Die Spur deiner Lippen

Die Spur deiner Lippen

Eine namenlose Pandemie versetzt ganz Mexiko in einen Lockdown. B-Movie-Schauspieler Román sitzt alleine in seinem Apartment fest. Auf der anderen Straßenseite wohnt Aldo. Die beiden lernen sich online kennen, sie können miteinander reden und sich über Videochats sehen, aber sie können sich nicht berühren. Doch die Sehnsucht, die Lippen des anderen zu spüren, wird immer größer. In seinem neuen Spielfilm zeigt der zweifache Teddy-Preisträger Julián Hernández („Mil Nubes – Liebessehnsucht“, „Raging Sun, Raging Sky“), wie Begehren und Lust gerade im Moment von Einsamkeit und Isolation ins Unermessliche wachsen können. „Die Spur deiner Lippen“ spiegelt dabei nicht nur die sexuellen Erfahrungen von alleinlebenden Menschen während der Covid-Pandemie, sondern auch die Tabuisierung von schwuler Lust während der Aids-Epidemie. Christian Lütjens über eine vielschichtige, erotische Parabel, die die Eigendynamik von Fantasien und Sehnsüchten im Angesicht einer unberechenbaren Weltlage mit ganz eigenen Stilmitteln verhandelt.
Pirkko Saisio: Das rote Buch der Abschiede

Pirkko Saisio: Das rote Buch der Abschiede

Eine Protagonistin sucht in Helsinki nach der Liebe und kämpft um Selbstbestimmung – zu einer Zeit, in der Kunst und Kommunismus eine unheilvolle Allianz bilden und queeres Begehren nur im Untergrund stattfindet. Mit dieser autobiografisch grundierten Erzählung rührte die Autorin Pirkko Saisio in „Punainen erokirja“ im Jahr 2003 den Kulturbetrieb ihrer finnischen Heimat auf und wurde dafür prompt mit dem Finlandia-Preis, einer der renommiertesten Literaturauszeichnungen des Landes, bedacht. Jetzt ist der Roman unter dem Titel „Das rote Buch der Abschiede“ erstmals in deutscher Übersetzung erschienen. Anja Kümmel hat sich von der Stimme der Erzählerin in einen Dschungel verschiedener Perspektiven und Zeitebenen entführen lassen.
Norwegian Dream

Norwegian Dream

Der 19-Jährige Pole Robert ist gerade an die norwegische Küste gezogen. In einer Fischfabrik nahe Trondheim will er genug Geld verdienen, um die Schulden seiner Mutter begleichen zu können. Er findet schnell Anschluss bei den anderen Polen im Team und verliebt sich in Ivar, den Adoptivsohn des Fabrikeigentümers. Doch während Ivar offen schwul ist, will Robert seine Gefühle lieber geheim halten. Leiv Igor Devolds Spielfilmdebüt ist im Januar in der Queerfilmnacht zu sehen und startet am 1. Februar im Kino. Stefan Hochgesand über eine mitreißende schwule Liebesgeschichte mit großem sozialem Bewusstsein.
Shehan Karunatilaka: Die sieben Monde des Maali Almeida

Shehan Karunatilaka: Die sieben Monde des Maali Almeida

Ein schwuler Fotograf, der im sri-lankischen Bürgerkrieg der Achtzigerjahre umgebracht wird, ist der (Anti-)Held von Sehahn Karunatilakas Roman „The Seven Moons of Maali Almeida“. Was nach Kriegsepos und Märtyrertragik klingt, ist aufgrund einiger unkonventioneller dramaturgischer Kniffe vor allem ein Fest der Erzählkunst. Als das Buch im Oktober 2022 mit dem Booker Prize ausgezeichnet wurde, charakterisierte die Jury es als „philosophisches Abenteuer, das die Lesenden in das ‚dunkle Herz der Welt‘ entführt (...), ihnen aber auch Zärtlichkeit und Schönheit, Liebe und Treue sowie das Erstrebenswerte der Ideale, die menschliches Leben rechtfertigen, aufzeigt“. Zum Erscheinen der deutschen Übersetzung hat sich Angelo Algieri auf eine fantastische Reise ins „Dazwischen“ begeben.
Queer Glauben

Queer Glauben

Sie ist lesbisch, sie ist gläubig, und vielleicht bald Priesterin. Stefanie Arnold macht sich in der Schweiz mit der Weihe zur Diakonin auf den Weg in den kirchlichen Dienst. Doch passt sie als lesbische Frau, die in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, in eine Institution, die seit Jahrhunderten von patriarchalen Strukturen bestimmt wird? Und wie kämpfen andere Menschen aus der queeren Community für ihren Platz in der Kirche? In „Queer Glauben“ fragt Regisseurin Madeleine Corbat, ob und wie Queersein und christlicher Glauben zusammenfinden können. Dabei begleitet sie nicht nur eine lesbische Priesteranwärterin, sondern auch einen transmaskulinen Theologiestudenten und andere nicht-heteronormative Menschen auf ihren individuellen Lebens- und Glaubenswegen. Barbara Schweizerhof über einen Film, in dem sich queere Liebes- und Gotterfahrungen spiegeln.
Pedro Lemebel: Torero, ich hab Angst

