Dating My Mother

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Danny ist schon längst mit der Schule fertig, lebt aber noch immer bei seiner Mum in New Jersey und hat keinen richtigen Plan für die Zukunft. Die Tage verbringt er mit ausgeklügelten Yogaübungen, halbherzigen Grindr-Dates und zarten Versuchen, ein Filmdrehbuch zu schreiben. Eigentlich ist seine Mutter auch seine beste Freundin. Doch als Joan sich bei einer Dating-Plattform anmeldet und einen neuen Mann fürs Leben kennenlernen möchte, gerät Dannys heile Helikopter-Kind-Welt aus den Fugen … Mike Roma verpackt seinen rasant geschriebenen Debütfilm als Komödie über die Risiken und Nebenwirkungen von Online-Dating. Für unseren Autor Frank Brenner ist „Dating My Mother“ aber auch eine berührende Mutter-schwuler-Sohn-Geschichte, die nur deswegen so komisch ist, weil sie sich nur unweit vom wahren Leben entfernt.

Foto: Edition Salzgeber

It’s a Match!

von Frank Brenner

Schon in der einleitenden Montagesequenz wird unmissverständlich klar, dass sich Danny und seine Mutter Joan glänzend miteinander verstehen. Die beiden gehen gemeinsam durch dick und dünn: Sei es das gemeinsame Gassi gehen mit den Hunden, das Grillen im Garten oder der Kinobesuch mit dem Familieneimer Popcorn – Joan ist nicht nur Mutter, sondern auch  Dannys beste Freundin. Da verwundert es kaum mehr, dass der des Nachts sein eigenes Zimmer im Haus meidet, sich eine Schlafmaske anlegt und gemeinsam mit seiner Mutter im ehelichen Doppelbett schläft.

Die beiden teilen aber auch dasselbe Problem: Sie sind beide Singles. Joan brauchte nach dem Tod von Dannys Vater Zeit, um sich wieder auf einen neuen Partner einlassen zu können. Doch nun will sie mit Hilfe ihrer besten Freundin Lisa und ihres Sohnes einen Neuanfang wagen – und meldet sich auf einer Datingplattform an. Auch für Danny scheint das Internet die einzige Möglichkeit zu sein, im eher konservativen New Jersey mit seiner heteronormativen weißen Oberschicht überhaupt in Kontakt mit anderen schwulen Männern zu kommen. Obwohl er in seinem Leben eigentlich schon genug Schwanzbilder geschickt bekommen hat, meldet auch er sich wieder bei einem Datingportal an.

Auf der College-Abschlussfeier der quirlig-naiven Tanya, zu der er und Joan natürlich gemeinsam gehen, trifft Danny auf seinen alten Kumpel Khris. Über ihre gemeinsame Liebe zum Kiffen knüpfen die beiden jungen Männer schnell wieder freundschaftliche Bande und haben schließlich zugedröhnt und angetrunken doch noch ihren Spaß auf der ansonsten eher langweiligen Veranstaltung. Da sich Danny darüber im Unklaren ist, ob Khris auf Frauen oder Kerle steht, hält er sich mit Annäherungsversuchen zurück. In den nächsten Wochen bleibt es beim gemeinsamen Grasrauchen.

Foto: Edition Salzgeber

Beruflich tritt Danny weiterhin auf der Stelle, keiner interessiert sich für seine Drehbücher, die der Nachwuchsautor hoffnungsvoll an Fernsehsender in New York geschickt hat. Um sich in New Jersey über Wasser zu halten, nimmt er Aushilfsjobs in der Bibliothek und als Hundesitter an, obwohl er eigentlich unter einer Hundehaarallergie leidet. Joan ist derweil bei der Partnersuche erfolgreich und lernt Chester kennen, der sich als charmanter Gentleman erweist. Da es für Danny weit weniger erfolgreich läuft, spielt der junge Mann mit dem Gedanken, wieder nach Los Angeles zurückzuziehen. Mit Khris hat er dazu auch schon einen detaillierten Plan ausgetüftelt: Gemeinsam wollen die beiden mit dem Auto quer durchs Land an die Westküste fahren. Und Danny hegt insgeheim die Hoffnung, dass er Khris dabei endlich auch körperlich näher kommen könnte …

Mittlerweile gibt es bereits die zweite Generation der Digital Natives, die sich mit ihrer Elterngeneration mehr oder weniger auf Augenhöhe über den Umgang mit dem Internet und dessen Möglichkeiten austauschen kann. Diese Situation bringt aber nicht nur Vorteile. Regisseur Mike Roma zeigt in „Dating My Mother“ die komischen Nebeneffekten dieser Konstellation. Dennoch ist sein Film keine reine Komödie. Roma behandelt die Probleme seiner Figuren mit großem Respekt, ja Zuneigung: Da sind zum einen Joans Skrupel, mit dem Eingehen einer neuen Beziehung ihre verstorbene große Liebe zu verraten, zum anderen aber auch Dannys Abneigung gegenüber plumpen Sexdates und seine Hoffnung, doch noch irgendwann die große Liebe zu finden.

Foto: Edition Salzgeber

Um die zahlreichen Chatnachrichten, die beim Onlinedating der beiden Protagonisten natürlich nicht ausbleiben, nicht einfach als geschriebene Texte auf der Leinwand einblenden zu müssen, bedient sich Roma eines originellen Kunstgriffs: Er inszeniert die Chatpartner als tatsächlich im Raum anwesende Gesprächsteilnehmer, was insbesondere bei Dannys Partnersuche für die komischsten Momente im Film sorgt. In einer Szene etwa präsentieren sich die diversen Anwärter vor Danny an einem Tisch, und werden von diesem – ganz im Tinder-Stil – weggewischt, wenn ihm deren Selbstdarstellung nicht gefällt. Der Höhepunkt dieser filmsprachlichen Spielerei ist aber ein Sexchat, bei dem Dannys eigentlich meilenweit entfernter Chatpartner direkt neben ihm im Bett liegt und dabei ständig nach neuen Nacktfotos fragt.

Foto: Edition Salzgeber

Eine Entdeckung ist auch der offen schwule Schauspieler Patrick Reilly, der Danny mit bezaubernden, verschmitzten Charme spielt. Mit Regisseur Mike Roma hatte Reilly bereits im Jahr 2016 für ihn in der fünfteiligen Webserie „Danny the Manny“ zusammengearbeitet, in der einen Babysitter spielte, der einen sechsjährigen Jungen mit Vorliebe für Crossdressing hüten musste. In Romas Langfilmdebüt trägt er durch seine ansteckende Verve nun entscheidend zu einem liebenswerten Doppelporträt von einem schwulen Sohn und seiner Mutter bei, die sich gemeinsam durch Quarter- und Midlife-Krisen kämpfen um ihre Mr. Rights zu finden.




Dating My Mother
von Mike Roma
US 2017, 84 Minuten, FSK 12,
englische OF mit deutschen UT,

Edition Salzgeber

Hier auf DVD.

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VoD: € 4,90 (Ausleihen) / € 9,90 (Kaufen)

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