Freeheld

Trailer

Auf der Grundlage eines Oscar-gekrönten Kurzdokumentarfilms über eine wahre Begebenheit erzählte Peter Solletts Weepie mit Star-Power die Geschichte einer kranken Polizistin, die 2006 dafür kämpfen muss, dass ihre Pension nach ihrem Tod ihrer Partnerin übertragen wird. Julianne Moore und Ellen Page verkörpern das heute sehr viel anschlussfähigere lesbische Beharren auf bürgerlichen Träumen nach einem Drehbuch von Ron Nyswaner, der 1993 schon das Thema Aids im Mainstreamkino unterbringen konnte.

Foto: Universum Film

We’re Gonna Beat This!

von Michael Eckhardt

Es ist ganz wunderbar, wenn sich das Kino immer mal wieder darauf besinnt, dass es einst nicht nur für puristische Cineasten erfunden wurde. Für kauzige Eigenbrötler, die sich in ihrer Rätselhaftigkeit bisweilen einen Tick zu sehr gefallen, die vom Kino ständige Neuerfindung oder gerissene Zitate erwarten und dabei komplett übersehen, dass für nachkommende Generationen durchaus auch mal konventionell erzählte Geschichten genau die richtigen sein können. „Freeheld“ zum Beispiel. Hier wird garantiert nix neu erfunden, aber es wird von einer aufwühlenden, kämpferischen und zu Tränen rührenden Liebe erzählt, und das bitte sehr hat ja wohl für immer Gültigkeit. Zumal, wenn es außerdem um gleiches Recht, wenn es ganz schlicht um Fairness, Solidarität und Menschlichkeit geht. Doch zwei Schritte zurück.

Es öffnet sich einem schon das Herz, wenn die ein ganzes Stück jüngere Stacie halb selbstbewusst, halb schüchtern geneigten Kopfes, worauf man ihr eh nix ausschlagen kann, fragt, ob sie die Telefonnummer haben könnte. Kurz zuvor gab es diesen speziellen Blick und dieses geflüsterte „Thank You“ nach einer maßgeschneiderten Volleyballangabe. Keine Frage: Diese beiden Frauen gehören zusammen. Stacie, die Werkstattschrauberin, Laurel, die Polizistin, seit zwanzig Jahren im Dienst, kurz davor, der erste weibliche Lieutenant im Ocean County zu werden.

Mit sanftem Humor, wozu auch ein schöner Knarrenwitz beim ersten Date gehört, mit gebührender Ruhe und doch sehr verliebtem Blick wird vom Zusammenkommen eines schönen Paares erzählt, das trotz Größenunterschieden beim Tanzen supersexy rüberkommt, das unvermeidliche Klischees von Karohemd und schweren Boots mit einer nonchalanten Selbstverständlichkeit verkörpert, das so schlichte wie berechtigte Träume teilt: Haus, Hund und, am wichtigsten, eine Frau an der Seite. Fürs Leben. Oder eben nicht, weil das Schicksal mal wieder bösartig ums Eck feixt. Es ist keine Muskelzerrung, die Laurel schmerzt, es ist Lungenkrebs. Im Endstadium. Und weil das Schicksal ein hydraköpfiges Aas ist, und weil die Vereinigten Amerikanischen Staaten das Land der unbegrenzten Möglichkeiten sind, zu denen auch unbegrenzte Ungerechtigkeit gehört, gesellt sich zum ohnehin aussichtslosen Überlebenskampf auch noch die Schlacht um Würde und Gleichberechtigung: Üblicherweise gehen die Rentenansprüche eines verstorbenen Polizisten an dessen Ehepartnerin, bei homosexuellen Paaren war das mal wieder nicht so gedacht.

So wird aus dem hinreißenden Liebesfilm „Freeheld“ ein kämpferischer Justizthriller, der deutlich macht, in welch bigotter Gesellschaft wir leben, in der noch immer zweierlei Maß genommen wird, in der man um Gerechtigkeit und Würde betteln muss. Unter Kollegen und vor der Politik. „Freeheld“ ist auch ein kraftvolles Pamphlet gegen die konservativen Betonköpfe, diese erzreaktionären und meist doch selbstverlogenen Typen, welche als Folgen fehlinterpretierter Christlichkeit für sich allein Recht und Ordnung beanspruchen und gleiches anderen verwehren. Diese Puristen mit ihrem reflexartigen Geschnaufe, wenn es ums Teilen bürgerlicher Träume geht, wenn ein Stück vom Spießbürgerkuchen auf dem ihres Erachtens falschen Teller landet!

Und dennoch: Bei aller „We’re Gonna Beat This“-Attitüde, die richtig und in diesem zauberhaften Heuler geradezu mitreißend ist, hat Regisseur Peter Sollett ein gutes Händchen für bestens gespickten Humor. Dafür sorgt auch der von Steve Carrell gegebene, schlagkräftige Schwulenaktivist Goldstein, und auch Julianne Moores großartige Farrah-Fawcett-Gedächtnis-Frisur leistet ganze Arbeit!

 



Freeheld
von Peter Sollett
US, 99 Minuten, FSK 6,
deutsche SF, englische OF mit deutschen UT,

Universum Film
www.freeheld.de

 

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