Breaking Fast

TrailerDVD / VoD

Der US-amerikanische Regisseur Mike Mosallam bringt in seiner RomCom „Breaking Fast“, die es jetzt im Salzgeber Club gibt, einen jungen muslimischen Arzt und einen angehenden Schauspieler unter den flirrenden Lichtern West-Hollywoods zusammen. Die religionsübergreifende schwule Liebesgeschichte kommt dabei explizit ohne die Problematisierung von Religion und Glauben aus – und setzt stattdessen auf universelle Kino-Magie. Christian Horn begleitet die beiden Verliebten durch die gemeinsamen kalifornischen Nächte.

Foto: Salzgeber

„Unser Mr. Islam“

von Christian Horn

Gleich zu Beginn stürzt Mo in eine Krise. Sein Freund Hassan macht Schluss, um zur Besänftigung seiner konservativ-muslimischen Familie eine Scheinehefrau zu heiraten. Denn während der Gastroenterologe Mo als gläubiger Muslim mit Wurzeln im Libanon offen schwul lebt und somit zwei vermeintlich konträre Lebenswelten verbindet, ist Hassan ungeouted. Auch ein Jahr später ist Mo noch nicht über die harte Trennung hinweg. Auf einer Geburtstagsfeier, zu der er eigentlich gar nicht gehen wollte, lernt er den angehenden Schauspieler Kal kennen und ist sofort fasziniert. Beim abendlichen Spaziergang durch Los Angeles gibt es einen sanften Flirt, der mehr verheißt. Doch gerade ist Ramadan, und Mo muss seine Begierde zunächst mal in Zaum halten. Und er muss überhaupt erst mal wieder lernen, sich emotional für eine neue Liebe zu öffnen.

„Du wirkst ziemlich muslimisch“, stellt Kal beim ersten Gespräch mit Mo fest. Tatsächlich bezieht Mo einen Großteil seiner Identität aus seinem aufrichtigen Glauben, der für ihn nicht im Widerspruch zu seiner Sexualität steht. Im Gegenteil: „Mein Schwulsein lehrt mich, ein besserer Muslim zu sein“, führt Mo, vielleicht ein klein wenig zu missionarisch, aus. Kein Wunder, dass Sam ihn mit spöttischem Unterton „unser Mr. Islam“ nennt. Mehrfach debattieren Mo und Kal über Gott und Glaubensauslegung. Dadurch ergeben sich manche aufklärerische Momente, die einem anders- oder nicht-religiösen Publikum Eigenarten und Perspektiven der muslimischen Lebensweise vermitteln. Der Titel „Breaking Fast“ meint zum Beispiel das abendliche Fastenbrechen im Ramadan, das bald zum fixen Termin zwischen Mo und Kal avanciert.

 

Für sein Kinodebüt hat sich der Autor und Regisseur Mike Mosallam mit dem Genre der Romantic Comedy ein klar umrissenes Sujet ausgesucht. Unterm Strich weicht er mit seinem klein produzierten Erstling kaum von der etablierten Formel ab. Dass Kal und Mo zusammengehören, ist vom ersten Kennenlernen an klar – der Weg dahin ist die eigentliche Geschichte. Frisch wirkt die schwule RomCom durch die ungewöhnlichen und liebenswerten Typen, die hier die queere Community in West Hollywood bevölkern. Wo Amin El Gamal als überzeichnet schriller Kumpel Sam noch bekannte Sidekick-Muster bedient, fällt Mo mit seinem offensiv vor sich her getragenen Glauben ziemlich aus dem Rahmen. Schwule Liebe und der Islam schließen sich oft gegenseitig aus, Mo hingegen verbindet die Welten scheinbar mühelos.

Anders als die Verwandtschaft seines Ex-Lovers Hassan, der als Repräsentant verstockter Religiosität auftritt, akzeptiert Mos warmherzige Familie seine Homosexualität bedingungslos. Mo kämpft also keineswegs damit, seinen Glauben mit seinem Schwulsein zu versöhnen. Stattdessen durchlebt der emotional verbarrikadierte Mann den ganz normalen Kummer nach einer gescheiterten Liebesbeziehung. Eine Krise also, die jeden Menschen ereilen kann. Kal ringt derweil mit eigenen familiären Komplikationen – und mit einem Alkoholproblem. Mosallam macht einige Problemfelder auf, erliegt aber nie der Schwere des Inhalts.

Foto: Salzgeber

Stattdessen ist der schnörkellos inszenierte „Breaking Fast“ ein entspannt erzählter und eingängiger „easy watch“ mit toller Musik und behutsamen Schärfeverlagerungen, kurzum: queerer Mainstream. Mit liebestollen Montagesequenzen, einer warmen Lichtgebung und gut gelaunten Pointen bedient Mike Mosallam Standards romantischer Komödien, gibt dem Ganzen aber durch die Lebenslagen der Charaktere einen neuen Anstrich. Weil Mo das Fasten erst nach Sonnenuntergang brechen darf, spielt der Film vermehrt bei Nacht, was nicht ganz zufällig zu schicken Bildern voller Leuchtreklamen, Neonlichter und Spiegelungen auf dem Asphalt führt.

Wie in Richard Linklaters „Before“-Trilogie (1995-2013) entspinnt sich die Entwicklung zwischen den Liebenden in einer Reihe gediegener Dialogszenen und Monologe beim Spazieren, beim Dinner und während Autofahrten. Haaz Sleiman („Killing Jesus“, 2015) und Michael Cassidy („Army of the Dead“, 2021) harmonieren dabei ganz wunderbar als Mo und Kal.

Foto: Salzgeber

Auch Filme sind immer wieder ein Thema zwischen den beiden. Ihre geteilte Vorliebe für „Superman“ in der Retro-Variante mit Christopher Reeve strahlt zugleich auf den Plot zurück. Wie Clark Kent/Superman, der sich als Außerirdischer an den amerikanischen Way of Life anpasst und diesen geradezu übermäßig verkörpert, lebt auch Mo als „vollständig integrierter“ Sohn eingewanderter Eltern in den Staaten. Und wie die Comic-/Filmfigur kann Mo vorbehaltlos auf die Liebe seiner Nächsten bauen.

Am Ende mündet das Konzept, den schwulen Muslim als typischen RomCom-Protagonisten darzustellen, in ein optimistisches Schlussbild, das den Islam endgültig mit schwuler Liebe in Einklang bringt. Das ist gut gemachte Unterhaltung – und Balsam für die Seelen nicht-heteronormativer Muslime, die ihre Identität frei leben wollen.




Breaking Fast

von Mike Mosallam
USA 2020, 92 Minuten, FSK 12,
englische OF mit deutschen UT,
Salzgeber

vimeo on demand

VoD: € 4,90 (Ausleihen) / € 9,90 (Kaufen)


↑ nach oben