Der Rosenkönig (1986)

Der Rosenkönig (1986)

Die Filme von Werner Schroeter führen ein Eigenleben zwischen Avantgarde, Experiment und Underground – sie leben von und mit ihren Subtexten, ihren poetischen, cineastischen und kunsthistorischen Verweisen. „Der Rosenkönig“ von 1986 ist das schwule Drama unter Schroeters Filmen: Eine Rosenzüchterin verfällt in Portugal langsam dem Wahnsinn, während ihr Sohn in grausamer Liebe einen jungen Dieb gefangen hält. Andreas Wilink über einen Film, der viele Fragen stellt und keine Antworten braucht.
I.V. Nuss: R-O-N=O

I.V. Nuss: R-O-N=O

Was bedeutet es, wenn Queerness zur Allegorie wird? Was, wenn wir die ekstatische Überschreitung der Realität, die mit der „Ontologie“ des Transsexuellen verbunden ist, nicht als bloße Metapher, sondern als Aufgabe betrachten? Diesen Fragen widmet sich I.V. Nuss in ihrem zweiten Roman „R-O-N=O“ – unter anderem. Nuss’ literarisches Debüt „Die Realität kommt“ charakterisierte Anja Kümmel in ihrer sissy-Rezension als „wilden Ritt durch die Welten“ und als „Höllenspaß“. Im Nachfolger hat Kevin Junk eine nicht minder wilde Mischung aus Roadtrip, SciFi-Story, Furry-Manifest, Transitionsbericht und popliterarischem Experiment gefunden.
Edward II (1991)

Edward II (1991)

In „Edward II“ (1991) erzählt Derek Jarman frei nach dem Stück des Shakespeare-Zeitgenossen Christopher Marlowe von einer schwulen Liebe, die eine homophobe Gesellschaft ins Chaos stürzt. Kein Historienschinken, keine langweilige Geschichtsstunde, sondern ein obsessiv-experimentelles Plädoyer für eine Welt, in der die Leidenschaftlichen nicht den Machtspielen und Intrigen zum Opfer fallen und als Verbrecher diskriminiert werden. Andreas Wilink über ein radikal modernes Kunstwerk, das die Anachronismen zelebriert.
Dreamers

Dreamers

„Dreamers“ rückt das Schicksal zweier Frauen in den Fokus, die gemeinsam den entmenschlichenden Prozessen des britischen Einwanderungssystems trotzen. Dabei konzentriert sich Regisseurin Joy Gharoro-Akpojotor „auf die individuellen Schicksale ihrer Figuren, ihre Ängste, Wünsche und Hoffnungen, und nimmt damit der kollektivierenden Sprache der Politik und Medien den Wind aus den Segeln, in der „die ,Migrant:innen‘, ,die Asylbewerber:innen‘ oftmals zu einer amorphen Masse verschwimmen.“ Anja Kümmel über einen Film, der im festen Glauben an die Freiheit und die Liebe enstand.
Eva Baltasar: Mammut

Eva Baltasar: Mammut

Als eine „sprachgewaltige und sehr originelle Autorin“ pries Pedro Almodóvar die katalanische Autorin Eva Baltasar. Nun ist erstmals einer ihrer Romane auf Deutsch erschienen. In „Mammut“ geht es um eine junge Frau, die, frustriert von ihrem schlecht bezahlten Uni-Job und ihren erfolglosen Versuchen, schwanger zu werden, beschließt, ein ursprüngliches und einfaches Leben fernab urbaner Zivilisation zu führen. Anja Kümmel hat die deutsche Version von „Mammut“ ebenso gelesen wie die spanischen Fassungen der beiden zuvor erschienenen Romane von Eva Baltasar – und dabei eine Autorin entdeckt, die brillant, komisch und zielstrebig zum Kern des Wesentlichen vordringt.
L.A. Plays Itself – The Fred Halsted Collection (1972–1975)

L.A. Plays Itself – The Fred Halsted Collection (1972–1975)

