den Großen Preis der Jury bekommen, aber auch so viel ungewohnten Gegenwind von der Festivalpresse, dass er nun gar in Erwägung zieht, seinen nächsten Film nicht mehr an die Croisette zu bringen. Götterdämmerung im Auteur-Olymp? Keineswegs! „Einfach das Ende der Welt“, die Verfilmung des gleichnamigen, semio-autobiografischen Theaterstücks des 1995 im Alter von 38 Jahren an AIDS verstorbenen französischen Autors Jean-Luc Lagarce, ist abermals brillant: ein zugleich überaus aggressives und ungemein zärtliches Kammerspiel in der biologischen Kernfamilie, das sich zur schmerzvollen Reflektion über queere Heimatlosigkeit verdichtet und mit dem Dolan einige Erwartungen an sein höchst selbstreferentielles Werk nur unterwandert um noch furiosere zu befeuern. Von Sascha Westphal.
Jonathan

Jonathan

In „Jonathan“ von Piotr J. Lewandowski wird Schwulsein als familiengeschichtlich begrabenes Geheimnis aufgedeckt. Diesen Job muss die Hauptfigur übernehmen, ein sich mit Haut und Haar dem Landleben verschreibender 23-Jähriger, dem Jannis Niewöhner eine intensive Präsenz verleiht. Mit einer queeren Perspektive hat das wenig zu tun, trotzdem gibt es Einiges anzuschauen, wenn man den Plot ein bisschen ausblendet. Von Jan Künemund.