Pedro Lemebel: Torero, ich hab Angst

Ein queerer Klassiker aus Lateinamerika neu aufgelegt: Im blau-rosa-weißen Design der Trans-Pride-Flagge und mit entstaubtem Titel kommt die Revival-Ausgabe von Pedro Lemebels „Torero, ich hab Angst“ in der Bibliothek Suhrkamp daher. Die Frischekur soll die Geschichte einer alternden „Tunte“, die im Chile der 1980er Jahre zur Guerillera wird, für eine neue Generation von Lesenden erschließen, nachdem eine wenig geglückte Verfilmung des Stoffs aus dem Jahr 2020 nur auf wenigen Festivals zu sehen war. Marko Martin hat Lemebels subversive Roman-Attacke auf den Machismo der chilenischen Gesellschaft für uns (wieder) gelesen.
Life Is Not a Competition, But I’m Winning

Life Is Not a Competition, But I’m Winning

Wenn die Sportgeschichte von den Siegern geschrieben wird, wo bleiben dann all jene, die nie an den großen Wettbewerben teilnehmen durften? In Julia Fuhr Manns semidokumentarischem Debütfilm entert ein Kollektiv queerer Athlet:innen das Olympiastadion von Athen und ehrt dort diejenigen, für die das Siegerpodest niemals vorgesehen war. Sie treffen Amanda Reiter, eine trans Marathonläuferin, die mit den Vorurteilen der Sportveranstalter:innen zu kämpfen hat, und Annet Negesa, eine 800m-Läuferin, die von den internationalen Sportverbänden zu einer hormonverändernden Operation gedrängt wurde. Gemeinsam erschaffen sie eine radikale Utopie. Noemi Yoko Molitor über einen Film, der den normativen Machtgefällen, die der Leistungssport bis heute erzeugt, reparative Bilder und Gesten entgegensetzt.
Captain Faggotron Saves the Universe

Captain Faggotron Saves the Universe

Ein kiffender Jesus, verspielte Aliens und dämonische Furries – selten war der Weg zu Weltenrettung und Selbstakzeptanz so hilarious wie in „Captain Faggotron Saves the Universe“! Andreas Köhnemann erkennt in Harvey Rabbits ultra-campem Superhelden-Film Wiedergänger:innen der Hauptfiguren aus den queeren Midnight Movies der 70er Jahre. Doch Captain Faggotron hat Dr. Frank N. Furter aus „The Rocky Horror Pictures Show“ (1975) und Dawn Davenport in „Female Trouble“ (1974) eine entscheidende Sache voraus.
Captain Faggotron Saves the Universe: Video-Interview mit Harvey Rabbit

Captain Faggotron Saves the Universe: Video-Interview mit Harvey Rabbit

Jetzt im Kino: Father Gaylord ist streng bibeltreu und natürlich überhaupt nicht schwul. Als sein Ex-Lover Queen Bitch vom Planeten Oberon droht, die Erde mit Hilfe eines magischen Rings in eine kinky Utopie zu verwandeln, sieht sich der Priester zur Intervention berufen. Superheld Captain Faggotron soll den Ring zurückgewinnen und die Ordnung wiederherstellen. Doch ist eine Welt, in der Father Gaylord seine Liebe zu Queen Bitch verstecken muss, wirklich die, in der wir leben möchten? Harvey Rabbits schamloser Fantasy-Film „Captain Faggotron Saves the Universe“ ist ein rauschendes Fest für Fans von Trash und Camp. Im Interview, das im Rahmen der Deutschlandpremiere auf dem Queerfilmfestival entstanden ist, erzählt der Regisseur und Autor über Puppies am Filmset, flamboyante Kleidung und warum John Waters unbedingt seinen Film anschauen sollte.
Indian Summer

Indian Summer

London, Mitte der 1990er. Tonio ist der Startänzer in seiner Ballettgruppe. Schön, stolz, selbstbewusst, eine Primadonna in jeglicher Hinsicht – und HIV-positiv. Für ihn ist klar, dass er bald seinem Lover Drew und seinem besten Freund Ramon in den Tänzerhimmel folgen wird. Bis dahin will er seine Zeit auskosten und tanzen bis zum Umfallen. Keine Frage, dass er in dem neuen Prestigestück der Kompanie die Hauptrolle übernimmt. Und dann tritt plötzlich auch noch Jack in sein Leben – ein ruhiger Typ mit leichtem Übergewicht, Bart und großem Herz. „Indian Summer“ (auch bekannt unter dem Titel „Alive & Kicking“) von Regisseurin Nancy Meckler („Sister My Sister“) und Drehbuchautor Martin Sherman („Bent“) ist ein Klassiker über Lebensfreude und Mut im Umgang mit Aids. Axel Schock über die klug und genau beobachtete Studie einer ambivalenten Beziehung, in der verdichtet Aspekte der Aids-Krise ausgeleuchtet sind, die sonst in Filmen vernachlässigt werden.