Steel

TrailerDVD / VoD

Daniel hat ein Leben, von dem andere nur träumen: Er sieht blendend aus, moderiert die heißeste Talk-Show im US-Fernsehen und kriegt jeden Kerl ins Bett. Doch wie aus dem Nichts kommen eines Tages die Panikattacken, und sie werden immer schlimmer. Daniels einziger Kontakt zur Außenwelt ist bald nur noch Alexander, den er auf einer Party kennengelernt hat. Doch der scheint ein Geheimnis zu haben. Eines, das Daniel tief in die eigene Vergangenheit führt… Der aus München stammende Regisseur Sven J. Matten verwischt in seinem erotischen Psychodrama die Grenzen zwischen Gegenwart und Erinnerung, Realität und Imagination, irrationaler Angst und einem Trauma aus Schuld und Verlust.

Foto: Edition Salzgeber

Mit anderen Augen

von Frank Brenner

Daniel Krueger  gehört nicht gerade zu den Leuten, die einem auf den ersten Blick sympathisch sind. Der Endzwanziger ist der überaus erfolgreiche Star einer nach ihm benannten Talkshow im Fernsehen, und den kometenhaften Erfolg, den er mit der Sendung für sich verbuchen konnte, scheint ihm schon ein wenig zu Kopf gestiegen zu sein. Der selbstverliebte Showmaster weiß um seine Wirkung beim Publikum, feilscht zum wiederholten Male innerhalb weniger Wochen um eine Gehaltserhöhung und lässt seine Produzentin Barb ganz nach seiner Pfeife tanzen. Auch privat bekommen Daniels Mitmenschen seine Arroganz zu spüren. Nach dem leidenschaftlichen Sex mit einem jungen Mann  komplimentiert er diesen mit den Worten „Du kannst dann gehen“ unverblümt aus seinem Designer-Appartement.

Aber vielleicht ist dieses stahlharte Äußere des selbstgefälligen Überfliegers auch nur Schein, vielleicht brodelt etwas in ihm, das ihn dazu bringt, seiner Umgebung den toughen Alleskönner bloß vorzugaukeln? Beunruhigende Geigenklänge im Soundtrack von Vincent Ho sind die ersten Indizien für den Zuschauer, dass mit Daniel und seinem Leben nicht alles so ist, wie es scheint. Sein Unwohlsein, das sich zum ersten Mal beim Joggen im Park einstellt, überträgt sich durch die Musik fast physisch auf den Zuschauer. Als der Moderator dann auch noch ein karriereentscheidendes Live-Interview mit einem berüchtigten Waffenlieferanten vor laufenden Kameras verbockt und überstürzt das Studio verlässt, erhält man die Bestätigung, dass psychische Probleme unter Daniels makelloser Oberfläche liegen könnten. Als Fels in der Brandung erweist sich der geheimnisvolle Teenager Alexander, den Daniel wenige Tage zuvor in einer Bar kennengelernt hat. Der 18-Jährige macht aus seiner Bewunderung für den adretten Fernsehmoderator keinen Hehl und lässt sich trotz dessen Vorbehalten nicht von seinem Plan abbringen, ihn ins Bett zu kriegen. Aber Alexander ist auch in Momenten der niederschmetternden Selbstzweifel und scheinbaren Ausweglosigkeit für Daniel da. Und er stellt Fragen zu Daniels Vergangenheit – Fragen, die unverarbeitete Traumata ans Tageslicht bringen und den Talkmaster zwingen, sich mit seinen inneren Dämonen auseinanderzusetzen.

Foto: Edition Salzgeber

Der aus München stammender Autor, Regisseur und Produzent Sven J. Matten hat nach einer Reihe von Kurzfilmen im Jahr 2012 mit „Off Shore“ sein Langfilmdebüt gedreht, in dem es um Familiengeheimnisse und eine jugendliche Dreiecksbeziehung mit schwuler Note geht. Diesen Themenkomplexen bleibt Matten auch in seinem ersten englischsprachigen Film verbunden, den er mit Hilfe eines Filtereffekts in unwirklich-gedeckten Farben gestaltet hat, die das Unwohlsein des Protagonisten auf den Betrachter zu übertragen verstehen. Die raffinierte Tongestaltung trägt zudem dazu bei, Daniels innere Dämonen spürbar werden zu lassen. Matten gelingt damit das seltene Kunststück, ein von prickelnden Sexszenen durchzogenes schwules Liebesdrama mit Elementen des Psychothrillers zu kombinieren. Während Spielfilmdebütant David Cameron als Alexander über weite Strecken eher als Eye Candy funktioniert, gewinnt Shooting-Star Chad Connell („Chroniken der Unterwelt – City of Bones“) seiner vielschichtigen Rolle als Daniel über die gesamte Spielzeit immer wieder neue Facetten ab. Der zu Beginn eher unsympathische Karrierist wächst einem als Zuschauer immer mehr ans Herz, seine Probleme werden relevant. Sven J. Mattens Geschichte spart in ihrem Verlauf nicht mit Überraschungen. Am Ende würde man „Steel“ gerne gleich nochmal sehen – diesmal mit  ganz anderen Augen.




Steel
von Sven J. Matten
CA 2015, 108 Minuten, FSK 16,
englische OF mit deutschen UT,
Edition Salzgeber

Hier auf DVD.

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VoD: € 4,90 (Ausleihen) / € 9,90 (Kaufen)


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