Der US-amerikanische Pornodarsteller und Regisseur Fred Halsted (1941-89) galt bereits zu Lebzeiten als Legende: Als in Leder gekleideter Sadist wurde er berühmt-berüchtigt – und zu einem der ersten offen schwulen Sexsymbole. Seine transgressiven Filme, die freizügig Hardcore-Sex, SM und andere Fetisch-Praktiken zeigten, schickten Schockwellen durch das junge Gay Liberation Movement. Aber auch das Kunst-Establishment mischte Halsted auf. Michael Kienzl blickt zurück: auf die Cruising-Fantasie „L.A. Plays Itself“ (1972), das Autowerkstatt-Lustspiels „The Sex Garage“ (1972) und den Party-Porno „Sextool“ (1975) – und entdeckt ein für die alternative Filmgeschichtsschreibung unverzichtbares Werk.
Enrico Ippolito: Modesta

Enrico Ippolito: Modesta

Was hält unsere Beziehungen zusammen? Wann beginnt sexuelle Freiheit? Und wie entkommen wir unserer Herkunft? Um all diese Fragen kreist „Modesta“, der neue Roman des deutsch-italienischen Schriftstellers Enrico Ippolito. Das Buch schildert zwölf Stunden im Leben eines Verlassenen. Während die beste Freundin eine Party für ihn vorbereitet, um ihn von der plötzlichen Trennung seines Exfreunds abzulenken, schlendert er gedankenverloren durch die Stadt. Dabei holen ihn die Phantome der Vergangenheit ein, allen voran die Moralhüterin Modesta. Aber auch Virginia Woolf, Boris Vian und der queere Zeitgeist spuken durch diesen Roman. Angelo Algieri hat sich von dem Buch irritieren und inspirieren lassen.
Lilies Not For Me

Lilies Not For Me

Was ist wichtiger: ein respektables Leben zu führen oder authentisch zu lieben? Basierend auf historischen Ereignissen zeigt „Lilies Not For Me“ das erschütternde Porträt eines schwulen Überlebens in einer der dunkelsten Perioden für queere Menschen. Doch bei aller Härte verbietet die Inszenierung es sich nicht, zugleich durch viele charmante, sinnliche, hochgradig erotische Augenblicke zu bestechen, schreibt Andreas Köhnemann, und zu entscheiden, wann es Zeit ist, lieber bunte Blumen wachsen zu lassen und beherzt in eine saftige Orange zu beißen, statt vor der von außen kommenden Gewalt zu kapitulieren.
Fucking Åmål (1998)

Fucking Åmål (1998)

Schmetterlinge im Bauch, Coming-out und das erste Mal: „Fucking Åmål“ aus dem Jahr 1998 von Lukas Moodysson zählt noch immer zu den schönsten Coming-of-Age-Filmen der 90er Jahre. Es geht um Sehnsucht, die Freude und den Schmerz des Verliebtseins, die komischen und herzzerreißenden Aspekte des Erwachsenwerdens – und um den Mut, den alle brauchen, die anders als die anderen sind. Esther Buss über einen Klassiker, der auch nach mehr als 25 Jahren noch so charmant und quirlig wirkt wie bei der Premiere.
Teen Apocalypse Trilogy (1993–1997)

Teen Apocalypse Trilogy (1993–1997)

Als die 90er Jahre nach Mixtapes und Zigaretten rochen, filmte Gregg Araki eine Generation, die sich verloren hatte, bevor sie sich überhaupt finden konnte. Mit „Totally F**ed Up*“ (1993), „The Doom Generation“ (1995) und „Nowhere“ (1997) schuf er eine wilde und zugleich zutiefst melancholische Trilogie über Jugendliche, die in einem apokalyptisch grellen Amerika nach Liebe, Identität und Bedeutung suchen. Die „Teenage Apocalypse Trilogy“ ist ein fiebriges Panorama von Queerness, Sex, Gewalt und Popkultur – mit dem sich Araki zum Anwalt der Teenager dieser Generation macht, wie Carolin Weidner schreibt.