Für dich soll’s ewig Rosen geben

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Giulio und Claudio sind seit Ewigkeiten zusammen. Dass nicht nur Claudios Gesundheit Probleme bereitet, sondern das Paar auch in finanzielle Bedrängnis geraten ist, versucht Giulio so gut es geht vor seinem Partner zu verheimlichen. Doch als Giulios Tochter Valeria plötzlich mit Enkelsohn Marco auftaucht, droht das mühsam aufgebaute Lügengerüst in sich zusammenzufallen. Cesare Furesis Film ist eine ruhige, schön komponierte und fein besetzte Tragikomödie über eine lebenslange Liebe.

Foto: Pro-Fun Media

Das Glück der alten Spieler

von Frank Brenner

Giulio ist nicht mehr der Schnellste. Es dauert seine Zeit, bis der greise Mann die lange Einfahrt vom noblen Landhaus bis zum Briefkasten am Tor des Anwesens zu Fuß zurückgelegt hat. Auch seine Hörkraft hat deutlich nachgelassen, ohne sein Hörgerät entgeht ihm sogar das Alarmgeräusch, mit dem sein ans Bett gefesselter Partner Claudio ihn per Knopfdruck ins Zimmer rufen kann. Es hat etwas zutiefst Rührendes, wenn Giulio mit ungelenken Tippelschritten schließlich ins Schlafzimmer eilt, nur um festzustellen, dass Claudio versehentlich sein Buch auf den Alarmknopf gelegt hat.

Die Liebe zwischen den beiden Senioren ist spürbar. Es hat Tradition, dass Giulio für Claudio ein Frühstückstablett herrichtet, aufgebackene Croissants und frisch gebrühten Espresso darauf platziert und das Arrangement schließlich noch mit einer frischen roten Rose verziert. Nur der Zuschauer erfährt, dass Vieles davon trotzdem nicht mehr so ist wie früher. Die Croissants und den Espresso bereitet längst Giulio selbst zu, da er sich das Gehalt der Köchin nicht mehr leisten kann. Anstatt seinem geliebten Claudio davon zu erzählen, spielt er jeden Morgen ein Tonband mit der Stimme der Köchin ab, damit für Claudio, der sein Zimmer nicht mehr verlassen kann, die Illusion weiterhin gewahrt bleibt.

Auch einen Gärtner kann Giulio nicht mehr beschäftigen, weswegen die großen Rosenstöcke, um die sich Claudio immer so leidenschaftlich gekümmert hatte, abgestorben sind. Die Rosen auf dem Frühstückstablett, die angeblich noch immer aus dem eigenen Garten stammen, kauft Giulio jeden Tag einem Blumenhändler ab. Doch die mühsam über die Jahre aufrecht erhaltene Scheinwelt droht nun langsam aber sicher in sich zusammenzufallen.

Als eines Tages Giulios Tochter Valeria und ihr Sohn Marco das erste Mal seit vielen Jahren wieder bei ihren Großvätern auftauchen, durchschauen sie die Farce schnell. Unter den Leinentüchern im Erdgeschoss befinden sich nämlich keineswegs mehr die Möbel, die es vor Staub zu schützen gilt, sondern lediglich kunstvoll arrangierte Pappkartons. Die Möbel selbst hat Giulio längst versetzt, um die laufenden Kosten zu decken. Das familieneigene Hotel ist mit Hypotheken belastet, die Bank droht mit Enteignung.

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Da Giulio zeitlebens ein leidenschaftlicher Pokerspieler war, kommt ihm nun die waghalsige Idee, sich aus seiner finanziellen Misere herauszuzocken. Mit Hilfe seines Enkels Marco, dem er schon als kleines Kind die Tricks und Kniffe des Pokerspiels beigebracht hat, möchte der findige Großvater die reichsten und freigebigsten Pokerspieler der Stadt zusammentrommeln, um sie am Spieltisch zu besiegen und mit dem gewonnenen Geld wieder den alten Wohlstand zurückzuerlangen. Valeria, der die Spielsucht ihres Vaters schon immer missfiel, ist in den Plan nicht eingeweiht. Der ebenso spielbegeisterte Marco und Eugenio, ein einflussreicher und wohlhabender Freund aus vergangenen Zeiten, unterstützen Giulios Plan derweil mit Leibeskräften.

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Cesare Furesi scheint mit seinem Langfilmdebüt Nerven der aktuellen Kinozeit getroffen zu haben: Wie Marcelo Martinessi, der mit seinem auf der diesjährigen Berlinale uraufgeführten Debütfilm „Las herederas“ das Publikum begeisterte, erzählt Furesi von der finanziellen Zwangslage eines in die Jahre gekommenen homosexuellen Paares. Und wie Aaron Sorkins eben angelaufenes Regiedebüt „Molly’s Game – Alles auf eine Karte“ zelebriert „Für Dich soll’s ewig Rosen geben“ die Faszination des Pokerspiels, das die Handlung munter vorantreibt.

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Furesi kann sich dabei auf einige formidable Schauspieler stützen, die nicht nur in ihrem Heimatland Italien seit vielen Jahrzehnten bekannt und beliebt sind: Lando Buzzanca, der Darsteller des Claudio, war genau wie Philippe Leroy, der Eugenio spielt, in den 1960er und 70er Jahren ein gefragter Genrestar, der in vielen Komödien, Kriminalfilmen oder Western zu sehen war. Giulio-Darsteller Carlo Delle Piane war aufgrund seiner außergewöhnlichen Physiognomie schon in jungen Jahren auf komisch-skurrile Nebenrollen festgelegt. In seiner mittlerweile rund 70 Jahre umspannenden Filmkarriere hat er in mehr als einhundert Filmen mitgewirkt und wurde für seine einfühlsame Darstellung in „Für Dich soll’s ewig Rosen geben“ bereits zum dritten Mal für einen Globo d’oro nominiert. Auf wunderbar natürliche Weise führt Furesi vor allem seine beiden Hauptdarsteller durch den Film. Die Zuneigung und Hingabe zwischen ihnen wird so in vielen kleinen, genau beobachteten Gesten spürbar.




Für dich soll’s rote Rosen regnen
von Cesare Furesi
IT 2017, 103 Minuten, FSK: o.A.
italenische OF mit deutschen UT,

Pro-Fun Media

Ab 15. März hier im Kino.

 

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